«Es geht nicht an, dass etwa Mord nach 30 Jahren verjährt, ein womöglich gutgläubig (weil z. B. von der Gemeinde bewilligt) erstellter Anbau an eine Alphütte aber noch nach 30 Jahren abgerissen werden muss», findet der Kanton Wallis. Er hat daher eine Standesinitiative eingereicht, die auf einen Entscheid des Bundesgerichts von 2021 zurückgeht. Damals befanden die Richter – entgegen früheren Urteilssprüchen –, die Pflicht zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands solle ausserhalb der Bauzonen nicht verjähren.
Auf 30 Jahre beschränken
Im Wallis fürchtet man die entstandene Rechtsunsicherheit und gibt zu bedenken, dem «neidischen Denunziantentum» werde Vorschub geleistet. Maiensässe und Rustici stünden am stärksten im Fokus, mit solchen Gebäuden seien grosse Emotionen verbunden. Das Parlament müsse die Verjährungsfrist ausserhalb der Bauzone jetzt gesetzlich regeln und auf 30 Jahre beschränken, so die Forderung. Als Erstes wird der Nationalrat in der kommenden Wintersession darüber befinden, ob er diesen Auftrag annehmen will.
Auch Benedikt Würth (Mitte, SG) hat die Raumplanung im Blick, ihm geht es aber um den Wald. Er verlangt per Motion mehr Flexibilität beim Rodungsersatz, namentlich auch, um Kulturland zu schonen. Dafür sollen (nicht temporär) gerodete Waldflächen nicht nur quantitativ, sondern – mindestens zur Hälfte – auch qualitativ durch Aufwertungsmassnahmen in bestehenden Wäldern kompensiert werden können. «Das Potenzial für solche Aufwertungen im Wald ist gross, insbesondere im Hinblick auf die Anpassungen an den Klimawandel und die Stärkung der Biodiversität», gibt Würth zu denken. Diese Meinung scheint der Bundesrat zu teilen, denn er beantragt kommentarlos die Annahme der Motion.
Unzureichende Entschädigungen
Die Leere in der Bundeskasse wird das Parlament nicht nur in der anstehenden Budgetdebatte beschäftigen, sondern auch hinsichtlich verschiedener Vorstösse. So möchte etwa Heidi Z’Graggen (Mitte, UR) erwirken, dass der Steillagenbeitrag nach dem Anteil von steilen Parzellen an der gesamten Mähwiesenfläche eines Betriebs bemessen wird. Aktuell werde zur Berechnung die gesamte LN angewendet, was dazu führe, dass viele Landwirte keine oder nur unzureichende Zahlungen für den geleisteten Aufwand erhielten. «Hat ein Betrieb einen hohen Anteil an LN, erhält er weniger oder keine Steillagenbeiträge als ein Betrieb mit wenig LN», erklärt sie. Denn Steillagenbeiträge werden heute nur ausbezahlt, wenn mindestens 30 Prozent der LN eine Steigung von mehr als 35 Prozent aufweist.
Der Bundesrat lehnt die Motion von Heidi Z’Graggen «im aktuellen finanzpolitischen Umfeld» ab. Denn die Anpassung des Steillagenbeitrags würde geschätzte 5,3 Millionen Franken Mehrkosten im Agrarbudget verursachen. Die Ablehnung habe aber nicht nur finanzielle Gründe: «Der Bundesrat will ausserdem bis zur Umsetzung der AP 2030 die Anpassungen am Direktzahlungssystem auf das Notwendigste beschränken und damit stabile Rahmenbedingungen gewährleisten.»
Rasch gegen Blauzunge
Wo der Bundesrat hingegen zustimmt, ist bei der Kommissionsmotion zur «Bekämpfung der tödlichen Blauzungenkrankheit». Sie wurde im gleichen Wortlaut sowohl von der ständerätlichen als auch der nationalrätlichen Wissenschaftskommission eingereicht. Sie fordert möglichst rasch die nötigen rechtlichen Grundlagen und Massnahmen, «damit Schweizer Behörden in Notsituationen wie der vorliegenden Blauzungen-Epidemie den Import und die Anwendung von wirksamen, aber nicht formal zugelassenen Medikamenten und Impfstoffen genehmigen können».
Wie die Vorstösse zum Thema Blauzunge hat die Motion von Delphine Klopfenstein Broggini (Grüne, GE) einen sehr aktuellen Anlass: Die Nationalrätin fordert Sofortmassnahmen, um Schweizer Bienen vor der Asiatischen Hornisse zu schützen. Die «Velutina Map» verzeichnet derzeit über 3600 Sichtungen in der Schweiz und Imker berichten von z. T. grossen Verlusten bei ihren Bienenvölkern durch die invasive Art.
«Da seitens des Bundes keine klaren Vorgaben bestehen, reagieren die Kantone unkoordiniert und fördern so die Verbreitung der Asiatischen Hornisse», schreibt Klopfenstein Broggini. Der Bundesrat verweist auf einen Runden Tisch, bei dem Klarheit über Zuständigkeiten und Aufgaben der verschiedenen Stellen geschaffen worden sei. Um auf Bundesebene Massnahmen zu beschliessen, wäre demnach eine Gesetzesänderung nötig, die zwar in Arbeit, aber bekämpft sei. Das Parlament bzw. die Grosse Kammer als Erstrat wird sich im Dezember zum ersten Mal mit Klopfenstein Brogginis Motion befassen.
Verschiedene Themen wurden mit mehreren Vorstössen aufgenommen, z. B. der Wolf (Berner Konvention kündigen, wolfsfreie Zonen, weniger Bürokratie bei der Regulierung) oder der Einkaufstourismus (Abschaffung der Wertfreigrenze).
Infos zugänglich machen
Ausserdem taucht eine Motion von 2022 wieder auf, die eine wirksamere Preisbeobachtung in der Lebensmittelkette verlangt. Bei der Preisbildung, Margen und Kosten solle grössere Transparenz geschaffen werden. Während die Ständeratskommission einen Bericht des Bundesrats zur Wettbewerbssituation im Lebensmittelmarkt abwarten will, findet ihre nationalrätliche Schwesterkommission, es fehle der Zugang zu vielen Daten.
«Es geht nicht darum, zusätzliche Indikatoren zu definieren. Vielmehr sollen die vorhandenen Informationen besser zugänglich gemacht werden, womit auch der Wettbewerb gestärkt würde», so ihre Argumentation. Der Ball liegt nun in dieser Sache beim Plenum des Nationalrats.