Die Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) wird in der bestehenden Form kaum zustande kommen. Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) hat sie vergangene Woche zur Sistierung beantragt und man kann angesichts der Mehrheitsverhältnisse davon ausgehen, dass das Plenum diesen Schritt stützen wird.
Freihandel: «Von Fall zu Fall»
Gleichzeitig hat die WAK-S ein Kommissionspostulat eingereicht, das vom Bundesrat eine umfassende Überarbeitung der AP verlangt. Wie weiter, ist die Frage. Was die Sistierung angeht, könnte diese vom Nationalrat abgelehnt werden, sagt Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV). Wenn der Ständerat diese aber auch in einem zweiten Durchgang gutheisst, wäre sie beschlossen. Das Postulat ist laut Ritter ergänzend und muss nur vom Ständerat beschlossen werden. Damit würde es seine verzögernde Wirkung auch ohne Zutun des Nationalrats entfalten.
Klar ist auch, dass die hängige parlamentarische Initiative des Ständerats für eine Risikoreduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln (PSM) unabhängig von der AP 22+ verabschiedet werden kann. «Nur so kann das Parlament diesen Entscheid vor den Abstimmungen zu den PSM-Initiativen fällen», so Ritter.
Was den viel diskutierten Deal im Ständerat angeht, sei die Berichterstattung in der «Sonntagszeitung» in einigen Bereichen nicht korrekt oder zu wenig präzise gewesen, sagt Ritter. Die Zeitung hatte berichtet, dass die bäuerliche Seite den Wirtschaftsverbänden im Gegenzug zur Sistierung ein Nein zur Konzernverantwortungs-Initiative zugesichert hätte. Zudem habe man angeboten, den Widerstand gegen Freihandelsabkommen (FHA) aufzugeben. Ritter präzisiert: «Wir beantragen unseren Organen nur die Unterstützung des FHA mit Indonesien. Zu Mercosur können wir noch nicht Stellung nehmen, da wir das Abkommen in schriftlicher Form noch nicht vorliegen haben.» Alle weiteren FHA werde man von Fall zu Fall beurteilen.
Wenig Begeisterung im BLW
Geringe Begeisterung hat die Sistierung dem Vernehmen nach im Bundesamt für Landwirtschaft ausgelöst. Möglicherweise eröffnet diese aber auch neue Perspektiven. Damit erhalte der neue Direktor Christian Hofer die Chance, die AP nach seinem Gusto zu prägen, sagt SBV-Politexperte Francis Egger.