«Beim Milchpreis hiess es zuerst, zu 90 % gibt es keine Erhöhung und mit etwas Glück gebe es vielleicht eine Erhöhung. Die sollte allerdings nicht höher als zwei Rappen pro Liter ausfallen. Da haben wir uns gesagt, wir müssen etwas auf die Beine stellen», sagt Ferdi Hodel, Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbands (ZBV).

Keine Einzelaktionen

An drei Orten, in Bülach, Affoltern am Albis und Hinwil, hat der ZBV am 1. März Spaziergänge mit Fackeln und Mahnfeuern organisiert. Die Idee dahinter sei gewesen, die Landwirte zusammenzubringen, Druck auf die Abnehmer aufzubauen, aber auch etwas kontrolliert Druck abzulassen.

«Wir wollten lieber etwas Strukturiertes machen, das uns Sympathien bei der Bevölkerung bringt, statt auf unkoordinierte Einzelaktionen setzen», kommentiert Hodel die Mahnmärsche.

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Dialog mit Bevölkerung

Die Aktion wurde auch dementsprechend vom ZBV via Onlinekanäle beworben. So hiess es zum Beispiel auf der Website explizit, dass Auffahrten mit Traktoren sowie lautes Trychlen und viel Lärm nicht erwünscht seien. Stattdessen setzte der Aufruf auf kleinere Glocken, Treicheln und Fackeln sowie einen sympathischen und friedlichen Auftritt.

Die Landwirte waren zudem angehalten, aktiv das Gespräch mit der Bevölkerung zu suchen. Die Dialogsuche stand gemäss Ferdi Hodel auch im Vordergrund. Man habe die Aktion auch darum gezielt als Mahnmarsch und nicht als Protest bezeichnet.

Bewusste Wahl der Aktion

«Wir sind uns der Schwierigkeiten der Branche bewusst und haben auch deswegen dieses Vorgehen gewählt», erklärt Hodel die Form der Aktion und ergänzte: «Schlussendlich sitzen wir alle im selben Boot und Angriffe bringen demnach nichts.» Die Landwirte hätten nämlich gute Argumente, um sich friedlich einzubringen und Gehör bei der Bevölkerung zu verschaffen.

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Künftige Verhandlungen

Die kommenden Preisverhandlungen werde der ZBV jedoch sorgfältig beobachten und, falls es nötig sein sollte, auch weitere Aktionen planen. Man wird laut Hodel an der gewählten Art und Weise festhalten.

Für die künftigen Verhandlungen bestehe für den ZBV auch eine leise Hoffnung, nämlich, dass die verschiedenen Branchen in den künftigen Verhandlungen die Sorgen und Ängste der Landwirte anerkennen und entsprechend mit Preiserhöhungen berücksichtigen.

Goodwill nicht verspielen

«Auch bemühen wir uns auf allen Ebenen, dass die Einführung von Digiflux verschoben wird. Wenn eingeführt, dann nur auf Betriebsebene und nicht wie jetzt vorgesehen parzellengenau», erklärt Grunder ein weiteres Anliegen des VTLs.

Es ist eine Gratwanderung

Ein bisschen besorgt ist Maja Grunder, dass die Bauernproteste, obwohl friedlich, dazu führen könnten, dass der Goodwill der Bevölkerung gegenüber der Landwirtschaft kippt.

Diese Befürchtung teilt Christoph Graf, Präsident des Schaffhauser Bauernverbands: «Wir sind der Meinung, dass die Durchführung von Mahnwachen und Protesten für uns Landwirte und Landwirtinnen eine Gratwanderung ist.» Dies, weil in der Bevölkerung gegenüber der Landwirtschaft viel Wohlwollen vorhanden sei. Dies solle man nicht verspielen, daher sei Zurückhaltung angezeigt.

«Der Schaffhauser Bauernverband verurteilt jedoch die Aktionen nicht, solange sie friedlich ablaufen», so Graf. Er würde sie aber auch nicht propagieren. dc/stü


«Einen anständigen Anteil der Marge»

Michi Bosshart hat für den Zürcher Bauernverband (ZBV) die Mahnwache in Bülach organisiert. Bosshart ist Landwirt aus Stürzikon bei Oberembrach und Bezirkspräsident des ZBV. Er bewirtschaftet einen gemischten ÖLN-Betrieb mit Brown-Swiss-Kühen für die Milchwirtschaft und Ackerbau. Die Fruchtfolge ist reichhaltig, angebaut werden unter anderem Silomais, Winterweizen, Gerste, Soja, Zuckerrüben, Kartoffeln und Raps. Die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt etwa 50 ha.[IMG 10]

Herr Bosshart, was war Ihre Motivation, diesen Protest durchzuführen?

Michi Bosshart: Mein Grund ist die Unzufriedenheit der Basis, die ich auch spüre. Als Bezirkspräsident habe ich schon ein paar Telefone mit Berufskollegen geführt, die stark unter Druck sind. Grundsätzlich geht es darum, dass wir Landwirte einen anständigen Anteil an der Marge der Detailhändler bekommen, damit wir die steigenden Vorleistungen auch bezahlen können. Uns war wichtig, von Verbandsseite etwas Sympathisches und Gewinnendes auf die Beine zu stellen. So sind wir auf die Idee mit dem Fussmarsch mit den Fackeln und dem Mahnfeuer gekommen. Auch erhofften wir uns davon, ins Gespräch mit der Bevölkerung zu kommen, damit es zu einem Austausch kommt und wir über unsere Situation sprechen können. Als der Beschluss fest stand, dass wir das machen, haben wir die Aktion in drei bis vier Tagen auf die Beine gestellt.

Wie haben Sie den Umzug wahrgenommen? Welche Stimmung herrschte?

Es war friedlich und die Stimmung super. Ich habe einen starken Zusammenhalt unter den Landwirten gespürt und gemerkt, dass es vielen guttat, etwas zusammen zu unternehmen und ein Zeichen zu setzen. In Bülach sind etwa 350 Personen gemeinsam durch das Städtchen gelaufen. Anschliessend gab es eine Rede beim Mahnfeuer. Für die Teilnehmer(innen) wurde Käse, Brot und Most offeriert.

Gab es Reaktionen von der Bevölkerung?

Ja, die gab es. Die Reaktionen, die ich mitbekommen habe, waren positiv. Mir ist aufgefallen, dass im Umzug auch einige Leute mitliefen, die dazu gekommen waren. Sie tauschten sich rege und auf eine gute Art und Weise mit den Landwirten aus.

Sind weitere Aktionen geplant?

Bis jetzt meines Wissens nicht. Wir sind froh, dass die Branchenorganisation Milch einen Entscheid zu unseren Gunsten gefällt hat