Im Kanton Zürich blieb es am Sonntag bis zum Schluss spannend. Um 22 Uhr war dann klar: Der Landwirt und SVP-Kantonsrat Martin Hübscher zieht neu in den Nationalrat ein und folgt seinem Partei- und Berufskollegen Martin Haab. Hübscher ist aus Sicht der Ostschweizer Landwirtschaft das einzige neue Gesicht im Nationalrat.

Langes Warten in Illnau

Dabei war lange nicht sicher, ob es für Martin Hübscher wirklich reichen würde. Umso grösser war die Überraschung, auch für Hübscher selber. «Ich ging davon aus, dass ich auf dem elften Platz lande und somit erster Ersatz werde», sagt Hübscher einen Tag nach seiner Wahl. Die Freude über den Erfolg ist ihm anzuhören. So langsam realisiere er, dass er es wirklich geschafft habe. «Der Sonntag war ein guter Tag für die Zürcher Landwirtschaft und die Schweizer Landwirtschaft im Gesamten», sagt Hübscher. Besonders freut ihn, dass mit Ruth Büchi eine Landwirtschaftsvertreterin im Zürcher Kantonsrat nachrückt. Wer Hübscher als Fraktionspräsident beerben wird, bestimmt die Fraktion am 20. November.

Meret Schneider abgewählt

Am Sonntagnachmittag hatte es zunächst so ausgesehen, als würde mit Konrad Langhart (Mitte) ein weiterer Zürcher Bauer in den Nationalrat gewählt. Mit dem Auszählen der Städte fiel der Biolandwirt aus Stammheim dann aber immer weiter zurück. «Natürlich bin ich enttäuscht, aber ich wusste, dass es schwierig würde», sagt Langhart. Er freue sich jedoch über das gute Ergebnis seiner Partei. Die Mitte legte im Kanton Zürich um zwei Sitze zu.

Der nationale Trend mit dem Zulegen der SVP auf Kosten der Grünen zeigte sich im Kanton Zürich exemplarisch. Die Grüne-Nationalrätin Meret Schneider wurde abgewählt. Darauf angesprochen sagte Martin Haab, Nationalrat und ZBV-Präsident, am Rande einer SVP-Wahlveranstaltung: «Ich hätte gerne weiter mit Meret Schneider zusammengearbeitet. Sie hat viel von der Landwirtschaft verstanden.» Mit Schneider habe man gewisse Sachen diskutieren können, um gemeinsame Lösungen zu finden.

VTL: Strategie aufgegangen

In den Kantonen Thurgau und St. Gallen haben die Bisherigen die Wiederwahl souverän geschafft. Entsprechend gut ist die Stimmung bei den Bauernverbänden. Maja Grunder, Präsidentin des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL), sagt:«Ich freue mich riesig, dass unser Vizepräsident Manuel Strupler mit einem so guten Resultat in den Nationalrat wiedergewählt wurde.» Die Wiederwahl der bisherigen Ständeräte Brigitte Häberli (Mitte) und Jakob Stark (SVP) seien ganz im Sinnes des VTL. Positiv stimmt Grunder, dass bei den Hauptlisten bäuerliche Kandidaten auf den ersten Ersatzplätzen liegen. Es sind dies bei der Mitte Josef Gemperle, gefolgt von Sandra Stadler. Bei der SVP belegt Eveline Bachmann den ersten Ersatzplatz.

SVP auf Kosten der GLP

St. Gallen ist einer jener Kantone, in denen das gute Abschneiden der SVP für die GLP spürbar wurde. Hier wurden alle bisherigen bäuerlichen Kandidaten wiedergewählt. Es sind dies die Nationalräte Markus Ritter(Mitte) und Mike Egger (SVP) und Ständerätin Esther Friedli (SVP). Der Unternehmer und Winzer Walter Gartmann (SVP, neu) holte auf Kosten der GLP einen weiteren Sitz für das bürgerliche Lager. Peter Nüesch, Präsident des St. Galler Bauernverbands, freut das gute Abschneiden: «Unsere bäuerlichen Kandidaten haben einen wichtigen Beitrag geleistet, damit die bürgerliche, landwirtschaftsfreundliche Seite im Kanton St. Gallen bei diesen Wahlen gestärkt wurde.»

Auf einer aussichtsreichen Position ist Landwirt Marco Gadient (SVP) aus Flums. Er schaffte es auf den ersten Ersatzplatz. Christof Züger, CEO Züger Frischkäse AG, landete bei der FDP ebenfalls auf dem ersten Ersatzplatz. Auch die Mitte-Bäuerinnen Barbara Dürr und Franziska Steiner-Kaufmann haben mit dem zweiten und dritten Ersatzplatz gute Resultate erzielt. Nüesch, der für die FDP kandidierte, ist mit seinem eigenen Resultat trotz Nichtwahl zufrieden. «Wir hatten ein starkes Kandidatenfeld. Mein Ziel, in der vorderen Hälfte zu landen, habe ich mit dem dritten Ersatzplatz erreicht», sagt er.

«Ich hatte bis zuletzt nicht mit meiner Wahl in den Nationalrat gerechnet.»

Martin Hübscher, Landwirt und Zürcher SVP-Nationalrat.

Graubünden geht leer aus

In den Kantonen Schaffhausen und Graubünden verpassten die bäuerlichen Kandidierenden die Wahl. In Graubünden war ein breites Kandidatenfeld von zwölf Bauern und Bäuerinnen angetreten. Auf die Frage, ob nicht mehr drin gelegen wäre, antwortet der Bündner Bauernpräsident Thomas Roffler: «Der Ansturm auf den einzigen frei werdenden Sitz war gross. Wir wussten, dass es schwierig wird, diesen Sitz für die Landwirtschaft zu holen.» Zufrieden ist er dennoch. Gegenüber 2019 habe eine Korrektur stattgefunden. Für die Landwirtschaft habe man in Bern jetzt bessere Verhältnisse.

In den Kantonen Glarus und den beiden Appenzell waren keine bäuerlichen Kandidat(innen) angetreten. Der Innerrhoder Ständerat Daniel Fässler, Präsident von Wald Schweiz, wurde bereits im Frühjahr an der Landsgemeinde wiedergewählt.