«Die Erfahrungen nach einem Jahr sind sehr positiv», sagt Kaspar Sigrist von der Mühlematt in Ufhusen. Er konnte im März 2023 den «Schweinestall der Zukunft» in Betrieb nehmen, wie es im Beschrieb heisst. Im Rahmen des Ressourcenprojekts Ammoniak und Geruch wurden hier emissionsmindernde und gleichwohl das Tierwohl fördernde Massnahmen umgesetzt.
Tierbestand nicht erhöht
Das Betriebsleiterpaar Kaspar und Esther Sigrist hat den bestehenden Schweinestall mit einem Anbau des Abferkelstalls erweitert und mit einem Erweiterungsbau des Jagerstalls ergänzt. An einem zweiten Betriebsstandort wurde die Schweinehaltung aufgegeben, sodass der Umbau nicht zu einer Aufstockung des Tierbestandes führte. Es sei für ihn klar gewesen, dass der Betrieb mit dem Bauprojekt auf den neuesten Stand gebracht werden sollte, insbesondere bezüglich Ammoniakbelastung. «Und wir wollten die Arbeitsbelastung senken und flexibler werden.» Dank den durch die zusätzlichen Massnahmen tieferen Geruchsemissionen konnten auch die sonst nicht gegebenen Mindestabstände zu Nachbarn eingehalten werden.
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Drehscheibe Ammoniak
Umgesetzt wurden technische Massnahmen, die auch von der nationalen Drehscheibe Ammoniak empfohlen werden. Konkret Unterflurzufuhr der Luft mit niedriger Temperatur, impulsarme Zuluftführung mit Riesenkanal- oder Futterganglüftung, Biowäscher bei zwangsbelüfteten Ställen und Phasenfütterung und N-angepasste Fütterung. Eingebaut wurde auch ein sogenanntes Cool-Pad, dessen emissionsmindernde Wirkung ist bei der Drehscheibe Ammoniak allerdings erst in Abklärung.
Temperierte Luft
Im neuen Jagerstall wird die Luft von der Nordseite mittels Unterdruck angezogen und durch einen Hohlraum unter dem Stall geleitet. Von dort gelangt sie in den Dachraum der Ställe und über luftdurchlässige Deckenplatten gleichmässig in den Raum, was Zugluft verhindere. Das sei besser für das Tierwohl und vermindere die Ammoniakemissionen, heisst es im technischen Beschrieb. Dieses Lüftungssystem verursache auch keinen Lärm. Positiv sei die Temperaturregulation durch die Zufuhr. Im Winter werde die Luft dank dem Fluss über das Erdreich wärmer, im Sommer kühler, auch Schwankungen zwischen Tag und Nacht würden abgefedert. So seien die Tiere weniger gestresst und die Lüftung laufe regelmässiger. Das komme den Temperaturbedürfnissen der Schweine entgegen.
Biowäscher reinigt
Die Abluft aus den Ställen wird über einen separaten Kanal im Dachstock zum Biowäscher geleitet. Vier Ventilatoren sorgen für einen Unterdruck, sodass die Stallabluft durch den Biowäscher gesogen wird. Drei Reinigungsstufen führen zu einer Reduktion von Staub, Ammoniak und Geruch in der Aussenluft. Damit der Prozess optimal funktioniere, müsse der pH-Wert des Biowäschers konstant zwischen 6,5 und 7 liegen, dieser werde durch einen häufigeren Teilaustausch des Kreislaufwassers stabilisiert. Nach der Installation brauche es bis drei Monate, bis die Mikroorganismen optimal funktionieren würden.
Das Wasser wird entgegen dem Luftstrom ins System eingespeist. Der Bedarf sei beträchtlich, verbraucht würden täglich im Schnitt 1 m3Wasser, wobei ein Teil aus einem Regenwassertank gedeckt werden kann. Regenwasser habe den Vorteil, dass der pH-Wert tiefer sei als bei Leitungswasser.
Betriebsspiegel Mühlematt
Betriebsleiter Kaspar und Esther Sigrist
Ort: Mühlematt 2, Ufhusen LU
Fläche: 35,5 ha (ein Teil davon in St. Erhard), davon offene Ackerfläche 26 ha und Ökoausgleich 3 ha.
Kulturen: Gerste, Mais, Raps, Urdinkel, Weizen, Zuckerrüben.
Tiere: 42 Abferkelplätze, 2 Frühabsetzerbuchten, 740 Jageraufzuchtplätze, Arbeitsteilige Ferkelproduktion, BTS-Stall ohne Auslauf. 16 Rinder Weide-Beef.
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, Teilzeitangestellte 40 Prozent.
