Für die überparteiliche Nein-Allianz wie auch für den Schweizer Bauernverband (SBV) und den Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) ist klar: die Umweltverantwortungs-Initiative (UVI) gehört abgelehnt. Die Gegnerschaft hat das Anliegen der Jungen Grünen auf «Verarmungs-Initiative» umgetauft und warnt, Milch, Brot sowie Bratwurst würden «viel teurer» und Benzin «unbezahlbar», während Wohn- und Heizkosten «ins Unermessliche stiegen.»

Natur bildet den Rahmen

Wörtlich verlangt die UVI, dass die Natur und ihre Erneuerungsfähigkeit den Rahmen für die schweizerische Gesamtwirtschaft bilden. «Wirtschaftliche Tätigkeiten dürfen nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben.» Bund und Kantone sollen die Einhaltung dieses Grundsatzes sicherstellen und bei ihren Massnahmen insbesondere die Sozialverträglichkeit im In- und Ausland berücksichtigen. 10 Jahre nach einer Annahme der UVI müsste die durch den Konsum in der Schweiz verursachte Umweltbelastung innerhalb der planetaren Grenzen liegen. Von bäuerlicher Seite unterstützen die Kleinbauern-Vereinigung und Uniterre das Anliegen.

Die Jungen Grünen nennen namentlich die Bereiche Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag, in denen die natürlichen Belastbarkeitsgrenzen einzuhalten seien. Laut einem Faktenblatt des Bundesamts für Umwelt (Bafu) überschreitet die Schweiz diese Grenzen derzeit v.a. bei Klima, Biodiversität und Stickstoff. Das heisst, Schweizer(innen) belasten die Umwelt in dieser Hinsicht so stark, dass sie sich nicht mehr erholen würde, wenn alle Menschen es ihnen gleichtun würden.

Die 10-Jahres-Frist wird von der Gegnerschaft als «utopisch» kritisiert. Sie lasse sich nur mit harten Massnahmen wie Konsum- und Flugverboten oder mehr Bauvorschriften einhalten. Die Folgen seien «ein staatliches Menü-Diktat, nie wieder Ferien mit dem Flugzeug und eine zusätzliche Verschärfung der Wohnungsnot». Die Jungen Grünen hingegen argumentieren, mit dieser Frist gehe die Schweiz voran und könne für andere Industrienationen zum Vorbild werden.

Es scheint unbestritten, dass für die Zielerreichung der UVI viel getan werden müsste. Die Initianten sprechen von einem grundlegenden Wandel der Wirtschaft, der ihrer Meinung nach aber durchaus vorteilhaft wäre. Der Umbau wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bereiche sei möglich, benötige aber ein «mutiges öffentliches Investitionsprogramm», eine Ausbildungsoffensive und die Förderung nachhaltiger Arbeitsplätze. Da rund zwei Drittel der konsumbedingten Umweltbelastung der Schweiz auf Importe zurückgeht, müsse auch die Aussenwirtschaft klaren sozialen und ökologischen Kriterien folgen. «Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es so richtig teuer», warnen die Jungen Grünen hinsichtlich der Kosten, die durch Umweltzerstörung und Klimawandel anfielen.

Um 90 Prozent reduzieren

Das Bafu fasst den nötigen Umbau in Zahlen: Gemäss bisherigen Studien müsste zur Einhaltung der planetaren Grenzen demnach der Treibhausgas-Fussabdruck pro Person in der Schweiz um über 90 Prozent sinken, derjenige zur Biodiversität um rund drei Viertel und beim Stickstoff rund die Hälfte.

In seiner Botschaft verweist der Bundesrat auf bereits bestehende Verfassungsartikel und Gesetze sowie laufende Bemühungen zur Nachhaltigkeit. Die UVI gehe zu weit und es soll auch keinen Gegenvorschlag zu geben. Bundesrat und Parlament empfehlen die UVI zur Ablehnung, denn ihr Ansatz gehe zu weit, er bringe Vorschriften und Verbote.

USA unwesentlich höher

Während sich Verbände und Polit-Akteure zur UVI äussern, hat die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) eine «Einordnung aus wissenschaftlicher Sicht» vorgenommen. Konsumbasiert habe die Schweiz einen im internationalen Vergleich sehr hohen CO2-Ausstoss und habe diesen in den letzten Jahren kaum reduzieren können. «Selbst die USA, die für einen hohen Pro-Kopf-Verbrauch steht, weist mittlerweile nur noch unwesentlich höhere Werte auf als die Schweiz», so die HAFL.

Zwar lehnten Bundesrat und Parlament die UVI wegen zu grosser Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit und möglicher Nachteile für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand ab, bemerken die Autoren. Wolle man aber die Umweltziele «auch nur annähernd erreichen», müsse man sich damit abfinden, dass es einen nachhaltigen Umbau der Wirtschaft brauche. «Alles andere ist Greenwashing und wird nicht nur die Umwelt, sondern auch Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in der Schweiz gefährden.»

Am 9. Februar wird über die UVI abgestimmt. Umfragen zufolge sieht es aktuell nach einer klaren Ablehnung aus.