Wenn der Begriff Tellerwäscherkarriere auf jemanden zutrifft, dann sicher auf Andreas Kümin, der an der 3. Agroplattform Schwyz über seinen Werdegang referierte. «In den Anfängen rochen unsere ausgelieferten Paletten nach Schweinen, da sich unser Lager im alten Stall befand», erklärte der heutige Inhaber von «Mc Paper Land» und der Kümin Group AG vor einer schönen Anzahl an Bäuerinnen und Bauern im Marktstübli Rothenthurm.
Firma für 1 Franken gekauft
Andreas Kümin wuchs auf einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb in Wollerau auf. Infolge einer Tierhaarallergie konnte er aber nicht «bauern» und machte darum eine Schreinerlehre. Im Anschluss erfüllte er sich seinen Jugendtraum und wurde LKW-Fahrer. Über Umwege kam er in den Aussendienst bei einer deutschen Büromaterial-Handelsfirma, welche ihr sich erst im Aufbau befindendes Papeterie-Filialnetz in der Schweiz schon wieder schliessen wollte. «Ich hatte zwar keine Ahnung von Betriebswirtschaft oder Businessplänen, dennoch konnte ich aber als 23-Jähriger 1995 über Nacht drei Schweizer Filialen der Firma für einen Franken übernehmen», so Andreas Kümin. Er habe aber schnell feststellen müssen, dass 1 Franken angesichts der übernommenen schlechten Verträge und bestehenden Problemen sehr teuer sein konnte. [IMG 2]
Firmensitz bleibt auf Bauernhof
Mit viel Herzblut brachte er die daraus entstandene «Mc Paper Land» mit der Unterstützung von initiativen Mitarbeitern auf Kurs. «Anfangs wurde ich in der Papeteriebranche belächelt und als ‹der Schwyzer Bauer› bezeichnet, eine Betitelung, auf die ich zu Recht stolz war», erinnert sich Andreas Kümin. Während 15 Jahren befand sich das Lager von «Mc Paper Land» im alten Stall, das dortige Bauernhaus diente als Bürogebäude. Heute noch befindet sich der Geschäftssitz der Kümin Group AG auf dem Bauernhof in Wollerau. Das Unternehmen ist stark gewachsen, aktuell beschäftigt die Unternehmensgruppe total 320 Mitarbeiter und macht jährlich rund 54 Millionen Franken Umsatz. «Man muss den Mut haben, etwas auszuprobieren, auch wenn man nicht immer erfolgreich ist. Auch unser Unternehmen ging mehrmals fast Konkurs», erklärte der 53-Jährige offen in seiner hemdsärmligen Art und Weise.
Andreas Kümin setzt auf Qualitätsstrategie
Der Papeterie- und Bürofachmarkt, wo die «Mc Paper Land» vorwiegend tätig ist, sei ein sehr schnelllebiger Markt. Wie in der Landwirtschaft sei es entscheidend, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. In der Schweiz müsse auf Qualität gesetzt werden.«Es gibt heute Online-Anbieter aus dem asiatischen Raum, die Bleistifte für neun Rappen anbieten, während hierzulande ein guter Bleistift ungefähr Fr. 1.50 kostet», so Andreas Kümin. Mit solchen Billigprodukten könne und wolle er auch nicht konkurrenzieren. «Unterpreisig zu verkaufen bringt nichts und ist auch nicht nachhaltig.»
Andere Zeiten - andere Wertvorstellungen
Neben Billigkonkurrenz sei momentan vor allem die Mitarbeiterrekrutierung herausfordernd. Spätestens im dritten Satz in Bewerbungsgesprächen falle heute der Begriff Work-Life-Balance. Grosse Teile der Bevölkerung hätten heute andere Wertvollstellungen und keine Ahnung, was es heisse, sich wie Landwirtinnen und Landwirte 52 Wochen im Jahr während sieben Tagen 24 Stunden für den Betrieb einzusetzen.
Freunde unterstützten schwierigen Phasen
Wie Bäuerinnen und Bauern müssten aber auch Unternehmer für ihren Erfolg teils einen hohen Preis bezahlen. Auch er selber sei in den vergangenen drei Jahrzehnten an seine Grenzen gekommen und litt mehrfach an den Folgen von körperlicher und geistiger Erschöpfung. «Dank der Unterstützung von Freunden kam ich aber immer wieder aus diesen Tiefs heraus. Am Schluss gab es ja auch keine andere Möglichkeit, wenn man sich bewusst ist, welche Verantwortung man als Unternehmer mit so vielen Mitarbeitenden hat.»
Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, seine eigenen Erfolge anzuerkennen und daran auch Freude zu haben. Freude bereitet dem Unternehmer Kümin auch seine Heimat. «Ihr Bauern seid dafür verantwortlich, dass wir Schweizer im landschaftlich schönsten Land der Welt leben können. Und dafür darf die Bevölkerung Anerkennung und Dankbarkeit zeigen», so Kümin. Und ergänzte: «Spätestens wenn man einmal eine chinesische Fabrikanlage besucht hat, erkennt man, wie nachhaltig unsere Schweiz und ihre Landwirtschaft ist.»
Landwirtschaftliche Praxis ist nachhaltig
Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, welche Wege führen zu einer zukunftsfähigen Agrarwirtschaft – das war das Thema der 3. Agroplattform Schwyz. Neben Andreas Kümin referierten zu dieser Thematik noch weitere Fachpersonen.
Denken in Generationen
Einer davon war der Schwyzer Bauernsekretär Franz Philipp: «Für mich bedeutet Nachhaltigkeit schlicht eine gute landwirtschaftliche Praxis.» Es sei das Grundinteresse jeder Bauernfamilie, ihren Hof nachhaltig zu bewirtschaften, denn das Ziel sei ja, das Unternehmen nach der Übernahme weiterzuentwickeln und dann wieder an die nächste Generation weiterzugeben. Zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gehörten auch gesunde Böden. Bauern würden sich in ihrer Ausbildung schon seit Jahrzehnten mit der Bodenfruchtbarkeit befassen. «Heute gibt es aber Gruppierungen, die das Gefühl haben, der Landwirtschaft hätte sich noch nie mit Bodenlebewesen auseinandergesetzt», so Franz Philipp und ergänzte, «nur, weil jemand etwas Frisches weiss, heisst das noch lange nicht, dass es etwas Neues ist.»
Nachhaltiger Konsum
Zur Nachhaltigkeit gehörten langfristig zwar auch zwingend positive wirtschaftliche Ergebnisse. «Investitionen sind auf den ersten Blick zwar nicht immer wirtschaftlich. Wenn diese aber dazu führen, dass der Bauer langfristig gesund bleibt, ist das dennoch positiv», betonte Franz Philipp in der Markthalle Rothenthurm. Denn wenn beim Körper zu lange Raubbau betrieben werde, könne das schwerwiegende Folgen haben. Gesundheit auf den Bauernhöfen gehöre auch zum Sozialen und damit zur Nachhaltigkeit.
Einen anderen Aspekt brachte Mario Bürgler in die Diskussion ein: «Eine nachhaltige Landwirtschaft bedingt einen nachhaltigen Konsum», so der Vorsteher des Amtes für Landwirtschaft im Kanton Schwyz. Der Kanton unterstütze Projekte zur Erschliessung neuer Zielgruppen. Er ermutigte die anwesenden Bäuerinnen und Bauern, sich aktiv an der Gestaltung einer zukunftsfähigen Agrarwirtschaft zu beteiligen.
Agri-Photovoltaik
Über das zukünftige Potenzial, aber auch über die Nachteile von Agri-Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen informierte Mareike Jäger von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). reb