Das Scalottas Terroir verströmt ein besonderes Ambiente. Riesige Schwarz-Weiss-Bilder von Kühen im Stall beim Fressen oder von einer Frau, die auf der Alp Käse herstellt, stechen dem Besucher beim Betreten des Restaurants sofort ins Auge. Das Scalottas Terroir hat etwas Heimeliges, so wie die Gerichte, die hier zubereitetet werden. Der Spitzenkoch Hansjörg Ladurner und sein Souschef René Bissig verwenden für ihre Menüs nämlich nur Produkte von Bauern, die ihre Nachhaltigkeitsphilosophie teilen.
Ackerbau wie zu Zeiten der Dreifelderwirtschaft
Hansjörg Ladurner legt viel Wert auf die Herkunft, aber auch auf die Produktionsweise, erzählt er im Hotel Schweizerhof Lenzerheide, zu dem das Scalottas Terroir gehört. Das war auch der Grund, weshalb Ladurner das Projekt BergAcker gestartet hat. Früher hatte jeder Hof einen Acker, auch im Bergkanton Graubünden. Die Bauern waren Selbstversorger. Durch das Aufkommen der Milchunion wurden die Äcker zu Wiesen und Weiden umgenutzt. Die Ackerflächen verschwanden, denn es war bequemer, Lebensmittel zu kaufen. Das Geld dazu hatte man ja dank der Milchproduktion.
«Die Grundidee von BergAcker ist, Kartoffeln, Getreide und Ackerbohnen anzubauen, wie man es früher in der Dreifelderwirtschaft gemacht hat», erklärt Ladurner. Dazu gehört auch der Verzicht auf den Traktor. Gepflügt, gesät und geeggt wird mit von Pferden gezogenen Geräten.
Ladurner tat sich für sein Projekt mit Bruno Hassler, Andrea Parpan und Marcel Heinrich zusammen. Hassler gehören die Kutschenpferde, welche die Gerätschaften ziehen und im Sommer froh um Arbeit sind. Das bewirtschaftete Land gehört Parpan, Ladurner zahlt ihm dafür einen Pachtzins. Heinrich schliesslich ist für die Anbauplanung zuständig. «Das Projekt BergAcker zeigt, wie die Zusammenarbeit zwischen Landwirt und Gastronomie funktionieren kann. Genau das sucht der Gast», weiss Ladurner.
«Möchte meine Produzenten kennen»
Eine enge Zusammenarbeit mit seinen Produzenten pflegt Hansjörg Ladurner aber nicht erst seit er 2019 das Projekt BergAcker gestartet hat. Aus dem Gespräch spürt man rasch heraus, dass Ladurners ganze Philosophie darauf aufgebaut ist. «Ich gebe nicht viel auf Labels», gibt er zu. «Das ist gut und recht, aber ich brauche das in meiner Küche nicht.» Sein Hauptkriterium ist, dass er die Bauern, von denen er Produkte bezieht, persönlich kennt. Etwa 40 Bauern produzieren fürs Scalottas spezielle Produkte.
Die wichtigsten Kriterien sind für Ladurner die Produkteigenschaften und der Geschmack. «Ich nehme auch die ‹Nicht-Norm-Ware›, insofern hat der Bauer eine Abnahmegarantie. Die Qualität muss einfach stimmen», hält er fest. Beim Fleisch geht Ladurner auf den Betrieb, schaut die Tiere an und entscheidet dann, wann das Tier geschlachtet werden soll. «Zudem bin ich immer beim letzten Gang der Tiere persönlich vor Ort», schiebt er nach. Ladurner bevorzugt robuste Tierrassen, die zwar langsamer wachsen, dafür eine exzellente Fleischqualität haben. Zum Beispiel das Schwarze Alpenschwein oder Hochlandrinder.
Auf die Frage nach den Preisverhandlungen, antwortet Ladurner: «Der Bauer macht eine Vollkostenrechnung und dann schauen wir gemeinsam, welcher Preis für beide Seiten sinnvoll ist.» Er zahle aber keine Fantasiepreise. «Das kann und will ich nicht und der Gast schon gar nicht.» Für Ladurner ist wichtig, dass der Bauer angemessen bezahlt wird. Wenn zum Beispiel das Futter wegen Heuzukauf teurer werde, so berücksichtige man das und passe den Preis an.
Lernen, zu verzichten
In der Küche vom Scalottas Terroir ist der Anteil an Bündner Produkten hoch. «Hier werden Klein- und Kleinstmengen verkocht. Das wäre in einer Hotelküche gar nicht möglich», sagt Hansjörg Ladurner, der seit 2007 im Scalottas Küchenchef ist.
Der Planung kommt eine grosse Bedeutung zu. Ladurner führt aus: «Du musst wissen, wann die Tiere schlachtreif sein müssen, damit die Ware zur rechten Zeit da ist.» Bei bestimmten Produkten wie Wild gilt für Ladurner die Devise «Es hat, solange es hat». Saisonalität bedeutet für ihn auch nicht eine bestimmte Zeitspanne. Viele Produkte werden verarbeitet und haltbar gemacht. Man müsse aber auch lernen, auf gewisse Produkte zu verzichten, sagt Ladurner und erzählt, dass sein Peperoniproduzent letztes Jahr einen Totalausfall hatte. «Dann haben wir halt erst nächstes Jahr wieder welche auf der Speisekarte.»
Fast kein Food Waste
Im Scalottas Terroir kann man sich sein eigenes Menü frei zusammenstellen und nach Lust und Laune kombinieren. Die kleinen Portionen erlauben gut und gerne drei bis vier Gerichte für eine Mahlzeit. «So kann der Gast viel probieren, auch Speisen, die er als Hauptgericht sonst eher nicht bestellen würde», sagt Hansjörg Ladurner.
Jedes Gericht kostet gleich viel, der Preis wird pro Teller erhoben. Von den Gästen werde das Konzept sehr geschätzt und die kleinen Portionen hätten auch einen positiven Nebeneffekt: «Wir haben kaum Food Waste.» Ladurner sagt: «Wir kennen die Menschen, die unsere Lebensmittel herstellen, wissen genau, wie die Tiere gehalten werden und wo das Gemüse wächst.» Er strebt eine langfristige Zusammenarbeit mit den Bauern an, denn davon profitieren beide Seiten.
Hansjörg Ladurner empfiehlt: Heidner Bergheusuppe
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Für 4 Personen
Zutaten:
50 g Bergheu
1 Stück Knoblauchzehe klein, nach Wunsch
1 l Wasser
40 g Riso loto oder Risottoreis
2 dl Andeerer Vollrahm
Salz, Pfeffer, Muskat und wenig Cayennepfeffer
Für die Garnitur:
Etwas Vollrahm geschlagen
40 g Birnenbrotwürfel
Etwas Butter
Zubereitung:
- Das Wasser aufkochen, über das Bergheu und die Knoblauchzehe giessen und 10 Minuten ziehen lassen.
- Den Bergheutee abgiessen, mit dem Reis aufkochen und 30 Minuten köcheln lassen.
- Mit dem Stabmixer pürieren und weitere 10 Minuten ziehen lassen. Anschliessend nochmals mixen und durch ein feines Sieb passieren.
- Rahm beigeben und nochmals aufkochen. Abschmecken.
- Die Birnenbrotwürfel in Butter anziehen.
Anrichten: Die Suppe in Tassen geben, mit dem geschlagenen Rahm garnieren. Mit Birnenbrotwürfeln bestreuen.