Wer jetzt meint, ich stimme in den Kanon der Sentimentalen ein, irrt. Ich denke explizit an die (Klein-)Kindheit. Mami nahm uns an der Hand, führte uns durch unsere ersten Jahre, zeigte, erklärte, warnte, drohte manchmal gar. Wie stolz wir waren, wenn wir den Weg in den Chindsgi alleine schafften! Wenn wir auch den schweren Thek selber tragen konnten (Ehrensache!); es kam ja auch niemandem in den Sinn, die Schätzeli von der Schule abzuholen, wie das heute gang und gäbe ist. Mit dem Velo alleine ins Dorf fahren, den ersten Einkauf selbständig tätigen dürfen – eines kam zum andern, und irgendwann liess Mami los. So muss es sein, so ist es richtig.

Spricht man uns Entscheidungsfähigkeit ab?

Wir wurden zu selbständigen, mündigen Bürgern. Die erste Abstimmung, dieser wichtige, demokratische Prozess, erfüllte uns mit Stolz. Die ersten Steuern etwas weniger, aber das gehört halt auch zum Erwachsenwerden. Wir sind es gewohnt, auch schwierige Situationen zu meistern, unser Leben zu organisieren und hochkomplexe Abstimmungsvorlagen zu verstehen. Manchmal entscheiden wir unvernünftig, manchmal riskieren wir etwas. So geht Leben, das selbstbestimmt ist.

Doch je länger, je mehr scheint man uns unsere Entscheidungsfähigkeit absprechen zu wollen. Vermehrt übernimmt der Staat die Funktion, wie wir sie von unseren Müttern und Vätern kannten. Da geistern Zucker- und Fettsteuern durch die Medien, mit dem Ziel, uns gesund zu halten. Man spricht von Werbeverboten; nicht nur für Fleisch, sondern ganz allgemein – einige Städte praktizieren dies bereits.

Lebensmittelampeln sollen uns helfen, unsere Einkäufe gesünder zu machen. Mensen, Kantinen und Altersheime bieten nur noch vegetarische oder vegane Menus an. Und sehr vieles mehr. Schleichend werden wir entmündigt – der Staat scheint besser als wir selbst zu wissen, was uns guttut.

Gegen die Verbotskultur

Diesem Aktivismus muss man etwas entgegenhalten. Tatsache ist, dass man stets nur von jenen hört, die ständig neue Verbote und Verordnungen verlangen. Die Medien nehmen diese auch gerne auf – denn da sind Aufreger und somit auch Klicks garantiert!

Die meisten Konsumenten hingegen (und das sind wir schliesslich alle) fühlen sich von dieser Verbotskultur bedrängt, wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie und warum sie sich für oder gegen etwas entscheiden. Die «Nanny-State»-Kampagne «bin-kein-baby.ch» zielt genau darauf ab; und das Schweizerische Konsumentenforum, die einzige liberale Konsumentenorganisation des Landes, gehört zu den Treibern der Forderung.

Es braucht Regeln, aber...

Für ein gelungenes Zusammenleben braucht es selbstverständlich Regeln. Manchmal sogar Verbote. Niemand wünscht sich das Rauchen in Zügen, Flugzeugen und Innenräumen zurück. Viele können sich das Autofahren ohne Sicherheitsgurte und Nackenstützen nicht mehr vorstellen. Innerorts 50? Voll ok. Um Anwohner vor Lärm zu schützen, sind sogar 30 km/h bereits an vielen Orten Realität.

Pestizidreduktion in der Landwirtschaft, Verbot von Zigarettenwerbung und -abgabe rund um Schulhäuser und Sportanlässe, Alkoholverkaufsverbot an Minderjährige – diese und viele weitere Regeln schützen nicht nur mich, sondern vor allem auch andere; auch vulnerable Kinder und Jugendliche, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

Ja, Regeln braucht es. Aber die ausufernden Regulierungen, die mehr und mehr in unsere persönlichen, privaten Entscheidungen eingreifen, die wollen wir nicht länger unwidersprochen hinnehmen. Ohne Widerstand kann der Eindruck entstehen, alle wären zufrieden mit der Bevormundung. Sind wir nicht. Wir wollen selber entscheiden. Wir wehren uns dagegen, dass uns der Staat an der Hand nimmt.

Wir kennen nämlich sehr genau die Folgen von ausuferndem Konsum von Genuss- und Lebensmitteln. Wir wissen, dass übermässiger und regelmässiger Alkoholgenuss der Lebergesundheit abträglich sein könnte. Uns ist bewusst, dass täglicher Fleischkonsum auch klimatische Folgen haben kann. Wir vermögen einzuschätzen. Als vernunftbegabte, pragmatische Wesen schaffen wir das. Ganz ohne Mami oder Nanny – denn schliesslich gilt: Wir sind doch keine Babys!