Kennen Sie die Vulkan-Schnepfe? Sie bewohnt die mineralischen Hänge von steilen Vulkanen, ihr «Fleisch» schmeckt darum von Natur aus erdig und geräuchert. Was, Sie kennen sie nicht? Keine Angst, das Tier ist nämlich frei erfunden.
Fleischersatzprodukte sind eben nur Ersatz
Die Erfinderin der Vulkan-Schnepfe heisst Marije Vogelzang, sie ist eine «Food-Designerin» und beschäftigt sich unter anderem damit, wie man künstlich hergestellte Fleischersatzprodukte den Konsumenten schmackhaft machen könnte. Sie erfindet dazu neue Tiere. Ihre Begründung, bei Fleischersatzprodukten habe der Verspeisende stets im Hinterkopf, dass es sich eben um einen Ersatz, also nicht das Original, handle. Und darum wisse man auch unterbewusst, dass es nicht so gut ist wie eben das fleischige Original.
«Man» soll endlich den Fleischkonsum senken
Ich durfte Frau Vogelzangs Vortrag kürzlich an einer Innovationsveranstaltung für die Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft hören. Der Ton der Vorträge war mehr oder weniger ähnlich. «Wir müssen endlich unser Ernährungssystem nachhaltig machen», war unter anderem der Tenor. Dazu gehört auch, dass «wir» aufgrund des Klimas oder ethischen Gründen auf das Fleisch verzichten sollen.
Der Fleischgeniesser, das schwarze Schaf der urbanen Gesellschaft
Das ist eine Aussage, die durchs Band weg an vielen Veranstaltungen gepredigt wird, die sich hehre Themen wie Nachhaltigkeit, Ernährung, Klimawandel usw. auf die Fahne schreiben. Diese Veranstaltungen finden häufig im urbanen Milieu der Grossstädte statt und sind adressiert an eine (aus)gebildete, akademische Schicht von Weltbürger(innen), die sich gemäss Eigenaussage selbstverständlich überwiegend vegetarisch oder gar vegan ernähren. Outet man sich hier beim (selbstverständlich) veganen Apéro als Fleischesser oder gar -geniesser, kassiert man den einen oder anderen vorwurfsvollen Blick.
Lieber Fleisch auf dem Teller und Ferien in der Schweiz
Res ist ein Landwirt, der ganz und gar nicht hierher passen würde – für manche(n) Teilnehmer(in) wäre er gar ein rotes Tuch. Ich kenne Res aus meiner früheren Tätigkeit als Berater und habe mit ihm viele Pflanzenbauversuche durchgeführt. Res isst gerne Fleisch. Auf meine Frage, ob er mal nicht in einem Ablenkversuch mit Krautstiel in Zuckerrüben mitmachen möchte, reagierte er lachend: «Und wer söll de Seich (fr)ässe?» Die Stossrichtung bei Res ist klar, es wird hart gearbeitet, jemand, der das nicht kann, ist ein «Hopfen». Dafür kommt dann zum Zmittag ein Stück Fleisch auf den Teller. Die Ferien verbringt man in den Schweizer Bergen, Anreise via PW. In das Flugzeug steigt Res nicht.
Fleisch oder Flugzeug - wer ist schlimmer?
Im Gegensatz dazu die anfangs Artikel erwähnte Frau Vogelzang. Sie reiste für ihren in Zürich durchgeführten Vortrag extra mit dem Flugzeug aus Amsterdam an. Flugzeuge und Fleisch sind ja bekanntlich grosse «Klimakiller». Sie produzieren beide viel CO₂, welches dafür sorgt, dass es bei uns immer wärmer wird.
Dazu nun eine kleine Spielerei. Für die Flugstrecke Zürich-Amsterdam und zurück (1200 km) fallen – gemäss dem CO₂-Rechner von Myclimate, einer Stiftung, welche mit Kompensationszahlungen für den Ausstoss ebenjenen Gases ihr Geld verdient – pro Passagier genau 322 kg CO₂ an. Ist das viel? Vergleichen wir das mal mit einer harten Ostschweizer-Währung, der Olma-Bratwurst.
Einmal Amsterdam-retour oder 644 Olma-Bratwürste mit Bürli
Für die Produktion einer 160 g schweren Wurst fallen gemäss Internet 430 g CO₂ an. Mit Bürli (ohne Senf!) sind es total 500 g vom Klimagas. Konkret heisst das, für den Flug von Frau Vogelzang dürfte Res 644 Olma-Bratwürste mit Bürli verspeisen. Wäre das eine Wurst pro Tag, hätte Res einen Bratwurst- und Bürli-Vorrat für 1 Jahr, 9 Monate und 5 Tage.
Ein Bratwurst-Vorrat für 10'136 Jahre
Die Zahlen werden noch deutlicher, wenn man einen Interkontinentalflug als Beispiel nimmt. Für einen Zürich-Mexiko City und zurück (19'400 km) fallen gemäss CO₂-Rechner stolze 3,2 Tonnen Klimagas an. Im Bratwurst-Bürli Äquivalent sind das 6400 Portionen. Das wäre ein Tages-Vorrat für 17 Jahre, 6 Monate und 12 Tage. Und das Spiel geht noch weiter: Nimmt man als Beispiel die Privatjets, welche 2022 zahlreiche Teilnehmer ans WEF in Davos flogen, damit die sich mit dem Klimawandel beschäftigen können, muss man den stolzen Ausstoss von 7400 Tonnen CO₂ kompensieren. In Bratwurst-Bürli ausgedrückt sind das 3'700'000 Portionen oder ein Tages-Vorrat für 10'136 Jahre, 11 Monate und 25 Tage.
Möglicherweise würde Res ab so vielen Bratwürsten irgendwann zum Veganer werden, aber Sie sehen, wohin die Reise geht.
Wer Fleisch isst und wenig reist, lebt «klimaschonender» als ein veganer Vielflieger
Wahre Klimakiller sind nämlich nicht die rülpsende Kuh auf der grünen Wiese, oder der «Büetzer», der sich während seines 4000 Kalorien-verbrauchenden Tages eine Wurst gönnt.
Es sind die Striche am Himmel, die unser Klima auffressen. Ein Fleischesser wie Res kann somit mit ruhigem Gewissen hinstehen und sagen: «Ich geniesse meine Wurst, und die Ferien verbringe ich in den Bergen in der Schweiz.»