Volle Kraft voraus! Anders als mit so einer Aussage kann man auf einen Artikel, der jüngst in der «Handelszeitung» erschienen ist, nicht reagieren. Bereits der Untertitel verrät, mit welch undifferenzierter Art vereinzelte Journalisten weisser Medien versucht sind, «die Schweiz zu retten»: «Es gibt kaum noch Topunternehmer im Bundesparlament. Simon Michel will das ändern – und tritt unvorhergesehen gegen die mächtige Bauernlobby an», steht dort.

Simon Michel ist Chef der Ypsomed, einer Holding AG mit Sitz im bernischen Burgdorf. Das international tätige Schweizer Medizintechnikunternehmen beschäftigt rund 2000 Mitarbeiter(innen). 51,3 Mio Franken Reingewinn konnte die Firma im vergangenen Geschäftsjahr ausweisen.

«Soll ein gestandener Unternehmer oder ein Verbandsfunktionär nach Bern?», fragt indes die «Handelszeitung» populistisch. Oder anders gefragt: Soll einer nach Bern, der Steuern abliefert, oder einer, der «Subventionen» abzuholen hilft?

Mit dem Verbandsfunktionär ist Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV), angesprochen. Rufer gehört wie Parteikollege Simon Michel der FDP im Wahlkreis Solothurn an. Beide wollen in den Nationalrat. Doch schaffen dürfte es nur einer, denn der Kanton Solothurn hat lediglich sechs Sitze zu vergeben. Wer anlässlich der Parlamentswahlen am 22. Oktober das Rennen für sich entscheidet, ersetzt den abtretenden FDP-Politiker Kurt Fluri.

Die «Handelszeitung» ist sich sicher

Im Artikel der «Handelszeitung» werden in der Folge unvoreingenommen alle Vorzüge des Unternehmers Simon Michel breit abgebildet. Neben seiner Seriosität wird auch sein Herz für Behinderte erwähnt. Während Martin Rufer als Subventionsbezüger abgetan wird, ist man bei der «Handelszeitung» sicher, Michels Klasse sei im Parlament Mangelware.

Die einseitige Berichterstattung zugunsten des Unternehmers aus Burgdorf vermag man mit leerem Schlucken einzuordnen. Dies ganz einfach mit der Erklärung, dass auch die «Handelszeitung» für ihr Klientel schreibt. Dass aber im Artikel einmal mehr die Landwirtschaft despektierlich als Kostenfaktor dargestellt wird, ist unhaltbar. Was auf den ersten Blick wie ein Erklärungsnotstand der einen wirkt, ist nichts anderes als Scheuklappenpolitik der anderen. Und ewig bleibt die Fragestellung: Wie oft muss die Landwirtschaft sich noch für die Abgeltung dieser bestellten Leistungen rechtfertigen?

Plötzlich fehlt es an Topunternehmern

Zu viel Bauernlobby und zu wenig Unternehmer? Das behauptet die gleiche Zeitung, die noch vor vier Monaten schrieb, im Bundeshaus stecke mehr Wirtschaft, als man denke. Denn 44 Parlamentarier, darunter 9 Frauen, führten eine Firma, war man im Mai noch sicher. Jetzt fehlt es plötzlich an Topunternehmern.

An diesen fehlt es zumindest der FDP sicherlich nicht, aber vielleicht sehr bald einmal am Bezug zur Landwirtschaft. Denn die Gefahr ist gross, dass in der kommenden Legislatur niemand mehr mit einem engen Bezug zur Landwirtschaft in der Fraktion sitzt. Mit dem Ausscheiden von Jacques Bourgeois (FDP, FR), welcher beim SBV Vorgänger von Rufer war, geht der FDP ein wichtiger Bezug verloren. Damit steigt auch die Gefahr, dass die FDP die Anliegen der Landwirtschaft nicht mehr berücksichtigt. Das wäre fatal, denn Mehrheiten im Parlament für die Anliegen der Landwirtschaft zu finden, würde dadurch in weite Ferne rücken. So ist zentral, dass es auch in der FDP-Fraktion eine klare Stimme gibt, die sich für die ländlichen Räume und die Landwirtschaft engagiert. Die Haltung, keine grünen Politiker oder niemanden von der FDP zu wählen, weil sie gegen die Landwirtschaft agierten, ist gefährlich. Die Landwirtschaft darf am 22. Oktober nicht Listen einwerfen, sie muss Bauern und Bäuerinnen und Agronominnen und Agronomen wählen – und das ganz unabhängig von deren Parteizugehörigkeit.

Darum müssen alle an die Urne

Der Kanton Solothurn erlebt in diesem Wahlkampf einen der wohl heissesten Kämpfe, wenn es um die Vertretung der Landwirtschaft im Bundeshaus geht. Aber Solothurn ist damit nicht alleine. Im benachbarten Agrarkanton muss die grüne Nationalrätin Christine Badertscher ihren Nationalratssitz verteidigen. Die Bauernfamilien müssen in möglichst vielen Parteien starke Vertreter(innen) haben. Und deshalb müssen am 22. Oktober alle an die Urne. Und den Solothurnern sei geraten: Wählt Martin Rufer!