Die landwirtschaftlichen Einkommen sind schweizweit im vergangenen Jahr gesunken, das zeigt die neueste Erhebung von Agroscope, welche diese Woche vorgestellt wurde. Die landwirtschaftlichen Einkommen (LE) im Kanton Uri sind hingegen im vergangenen Jahr gestiegen, das zeigt der Lagebericht von der Agro-Treuhand Uri, Nid- und Obwalden GmbH, der vergangene Woche den bäuerlichen Organisationen und Urner Landräten auf dem Bielenhof vorgestellt wurde.

Bessere Viehpreise

Der Anstieg macht immerhin 8,3 Prozent oder 3410 Franken aus, das LE erreichte 44 400 Franken. Als Gründe werden die höheren Preise für Milch, Zucht- und Nutzvieh sowie Schlachtvieh genannt. Gestiegen seien aber auch die Direktkosten, während die Direktzahlungen nur leicht höher lagen. Die vermehrte Unterstützung der Extensivierung wirke sich auf die kleinflächigen Urner Betriebe weniger aus, heisst es im Lagebericht.

Wenig Fläche und Tiere

Die LE würden über die letzten fünf Jahre auf tiefem Niveau stagnieren, mit einer leichten Erholung 2021 und 2022. Im Schweizer Schnitt lagen die LE 2022 bei 79 700 Franken. Aussagekräftiger ist der Verdienst pro Arbeitskraft, dieser lag im Kanton Uri bei 26 120 Franken, schweizweit waren es mehr als doppelt so viel mit 56 100 Franken.

Die Strukturen im Kanton Uri sind anders, auch im Vergleich zu übrigen Schweizer Bergregionen. Bewirtschaftet werden im Urnerland im Schnitt 16,3 ha LN und gehalten werden 18,3 GVE. Im übrigen Berggebiet sind es 25,9 ha LN und 28,2 GVE. Im Kanton Uri gab es 2022 noch 527 Betriebe, 10 weniger als im Vorjahr. Von der Landwirtschaft allein können nur wenige Urner Betriebe leben. Das Nebeneinkommen hat deshalb einen hohen Stellenwert, finanziell macht es im Schnitt 23 500 Franken aus, leicht weniger als im Vorjahr. So resultiert ein Gesamteinkommen von 67 900 Franken für die im Schnitt 1,7 Arbeitskräfte auf einem Urner Betrieb. Der Privatverbrauch wird mit 53 700 Franken angegeben, sodass eine «angemessene» Eigenkapitalbildung von 14 200 Franken erreicht werden konnte, schreibt Agro-Treuhand. Sehr hoch sei wiederum die Spannbreite von wirtschaftlich schlechteren zu den besten Betrieben. Je nach Betriebsgrösse verdienten die Bauern im besten Quartil mehr als doppelt so viel.

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Nachgefragt bei Mathias Zgraggen, Geschäftsleiter der Agro­treuhand Uri, Nid- und Obwalden GmbH:

«Jeder Bauer sollte sich überlegen: Wo bin ich gut, was bringt mir Geld?»

Die Einkommen sind seit Jahren recht konstant, mit wenig Schwankungen. Haben die Marktpreise weniger Bedeutung aufgrund des hohen Anteils an Direkt­zahlungen?

Mathias Zgraggen: Das ist sicher so. Je mehr Anteil Berg­gebiet, desto mehr steigt der Anteil Direktzahlungen. Dazu kommt der hohe Anteil an Sömmerungsbeiträgen. Die Einkommen der Urner Bauern sind sicher weniger von der Produktion abhängig. In den Bergzonen II bis IV ist der Anteil Beiträge höher als die Erlöse aus der Tierhaltung. Deshalb sind auch die Schwankungen kleiner.

Auch die Strukturen ändern wenig, offenbar werden ­weniger Flächen frei als im Talgebiet?

Wir haben zwar einen Strukturwandel, aber eher langsam und auf einem andern Niveau, zumal unsere Betriebe sehr kleinflächig sind.  Eine schnelle Vergrös­serung wäre mit viel zu gros­sen Investitionen verbunden. Es gibt auch wenig freie Flächen. Und wenn die nicht in der Nähe sind, schlecht erschlossen und topografisch ungünstig gelegen, so sind die auch nicht attraktiv. Dazu kommt, dass unsere Landwirte Wert legen auf sehr saubere und exakte Bewirtschaftung und nicht überall Maschinen einsetzbar sind. Die Möglichkeiten, mehr Flächen zu bewirtschaften, sind deshalb beschränkt. Im Talboden gibt es sehr wohl einen Landhunger, aber gerade dort ist der Kampf um Flächen ja ausgeprägt, nicht nur seitens Landwirtschaft.

