Die Parolenfassung zu den beiden Pflanzenschutz-Abstimmung kommt langsam in die Schlusskurve. Dabei zeigt sich angesichts der aktuellen Beschlüsse erneut, dass der Weg zu zwei Nein bei der Abstimmung vom 13. Juni kein Spaziergang werden dürfte.

45 % Ja zur TWI bei der FDP

Letztes Wochenende haben sich mit der FDP und den Grünliberalen (GLP) zwei gewichtige Player unter der Bundeshauskuppel entschieden. Die FDP-Delegierten haben an ihrer online-Versammlung sowohl die Trinkwasser-Initiative (TWI) wie auch die Pestizidverbots-Initiative (PVI) abgelehnt.

Bei der TWI lautete das Stimmenverhältnis 202 Nein gegen 165 Ja (11 Enthaltungen), bei der PVI stimmten 318 Delegierte Nein, 52 sagten Ja (8 Enthaltungen). «Diese beiden Initiativen sprechen wichtige Themen an, da die FDP den Einsatz von neuen Pflanzenschutzmitteln reduzieren möchte», schreibt die Partei zum Entscheid. «Der Weg zum Ziel soll aber ein anderer sein. Beide Initiativen gehen deutlich zu weit. Die Umsetzung dieser Initiativen würde nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch unsere nationale Lebensmittelversorgung gefährden», schreibt die FDP weiter.

Die Delegierten wollten den bereits eingeschlagenen Weg über die laufenden Anpassungen der bestehenden Gesetzgebung im Parlament beibehalten, so das Fazit der Mitteilung. Dass trotzdem 45 Prozent Ja-Stimmen für die radikale TWI eingelegt wurden, zeigt dass das Ansinnen bis weit in bürgerliche Kreise Sympathien geniesst.

GLP bleibt sich treu

Weniger überraschend war die klare Ja-Parole der GLP zur TWI. 160 Delegierte sagten Ja, 7 Nein und 7 enthielten sich. Zur PVI beschloss man Stimmfreigabe. Die Partei profiliert sich seit längerem in der Opposition zur produzierende Landwirtschaft und lässt keine Gelegenheit aus, diese schlecht zu reden.

Das hat mit der primär städtischen Wählerschaft der Partei zu tun. Hier herrsche grosser Profilierungsdruck, diagnostiziert ein langjähriger Beobachter der Szene, selbst ehemaliges Mitglied der GLP. Um die Stimmen der wachsenden urbanen Bevölkerung kämpfen an vorderster Front auch die SP und die Grünen (GP).

Grüne Fundis obsiegen

Die SP wird ihre Parolen am Wochenende fassen. Die ehemalige Arbeiterpartei kümmert sich traditionell nur am Rande um Landwirtschaft. Der einzige profilierte Agrarpolitiker Beat Jans ist unterdessen Regierungsrat in der Heimat – damit überlässt man die linksgrüne Beackerung des Feldes weitgehend GLP und GP. Bei den Genossen wäre alles andere als zwei Ja-Parolen eine Überraschung. Der entsprechende Antrag steht und dürfte von den Delegierten abgenickt werden.

Auch die Grünen haben bereits zweimal Ja gesagt. Hier ist die Lage aber etwas komplizierter als bei der SP. Die Partei kümmert sich recht intensiv um die Agrarpolitik, was auch damit zu tun hat, dass ein Grossteil der politisch aktiven Biobauern in der GP beheimatet ist. Hier ist die Meinungsvielfalt gross. Gerade in der bäuerlichen Fraktion geniesst die TWI wenig Sympathien, weil sie auch viele Biobauern vor grosse Probleme stellen würde.

Im innerparteilichen Seilziehen der GP hat nun aber der fundamentalistische Flügel der Agrarier um den Berner Nationalrat Kilian Bauman gemeinsam mit den städtischen Grünen die Oberhand behalten. Den Skeptikern wurde vielleicht nicht grad ein Maulkorb umgehängt (dieses landwirtschaftliche Hilfsmittel ist ja längst verboten und bei den Grünen sicher verpönt), aber von ihnen hört man in Sachen Initiativen leider nurmehr wenig.

Das Dilemma der Bio Suisse

Das grüne Dilemma mit den Pflanzenschutz-Initiativen bildet sich auch in der Entscheidfassung zur TWI bei der Bio Suisse ab. Hier hat man an einer Online-Versammlung im November die Delegierten mit dem Abstimmungsprozedere leicht überfordert. Der Vorstand hatte ein Nein zur TWI beantragt, um dieses gutzuheissen, hätte man aber Ja stimmen müssen. Das sorgte für Verwirrung und die Abstimmung muss nun im April wiederholt werden.

Die technischen Schwierigkeiten sind symptomatisch. Denn auch politisch ist man sich hier sehr uneinig. Wenn am Schluss eine Stimmfreigabe resultieren würde, wäre das keine grosse Überraschung. Ein klares Mehr resultierte hingegen für die PVI.

