«Dem Wasserkanton Aargau würde es gut anstehen, seine Gewässer zu schützen», finden die Umweltverbände und haben am Montag die kantonale Gewässer-Initiative lanciert. Innert 20 Jahren sollen Kanton und Gemeinden dafür sorgen, dass zum Schutz und zur Vernetzung des Lebensraumes Wasser die zur Sicherung und Stärkung der Biodiversität erforderlichen Feuchtgebietsflächen geschaffen werden, so der Inhalt.
Heute seien gemäss schweizweiter Untersuchung 85 Prozent der Lebensräume von Uferzonen und Feuchtgebieten gefährdet. Allein im Aargau seien 900 km Gewässerläufe eingedolt, 130 km naturfremd und 400 km stark beeinträchtigt. Künftig sollen mehr revitalisierte Gewässer die ökologischen Folgen intensiv genutzter Flächen besser kompensieren. Die Initiative bringe zudem auch mehr Hochwasserschutz, diene der Naherholung und dem Temperaturausgleich und bremse so den Klimawandel.
Gegen neue Auflagen
Die Initiative ist breit abgestützt, mit dabei sind neben Pro Natura, WWF und Birdlife auch der Aargauische Fischereiverband und der Landschaftsschutzverband Hallwilersee. Im Komitee vertreten sind zudem die Nationalräte(innen) Gabriela Suter (SP), Beat Flach (GLP), Matthias Jauslin (FDP), aber auch Grüne-Grossrätin und Landwirtin Gertrud Häseli. Sie meinte allerdings an der Medieninfo am Montag, dass der Unmut der Landwirtinnen und Landwirte gross sei, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. «Wir dürfen nicht für fremdes Land neue Auflagen beschliessen.» Landwirtschaft sei auch Ernährungswirtschaft, und die Initianten seien in der Pflicht, den Bauernfamilien entgegenzukommen und sie an Bord zu nehmen.
Verlust Kulturland
Für den Bauernverband Aargau (BVA) ist die neue Initiative aber schlicht unnötig, wie es in einer Stellungnahme heisst. Es gehe den Umweltverbänden darum, auf Kosten des Kulturlandes das Naturschutzgebiet auszubauen. Betroffen seien schätzungsweise rund 1000 ha ehemalige Moorflächen, von denen ein grosser Teil wohl landwirtschaftlich genutzt werde. «Es werden damit jährlich rund 50 ha Kulturland verloren gehen.» Das gehe zulasten der Lebensmittelproduktion, so der BVA weiter.
Offensichtlich spürten die Umweltverbände noch immer Aufwind wegen des schon 1993 beschlossenen Schutzes der Aargauer Auen. Der Auenschutzpark sei inzwischen fast vollständig realisiert. «Darauf sind wir heute stolz», so der BVA. Nun sei gemäss Matthias Bertsche von Pro Natura Aargau aber auch der Schutz der Feuchtgebiete nötig, da die verbliebene Fläche zu klein sei, als dass sich Tier- und Pflanzenarten halten könnten.
Schon viele Ökoflächen
Was die Umweltverbände fordern, würden die Bauernfamilien schon seit Jahren umsetzen, meint hingegen der BVA. In den vergangenen zehn Jahren seien jährlich über 400 ha zusätzliche hochstehende und gut vernetzte Biodiversitätsförderflächen (BFF) geschaffen worden. Insgesamt machen diese mit über 11'000 ha bereits 19 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus. Der sogenannte Kesslerindex zur Messung der Biodiversität steige im Landwirtschaftsgebiet, stagniere aber im Siedlungsgebiet auf tiefem Niveau. Dort liege am meisten Potenzial brach.
Bestimmungen genügen
Der BVA verweist auch auf die weitere Ökologisierung. So wolle der Bund die Betriebe verpflichten, auf 3,5 Prozent der Ackerflächen zusätzliche BFF anzulegen. Auch die Gewässerräume dürften nur mehr extensiv bewirtschaftet werden, es bestehe die Offenlegungspflicht bei eingedolten Bächen, und es gebe viele weitere Renaturierungs- und Natur- und Landschaftsschutzprojekte, was die Lebensmittelproduktion ohnehin weiter einschränke. «Die vielen bestehenden Bestimmungen genügen, um die Biodiversität weiter zu steigern und den Schutz der Gewässer zu erhöhen.» Der BVA will deshalb am bewährten Ansatz der Freiwilligkeit festhalten und lehnt den «Enteignungsansatz» ab.
Nicht nachhaltig
Die Wiederherstellung von vor 100 Jahren entwässerten Mooren sei im Übrigen auch bezüglich Klima kontraproduktiv wegen des steigenden Methanausstosses, schreibt der BVA.
So viele neue Feuchtgebiete zu schaffen und diese Flächen der Produktion zu entziehen, sei nicht nachhaltig und fördere den Import von Lebensmitteln aus Gebieten, wo möglicherweise Moore trockengelegt oder Regenwälder abgeholzt würden.