Die IG Agrarstandort Schweiz (Igas) positioniert sich typischerweise EU-freundlich. Was die Bilateralen III betrifft, plädiert sie für einen «sachlichen und wertschätzenden Dialog», wie es in einer Mitteilung heisst. Man lasse seinen Mitgliedern offen, sich zu einer Parole zu entscheiden.
Die Igas erachte aber ein gut geregeltes Verhältnis zu den Nachbarländern als Voraussetzung für eine eigenständige, nachhaltige Schweizer Agrarpolitik. Und wie aus der Präsentation vom jährlichen Herbstanlass der Igas hervorgeht, bedeutet «Nichts tun» – als Alternative zu den Bilateralen III – keine Erhaltung des Status Quo.
«Das ist das Minimum»
Laut Patric Franzen verlieren die bestehenden Abkommen an Bedeutung. Der Chefunterhändler des Aussendepartements des Bundes referierte am Herbstanlass und betonte, die heutigen bilateralen Verträge müssten aktualisiert werden. Es drohten u.a. fehlende Planungs- und Rechtssicherheit, Probleme für die Exportwirtschaft sowie weniger Versorgungssicherheit und Konsumentenschutz. «Die Bilateralen III sind das Minimum, damit die 25-jährigen Bilateralen I weiterhin gut funktionieren können», so Franzen.
«Der Bundesrat hat analysiert, dass der Plan ‹so weiter wie bisher› nicht existiert», bekräftigt Igas-Geschäftsführer Christof Dietler auf Anfrage der BauernZeitung. Das sei richtig, auch weil die EU das schlicht nicht mehr wolle und weil die Schweiz selbst eine institutionelle Absicherung gewünscht habe. «Eine Neuauflage des EWR ist politisch zudem genauso unbeliebt wie ein EU-Beitritt», ergänzt er. Trotzdem sei, wer konservativ, vorsichtig denke und Stabilität suche, mit den Bilateralen III besser bedient als mit allen Alternativen.
Mit den Bilateralen I und II sei ein massgeschneidertes und vom Volk bestätigtes Paket in Kraft, das sich nach Meinung von Christof Dietler seit rund 25 Jahren bewährt. Er zählt folgende Vorteile auf:
Selbstbestimmter Grenzschutz
Agrarpolitik wird nicht tangiert
«Direktzahlungen, Silo- und Verkäsungszulage sowie Einzelkulturbeiträge – alles bleibt in unseren Händen.» Nicht zu vergessen sei der Wegfall technischer Handelshemmnisse für die Beschaffung von Saat- und Pflanzgut ebenso wie für den Export von Käse, Schokolade oder Biscuits. «Wir haben mit den Bilateralen weit mehr als mit einem normalen Freihandelsabkommen», so Dietler. Würde statt der Bilateralen III ein Freihandelsabkommen mit der EU ausgehandelt, käme ihm zufolge sicher der Grenzschutz für Agrargüter unter Druck. Aus Sicht der Landwirtschaft seien die Bilateralen eindeutig attraktiver als weitere Freihandelsabkommen.
Brüsseler zählen die Fliegen
Es gab aber auch Medienberichte, wonach durch das neue Vertragspaket – namentlich das geplante Lebensmittelabkommen mit der EU – «fremde Kontrolleure im Anmarsch» seien. «Das Bild ist da», schrieb Swissinfo.ch nach einem Artikel im «Nebelspalter», «von Brüsseler Bürokrat(innen), die in Schweizer Kuhställen und Käsekellern die Fliegen zählen kommen.» Wie eine gute Karikatur sei diese Vorstellung zu eingängig, um wieder zu verschwinden.
«Mit dem bestehenden Lebensmittelsicherheitsabkommen hat nie ein Brüsseler Kommissar an eine Stalltüre geklopft», sagt Christof Dietler. Die Igas habe wissen wollen, was Sache ist und sich u.a. beim zuständigen Bundesamt kundig gemacht. Fazit: Die EU-Kommission könne keine direkten Kontrollen auf Schweizer Höfen oder in Verarbeitungsbetrieben durchführen, die zu Bussen oder Sanktionen gegen hiesige Betriebe führen könnten. Das bliebe also, wie es ist.
«Niemals» durch EU-Kommission
«Alles andere ist billige Angstmacherei», findet der Igas-Geschäftsführer. Die Bilateralen III seien im Agrar- und Lebensmittelsicherheit gut verhandelt worden, was auch die Kontrollen umfasse. Wie in Handelsbeziehungen üblich, würden Kontrollen begleitet und ihre Konformität überprüft. Es geht dabei laut Faktenblatt der Igas etwa darum, ob die vereinbarten Kontrollmechanismen ordnungsgemäss angewandt werden. Die EU halte fest, dass mögliche Massnahmen – Beanstandungen, Empfehlungen, Bussen oder sogar Strafanzeigen – bei Nicht-Einhalten der gesetzlichen Anforderungen durch nationale Kontrollbehörde verfügt werden, «niemals direkt durch die EU-Kommission». Das gelte auch für die Schweiz.
«Statt die Ängste vor der EU zu schüren, sollten wir uns darauf konzentrieren, zusammen mit Bundesrat Parmelin die Kontrollen auf Schweizer Höfen besser zu koordinieren», findet Christof Dietler. Da sei man mit der Schweizer Bürokratie konfrontiert. «Das ist unangenehm und anstrengender als das faktenfreie EU-Bashing.»