Sprecher David Herrmann erklärt auf Anfrage, dass die Organisation unabhängig von den definitiven Parolen nicht aktiv am Abstimmungskampf teilnehmen, weder pro noch contra. «Wir freuen uns darüber, dass der Biolandbau als wichtig betrachtet wird», sagt Herrmann zu der aktuellen Diskussion, davon lasse man sich allerdings nicht vom Weg abbringen oder spalten lassen: «Wir ziehen unser Ding durch, Bio bleibt sowieso wichtig, unabhängig vom Abstimmungsausgang», so Herrmann. 

SVP und CVP als Stützen

Keinerlei Zweifel was die Parolen angeht gibt es bei SVP und CVP/BDP bzw. Die Mitte, wie das Fusionsprodukt heisst. Diese bürgerlichen Parteien sind traditionellerweise die soliden Stützen der Mainstream-Agrarpolitik. Am Wochenende wird die Präsident(innen)-Konferenz der Mitte die Entscheide fällen. Alles andere als zwei klare Nein wäre eine grosse Überraschung. Dasselbe gilt für die SVP. Die Partei wird am 27. März an einer Delegiertenversammlung über die Parolen beschliessen.

Was die Verbände angeht, gaben die Positionsbezüge meist zu wenig Diskussionen Anlass. SBV, SMP, SBLV und IP-Suisse haben zwei Nein beschlossen. Die Kleinbauern sagen Ja zur PVI und sind für diese bereits im den Abstimmungskampf. Zur TWI hat man derweil Stimmfreigabe beschlossen, deren alleinige Fokussierung auf die Landwirtschaft stört auch vielen Kleinbauern. Dasselbe gilt für Uniterre. Dort ist man klar gegen die TVI, bei der PVI tut man sich deutlich schwerer. Wir sagen ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen, erklärt Sekretärin Berthe Darras.

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Erklärungen zur Tabelle: Die Parolenfassung zur Trinkwasser-Initiative (TWI) und zur Pestizidverbots-Initiative (PVI) ist noch nicht überall erfolgt. Die SVP wird anlässlich der Delegiertenversammlung vom 27. März definitiv entscheiden, die SP an ihrer Delegiertenversammlung vom Wochenende, die CVP an der Präsident(innen)-Konferenz ebenfalls am Wochenende. Die eingetragenen Stellungnahmen entsprechen laut Aussagen der Parteisekretariate sehr hohen Wahrscheinlichkeiten. Bei den Verbänden fassen die SMP keine eigene Parole, sie sind aber Mitglied der 2xNein-Allianz unter Führung des SBV. Die Agrarallianz fasst aufgrund ihrer heterogenen Zusammensetzung keine Parole. Bei IP-Suisse hat der Vorstand einstimmig zwei Nein beschlossen. Bei Bio Suisse hat die letzte Delegiertenversammlung ein Ja zur PVI beschlossen, bei der TWI gab es Probleme mit dem Abstimmungsprozedere, deshalb wird die Parolenfassung im April wiederholt, der Vorstand empfiehlt eine Nein-Parole. Die Uniterre sagt klar Nein zur TWI und bei der PVI «Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen», hier gibt es viele Unbekannte, welche einen Teil der Entscheidungsträger(innen) vor einem klaren Ja zurückschrecken lässt. (Quellen: Auskünfte und Mitteilungen der Parteien und Verbände)

 

Zürcher Bauernverband schlägt Alarm

«So schaffen wir es NICHT» titelt diese Woche das Organ des Zürcher Bauernverbands (ZBV), der «Zürcher Bauer». Ende Januar habe man alle Zürcher Bäuerinnen und Bauern angeschrieben und um Unterstützung im Kampf gegen die Pflanzenschutz-Initiativen gebeten, schreibt das Blatt. Nur eine «deutliche Minderheit» habe darauf reagiert. Konkret haben sich von 3100 angeschriebenen Betrieben deren 302 gemeldet, um in irgendeiner Form im Abstimmungskampf mitzuwirken. Die Palette reicht von der Komitee-Mitgliedschaft über Materialbestellungen bis zur finanziellen Unterstützung. Nun ist das Formular zum Ankreuzen der Zeitung beigelegt. In einem Kommentar fragt sich Geschäftsführer Ferdi Hodel, ob die Initiativen womöglich unterschätzt werden. Er habe eigentlich gemeint, es werde sehr einfach sein, die Bauernfamilien für den Abstimmungskampf zu mobilisieren. Nun sieht er sich getäuscht, möglicherweise liege es auch daran, dass die Landwirtschaft noch im «Wintermodus» sei, schreibt Hodel. Der Verband hat die Meldefrist jetzt um eine Woche verlängert, man apelliert nun dringend an die Bäuerinnen und Bauern sich noch zu melden beim ZBV.

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