Zwar hat der Ständige Ausschuss der Berner Konvention einer Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs zugestimmt. Seit dem 7. März 2025 gilt das Grossraubtier in diesem internationalen Vertragswerk daher als «geschützt» statt «streng geschützt». Die Mitgliedstaaten müssen auf ihrem Gebiet aber nach wie vor einen «günstigen Erhaltungszustand» dieser Art erreichen und aufrechterhalten. Daran erinnert der Ständige Ausschuss explizit die Schweiz.
Bericht der Schweizer Regierung fehlt
Auf das letzte Sitzungsprotokoll der Berner Konvention machen die beiden Wolfsschutzorganisationen CH Wolf und Avenir Lynx Jura (ALLJ) aufmerksam, die im November 2023 eine Beschwerde beim Ständigen Ausschuss eingereicht hatten. Darin war angesichts der mit der revidierten Jagdverordnung damals erstmals ermöglichten präventiven Regulierung die Rede von einem «Wolfsmassaker». Von den Beschwerdeführern ist laut Sitzungsprotokoll der jährlich verlangte Bericht zur aktuellen Lage eingegangen, nicht aber von der Schweizer Regierung.
Der Ausschuss nehme die Anpassungen der Jagdverordnung vom Februar 2025 zur Kenntnis, heisst es weiter. Dazu gehört das Verbot der Nachtjagd im Wald oder des Abschusses erwachsener Wölfe vor ihren Jungtieren. Dazu gehören auch wiederholte Angriffe auf Nutztiere als Voraussetzung für reaktive Abschüsse.
Das Präsidium mahnt die Schweizer Behörden zudem, dass einige der befristeten Bestimmungen der neuen Jagdverordnung, insbesondere nächtliches Jagen und die Verwendung von Nachtsichtgeräten, unter der Berner Konvention verboten seien. Die Schweiz müsse darauf in ihrem zweijährlichen Bericht eingehen.
Forschungsprojekt beendet
Im Weiteren sei man besorgt über die Entnahme des ganzen Nationalpark-Rudels im Unesco-Biosphärenreservat. Dass dieser Abschuss bewilligt worden ist, hatte von Naturschutzseite für heftige Kritik gesorgt. Dem schliesst sich die Berner Konvention an und schreibt, die Entnahme des gesamten Rudels habe gegen die Rechtsvorschriften des Nationalparks verstossen und ausserdem ein 20-jähriges Forschungsprojekt beendet. Ein anderes Forschungsprojekt zum Thema Koexistenz sei ebenfalls durch den Abschuss des ganzen untersuchten Wolfsrudels gestoppt worden.
«Diese Forschungsarbeiten betrafen das Juramassiv», erklärt dazu ALLJ-Vizepräsidentin Susanne Clauss. «Es wäre wichtig gewesen, hier aussagekräftige Resultate zu erhalten, weil die Koexistenz von Nutztieren und den Grossraubtieren auf den riesigen Juraweiden nochmals ganz eigene Anforderungen stellt», wird sie in der Mitteilung der Wolfschutzorganisationen zitiert. Der letzte Kritikpunkt der Berner Konvention betrifft die Streichung von Geldern für den Herdenschutz.
Der Bericht soll folgen
«Das Bafu hat das Sekretariat der Berner Konvention vor einiger Zeit darüber informiert, dass die Schweiz ihren Bericht vorlegen wird, sobald die Ergebnisse der Regulierung des Wolfsbestands für den Winter 2024/25 vorliegen», erklärt die Medienstelle auf Anfrage. Da dies jetzt der Fall ist (siehe Kasten) werde der geforderte Bericht nun übermittelt.
Der Ständige Ausschuss habe im letzten Dezember das Gesuch von CH Wolf angenommen, das eine Überprüfung des Wolfsmanagements verlangt, schildert das Bafu die Lage. «Das bedeutet, dass die Schweiz den Austausch mit der Konvention und den Mitgliedstaaten weiterführt.» Berichte müssten jeweils die Vereinbarkeit der hiesigen Wolfspolitik mit der Berner Konvention darlegen und allfällige gemeinsam vereinbarte Empfehlungen zur weiteren Optimierung seien umzusetzen.
Übertragen der Verantwortung erleichtern
Die Berner Konvention gibt derzeit gemäss Sitzungsprotokoll eine Empfehlung bezüglich Herdenschutz: Sie fordert die Bundesbehörden auf, die Übertragung der Verantwortung für solche Massnahmen vom Bund auf die Kantone zu erleichtern. Dies, «um ausreichende Mittel zur Förderung der Koexistenz mit Wölfen und den Einsatz nicht tödlicher Methoden» sicherzustellen.
«Schnelles Wachstum gebremst»
Nach zwei Perioden präventiver Regulierung im Winter zieht das Bundesamt für Umwelt (Bafu) Bilanz. Sie fällt positiv aus, es habe wenig Fehlabschüsse gegeben und das schnelle Wachstum des Schweizer Wolfbestands sei gestoppt.
Das Bafu hält in seinem Bericht weiter fest, das Wolfsmanagement sei eine Daueraufgabe und bestehe – neben der Regulierung von Wölfen – auch aus Herdenschutzmassnahmen. Dank dieses Zweiklangs sei es gelungen, das Schadensniveau wieder dem Stand von 2020/21 anzunähern, als es hierzulande nur 10 bis 15 Wolfsrudel gab.
Für den Vollzug ist die Wolfsregulierung indes aus verschiedenen Gründen eine Herausforderung. Es ist nicht einfach, die richtigen Wölfe aus Gründen eines erhofften Lerneffekts möglichst im sozialen Kontext und innert der gesetzten Frist zu schiessen. Die Zahlen des Bafu lassen aber auf eine durchaus erfolgreiche Regulierung schliessen: 2023/24 hatte das Bundesamt 100 Wölfe zum Abschuss freigegeben, wovon 55 erlegt wurden. Allerdings blieben elf von zwölf der zu erlegenden Rudel bestehen. 2024/25 schossen die Kantone 92 Wölfe präventiv, drei Rudel lösten sich nach Abschüssen auf (bei neun war die Entnahme bewilligt worden). Nach der letzten Regulierungsperiode geht man von insgesamt 36 Wolfsrudeln in der Schweiz aus (elf davon grenzüberschreitend).