Während die Strompreise für die meisten Konsumenten seit zwei Jahren fast nur mehr steigen, gibt es bei der Abnahmevergütung für die Produzenten von Solarstrom grosse Unterschiede und in den vergangenen Jahren gab es auch grosse Schwankungen. Lange wurden von den Abnehmern nur wenige Rappen vergütet, wenn Solarstrom ins Netz eingespiesen wurde.

Alternativen prüfen

Der Bauernverband Aargau (BVA) ruft im aktuellen Newsletter deshalb dazu auf, bei tiefen Abnahmevergütungen eine alternative Vermarktung zu prüfen. So beispielsweise durch Fleco Power. Die Unabhängigkeit und Nähe zur Landwirtschaft seien der Grund für die Empfehlung dieser Vermarktungsorganisation, begründet Priska Stierli, Fachmitarbeiterin Energie und Klima beim BVA.

Es gebe im Aargau Gemeindewerke, die sehr tiefe Abnahmevergütungen zahlen würden. Und wenn dann noch die Stromkosten überdurchschnittlich hoch seien, lohne es sich für Bauern sowieso, auf Solarproduktion für den Eigenverbrauch zu setzen und für den nicht benötigten produzierten Strom den optimalen Abnehmer zu finden. «Wir wollen den Bauern bewusst machen, dass es andere Optionen als den lokalen Stromversorger gibt», erklärt Stierli.

Frei beim Stromverkauf

Grundsätzlich sind die lokalen Elektrizitätswerke gemäss Energiegesetz verpflichtet, Strom aus Photovoltaikanlagen (PV) abzunehmen. Andererseits sind Solarstromproduzenten frei, wem sie ihren Strom verkaufen wollen.

Die sogenannte Abnahmevergütung kann aber jedes Werk selber bestimmen. Einige sind in letzter Zeit dazu übergegangen, nicht mehr aufgrund individueller Kalkulation zu vergüten, sondern nach dem Referenz-Marktpreis. Dieser wird quartalsweise vom Bundesamt für Energie (BFE) publiziert und entspricht dem Durchschnitt des Preises, der an der Schweizer Strombörse gehandelt wird.

Marktpreis stark gesunken

Der Jahrespreis lag 2018 bei knapp 6 Rappen pro kWh, sank dann auf 4 Rappen und 2020 gar auf 3 Rappen. Das war definitiv kein Geschäft für Produzenten, welche nicht mehr von der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) profitieren konnten und den nicht selber genutzten Strom unter den Gestehungskosten einspeisen mussten.

Die Marktlage und somit der Referenz-Marktpreis änderte sich dann rasant. 2021 gab es immerhin 9,5 Rappen und 2022 schnellte der Jahrespreis gemäss BFE auf fast 29 Rappen hoch, mit einem extremen Ausschlag von über 40 Rappen im dritten Quartal des Vorjahres. Dies vor allem wegen der geopolitischen Lage und teuren fossilen Energien. Seither gab es wieder eine Abwärtsbewegung, knapp 20 Rappen im vierten Quartal, 13 Rappen im ersten und aktuell nur noch 7,7 Rappen im zweiten Quartal. Für den Herbst und vor allem den Winter gehen die Analysten allerdings wieder von einem Anstieg der Strompreise an den Märkten aus. Wie hoch der an die Solarbauern ausbezahlte durchschnittliche Jahrespreis dieses Jahr sein wird, ist deshalb noch offen.

Strom wird wieder teurer

Demnächst werden die Stromwerke im August die Stromtarife 2024 für die Konsumenten bekannt geben. Von sinkenden oder stagnierenden Preisen nach dem je nach Region sehr starken Anstieg per 2023 geht niemand aus. Deshalb sei jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Vergleich, und es könne sich lohnen, je nach Gebiet und Rückliefertarif der lokalen Elektrizitätswerke, als Alternative ein Marktmodell zu prüfen, heisst es im aktuellen Newsletter des BVA.

 

Mit Fleco Power vom Markt profitieren

Fleco Power wurde 2015 gegründet und ist eine Tochter­gesellschaft von Ökostrom Schweiz und von MBR Solar, beides landwirtschaftlich geprägte Organisationen in Produzentenhand. Vermarktet wird ausschliesslich Schweizer Strom aus erneuerbaren Quellen, und zwar zum Referenz-Marktpreis. Damit erhalten Produzenten die Chance, von steigenden Strompreisen zu profitieren. Ein- und Austritt sind quartalsweise möglich, die Mindestvertragsdauer beträgt ein Jahr, die einma­lige Eintrittsgebühr kostet 350 Franken bei Anlagen unter 100 kWp. Vergütet wird quartalsweise nach Abzug einer fixen Vermarktungs­gebühr von 0,85 Rappen pro kWh. Den Herkunftsnachweis des Solarstroms, der zusätzlich einige wenige Rappen ausmachen kann, dürfen die Solarbauern allerdings selber vermarkten. Im vergangenen Jahr hätten aufgrund der hohen Marktpreise sehr viele Produzenten zu Fleco Power gewechselt, sagt Heidi Heine, Leiterin Vertrieb. Aufgrund der im vergangenen Quartal aber sehr tiefen Referenz-Marktpreise werde derzeit eher abgewartet, vor allem von kleineren Produzenten. Sie geht aber davon aus, dass diese alternative Vermarktung sich langfristig durchaus lohnen könne für Produzenten, welche von ihrem Werk nur eine sehr tiefe fixe Abnahmevergütung erhalten.

«Wir spüren den Solarboom in der Landwirtschaft»

Derzeit sei ein grosses Interesse von Bauern für den Einstieg in die Solarstromproduktion festzustellen, sagt Priska Stierli. So auch, weil die Förderung durch die Einmalvergütung attraktiv sei. «Der Boom in der Landwirtschaft ist spürbar.» Andererseits müsse zum Teil mit langen Wartezeiten wegen Kapazitätsengpässen der Installateure gerechnet werden. «Der günstigste Strom ist der selber produzierte», betont Stierli. Im Fokus liege bei der Dimensionierung der Anlagen der Eigenverbrauch, zumal nicht selten teure Netzverstärkungen oder kostentreibende Auflagen bei Anlagen über 30 kWp ein Grund dafür sind, dass nicht die gesamten Dachflächen mit PV-Modulen belegt werden. Eine Möglichkeit wäre, dass mehrere benachbarte Bauernhöfe gleichzeitig PV-Anlagen realisieren und somit Kosten für Netzverstärkungen geteilt oder gar auf die Versorger abgewälzt werden könnten. Stierli geht für die Zukunft davon aus, dass die Strompreise steigen werden und Eigenproduktion lohnend bleibt. Eigener PV-Strom sei deutlich kostengünstiger als zugekaufter vom Netz. Und wer bei der Stromvermarktung nicht an fixe Abnahmetarife gebunden sei, sondern Marktpreise erhalte, könnte allenfalls profitieren.[IMG 2]