60 % weniger Ammoniak
Für Kaspar Sigrist kam nur ein Biowäscher in Frage, dieser schlug allerdings mit rund 100 000 Franken zu Buche. Ein Chemowäscher hingegen würde viel Schwefelsäure benötigen. Das Abschlämmwasser aus dem Biowäscher kann in die Güllegrube geleitet und genutzt werden.
Letzten Sommer fanden die ersten Messungen der Abluft aus dem Biowäscher statt, diese ergaben eine Reduktion der Ammoniakemissionen um 60Prozent. Sigrist weist darauf hin, dass eben schon recht saubere Luft in den Biowäscher gelange. Deshalb könnten gar nie viel höhere Wirkungsgrade gemessen werden, wie sie in Deutschland oder Holland ausgewiesen würden. Theoretisch müssten die Messungen alle drei Jahre wiederholt werden. Das sei auf diesem Betrieb jedoch nicht nötig, weil der Biowäscher über ein elektronisches Betriebstagebuch verfüge. Die aufgezeichneten Daten stünden auch den Behörden zur Verfügung.
Im Abferkelstall sorgt eine Entmistung, ohne Kot- und Harntrennung, per täglich laufender Schubstange dafür, dass die Kanäle nicht mehr gespült werden müssen. Ein Cool-Pad kühlt die Luft. Dabei wird ab einer Aussentemperatur von 22Grad die angesogene Luft durch Wasser gekühlt, das über einen Zellulosevorhang (Cool Pad) fliesst. So sei die Luft im Stall selbst im Sommer angenehm kühl. Nachteil sei, dass dieses Cool-Pad relativ viel Frischwasser verbrauche, nämlich 50Liter pro 10 000m3 gekühlte Zuluft pro Stunde.
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Mit Multiphasenfütterung
Nach einem Jahr in den neuen Stallungen stellt Kaspar Sigrist fest, dass sich die Tiere wohl fühlen. Durch die abgekühlte Luft würden sie auch ruhiger atmen und seien weniger hitzegestresst. Gefüttert wird neu mit der voll automatisierten Multiphasenfütterung «Spotmix» von Schauer Agrotronic.Geschätzt hat Sigrist im Verlaufe der Planung die Unterstützung durch Baucoach Markus Bucheli, der noch einige Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt habe. Die Doppelbelastung sei während des Bauens spürbar gewesen, zumal auch während der Bauzeit Tiere gehalten wurden und sie doch einige Eigenleistungen erbrachten.
Offen für Ergänzungen
Anders planen würde Familie Sigrist nicht, aber künftig noch einige Ergänzungen machen. So wurden im alten Ferkelaufzuchtstall nur die Lüftung erneuert, jedoch noch nicht die Roste. Und in Planung sei im ganzen Stall ein automatisiertes Einstreusystem, wo das betriebseigene Stroh gehäckselt, entstaubt und über ein Rohrsystem direkt in den Buchten verteilt werde.
Denkbar sei künftig auch die Einzäunung des Schweinestalles, obwohl das Risiko der Übertragung der Afrikanischen Schweinepest durch Wildschweine gering sei, da ihre Tiere keinen Auslauf hätten. Abschliessend betont Sigrist, dass dank dem automatisierten Fütterungssystem und den ammoniakmindernden Massnahmen der Aufwand für Routinearbeiten kleiner geworden sei. So bleibe mehr Zeit für die Kontrolle der Tiere, und grundsätzlich sei er flexibler geworden mit den Stallzeiten. «Das ist auch für uns als Familie sehr wertvoll.»
Weitere Informationen: www.ammoniak.ch
Das Projekt
Das Zentralschweizer Ressourcenprojekt Ammoniak und Geruch startete 2021 und dauert bis 2026. Beteiligt sind die Landwirtschafts- und Umweltschutzämter der Zentralschweiz, die Gemeinde Hohenrain und die Bauernverbände. Realisiert werden Musterställe mit emissionsmindernden Massnahmen. Die beteiligten Betriebe werden dafür finanziell unterstützt. Bereits vorgestellt wurde letztes Jahr ein Musterstall für Rindvieh in Merlischachen SZ.
Besichtigung
Der erste Musterstall für Schweine im Rahmen des Ressourcenprojekts wird am 11. März ab 13.30 Uhr bei Familie Sigrist, Mühlematt, Ufhusen, vom Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV) präsentiert. Der Betriebsleiter und der Baucoach Markus Bucheli stellen den Betrieb vor, Fachleute informieren über das Projekt und über technische Massnahmen zur Ammoniakminderung. Für die Besichtigung ist eine Anmeldung bei Agrofutura nötig.