In der Milchwirtschaft bewegt sich trotz kleinen Strukturen auch wenig, während andernorts nicht wenige Betriebe aussteigen …

Ich werte diese Konstanz positiv. Dazu trägt sicher die wertschöpfungsstarke Alpwirtschaft mit der Herstellung von Alpkäse bei. Der grösste Teil der Milchkühe wird bei uns gealpt. Und wie erwähnt ist die Produktion weniger bedeutend als die Beiträge und das Nebenein­kommen. Die Urner Bauern sind auch sehr schollenverbunden und leidenschaftliche Vieh­­­züch­ter, die Freude an schönen Milchkühen haben. Da steigt man nicht so leicht in eine andere Haltung ein, auch wenn dies wirtschaftlich ­vielleicht sogar interessant wäre.

Nebenerwerb ist für die Urner Bauern sehr bedeutsam. Beim aktuellen Fachkräftemangel ist es sicher leicht, Stellen zu finden?

Die Nachfrage ist sicher besser als auch schon. Selbst junge Leute, die den Sommer über z Alp gehen, finden im Herbst problemlos Stellen. In Uri gibt es lediglich 30 Vollzeitbeschäftigte in der Landwirtschaft, wir haben schweizweit den tiefsten Anteil. Der Nebenerwerb war schon immer sehr wichtig, dank Tourismus und Militär gab es schon früher viele Stellen. Und gute Handwerker sind auch heute gefragt. Da kommt es entgegen, dass die meisten Urner Landwirte Zweitausgebildete sind und im Erstberuf tätig sein können.

Die Teuerung und steigende Kosten machen wohl gleichwohl zu schaffen. Welche Möglichkeiten, dem zu ­begegnen, empfiehlt der Treuhänder?

Das ist schwierig. Beeinflussbar sind die Kosten wegen Investi­tionen. Investitionen sind zwar nötig, aber es ist entscheidend, wie man investiert, damit das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt. Weitere Möglichkeiten sind Erlössteigerungen durch Betriebsvergrösserungen, das kann ja auch durch mehr Wertschöpfung sein statt flächen­mäs­sig. Weitere Kosten zu minimieren, ist eher schwierig, da sind viele schon auf einem tiefen Niveau. So bleibt noch der Privatverbrauch. Also Gürtel enger schnallen.

Bräuchte es in Anbetracht der Entwicklungen bei der Agrarpolitik teilweise eine Neuausrichtung der Betriebsstrukturen?

Grundsätzlich wäre auf Betriebs­­zweige zu setzen, welche viel Geld generieren. Da sind wir wieder bei den Direktzahlungen. Beispielsweise mehr Flächen nutzen, aber diese extensiv bewirtschaften. Oder Alpkäse möglichst selber vermarkten und überhaupt auf mehr Direktvermarktung setzen. Ansonsten sind die Möglichkeiten beschränkt. Nischenprodukte sind schon recht gut abgedeckt. Nur auf wenigen Betrieben sind Spezialkulturen, Obst, Gemüse oder Ackerbau möglich. In Uri wird auch künftig die Graswirtschaft mit Viehhaltung dominieren. Jeder Landwirt sollte sich überlegen: Worin bin ich gut, was bringt mir Geld?

Sollte mehr auf Bio gesetzt werden – der Anteil ist ja in Uri nicht so hoch?

Das kann für einige eine ­Chance sein. Aber die Strukturen – kleinflächig, Viehhaltung, Futterzukäufe, fehlender Absatz – hemmen teils auch den Umstieg. Es ist eben auch abzuwägen, ob die Auflagen von Bio Suisse überhaupt erfüllbar sind. Viele Betriebe sind aber nahe bei Bio, gerade in der Alpwirtschaft. Betriebsleiter scheuen vielleicht den Schritt, weil die Einschränkungen doch hoch sind. Beim ÖLN ist noch ein vernünftiger Ertrag möglich, gleichwohl werden die Flächen ökologisch bewirtschaftet. Eine reine Biolandwirtschaft könnte die Ernährung nicht sichern. Es wird deshalb auch künftig bei uns keinen Bioboom geben.

Agrotreuhand macht ja auch Buchhaltungen in den Kantonen Obwalden und Nidwalden. Wie sieht die Einkommens­situation dort aus?

Für diese Kantone gibt es keine Auswertung und somit auch keine konkreten Zahlen. Wir machen den Lagebericht für Uri, weil dies der Kanton finanziell unterstützt. Die Betriebe in den anderen beiden Kantonen sind aber flächen­mässig ähnlich gross. In Obwalden sind es gemäss den neuesten Zahlen im Durchschnitt wie bei uns 13 ha, in Nidwalden 15 ha. Auch die Betriebszweige sind ähnlich. Aber in Nidwalden und Obwalden ist der Anteil Tal- und Hügelgebiet grösser. Die haben viel weniger «extremes» Berggebiet. Und damit sind auch die durchschnittlichen Einkommen der Betriebe dort wohl etwas höher.