Coop setzt kleine Produzenten unter Druck», titelte die «Sonntagszeitung» Anfang Sommer. Der Grund: Lieferanten von Coop müssen ihre Rechnungen in Zukunft über ein Drittunternehmen namens Markant erstellen. Die Firma übernimmt die Zahlungsabwicklung und verlangt dafür von den Lieferanten eine Gebühr auf den Umsatz. Laut verschiedenen Medienberichten liegt sie bei zwei bis vier Prozent. Besonders für kleine Hersteller ist das viel Geld.
Anzeige bei der Weko
Der Markenartikelverband Promarca hat bei der Wettbewerbskommission (Weko) eine Anzeige gegen die Allianz von Coop mit Markant eingereicht (siehe Kasten). Es geht dabei um den Missbrauch von Marktmacht. Die Weko hat wegen der Anzeige eine Marktbeobachtung eingeleitet.
Bäuerliche Interessengemeinschaft
Auch in der Landwirtschaft formiert sich Widerstand: Weil auch landwirtschaftliche Produzenten von der Umstellung betroffen sind, wurde kürzlich die «Bäuerliche Interessengemeinschaft zur Bekämpfung der Übertragung von Fakturierungskosten durch Coop» gegründet. Sie will verhindern, dass die Industrie eine weitere Senkung der Produzentenpreise provoziert und somit die Einkommenssituation der landwirtschaftlichen Betriebe beeinträchtigt.
«Nicht kampflos hinnehmen»
Die IG wird im Co-Präsidium von Bernard Leuenberger, Präsident der Dachorganisation der Westschweizer Bauernverbände Agora, und Jakob Lütolf, angehender Präsident des Zentral-schweizer Bauernbunds, geführt. Unterdessen sind ihr 25 Organisationen beigetreten. Darunter sind kantonale Bauernverbände, aber auch betroffene Produzentenverbände.
«Ein einzelner Produzent ist verloren und kann nichts ausrichten», sagt Jakob Lütolf auf Anfrage der BauernZeitung. Man spüre bei den Produzenten eine grosse Verunsicherung. Deshalb sei schnell klar gewesen, dass man die Kräfte bündeln müsse. «Wir sind in der Landwirtschaft ohnehin schon immer das letzte Glied in der Kette. Deshalb wollen wir das nicht kampflos hinnehmen.»
Mitmachen bei der Anzeige?
Die IG wird im August das weitere Vorgehen definieren. Dabei entscheidet sie sich, ob sie sich der Anzeige von Promarca bei der Weko anschliessen wird. Etwas hat man bereits erreicht: «Coop hat sich bei uns gemeldet und möchte mit uns das Gespräch suchen», sagt Jakob Lütolf. Grundsätzlich sei es doch immer am besten, wenn man erst versuche, miteinander zu reden.
Coop will sich nicht äussern
Coop bestätigt der BauernZeitung, mit der IG in Kontakt zu stehen, will sich aber nicht zu «strategischen Fragen und laufenden Gesprächen» äussern. Ursprünglich wollte der Detailhändler das neue System auf Anfang Juni einführen. Dieser Termin wurde nun auf Januar 2021 verschoben.
«Wir werden ausgesogen»
Viele mittelständische Schweizer Produzenten sind von Coop als Abnehmer abhängig. «Für uns ist das eine Katastrophe», sagte der Chef eines solchen Unternehmens der «Sonntagszeitung». Wie viele andere Lieferanten wollte er nicht namentlich genannt werden, zu gross die Angst, den Grossverteiler als Abnehmer zu verlieren.
Durch die neuen Gebühren bei Markant mache er mit Coop kaum mehr Gewinn, so der Mann. Er habe seine Fabrik bereits auf Effizienz getrimmt. «Wir werden ausgesogen. Wenn wir bei Coop nicht über Markant abrechnen, sind wir weg», sagte der Manager eines anderen Herstellers.
Brauerei Locher ist kritisch
Der einzige von der Zeitung angefragte Betrieb, der es wagte, öffentlich Kritik zu üben, ist die Brauerei Locher, Produzentin von Appenzeller Bier. Die Abrechnung der Coop-Aufträge via Markant verursache hohe zusätzliche Kosten, so Mitinhaber Karl Locher. Es sei gut möglich, dass sich so die Preise für die Konsumenten erhöhten.
«Coop profitiert gleich doppelt»
Der Markenartikelverband Promarca hat bei der Wettbewerbskommission (Weko) eine Anzeige eingereicht. Es gehe um den Missbrauch von Marktmacht, so Geschäftsführerin Anastasia Li-Treyer gegenüber der Zeitung.
Dabei gebe es weitere kartellrechtliche Ansatzpunkte: Coop profitiere von der Zusammenarbeit mit Markant gleich doppelt. «Der Händler senkt die administrativen Kosten und erhält einen Teil der Gebühren, die Markant bei den Herstellern erhebt, gutgeschrieben», so Li-Treyer.