Es ist immer noch nicht ausgestanden. Die Seuche Bovine Virus-Diarrhoe (BVD) bleibt ein Thema, wenn auch niederschwellig. Vor zwölf Jahren startete das grossangelegte Ausrottungsprogramm. Und nach wie vor tauchen immer mal wieder persistent infizierte, sogenannte PI-Tiere auf. Sie streuen lebenslang BVD-Viren und stellen daher die Hauptansteckungsquelle dar. Wie lange wird das noch anhalten? «Die Unterbrechung der letzten Infektionsketten ist tatsächlich sehr hartnäckig», teilt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf Anfrage mit.

Märkte sind ein zusätzliches Risiko

Auch im laufenden Jahr wird es noch BVD-Fälle geben. Mit dem Verstellen der Tiere wird die Krankheit weiter verbreitet. Märkte, Ausstellungen und Viehschauen stellen in diesem Zusammenhang ein zusätzliches Risiko dar. Denn, wenn es auch danach aussieht, dass mit entsprechender Sperrung betroffener Betriebe der Verbreitung der Krankheit entgegengewirkt werden kann, die gesetzliche Regelung, konkret der Art. 174f der Tierseuchenverordnung, weist eine Lücke auf.

Nach Verstellen doch an die Ausstellung

Er legt fest, dass auf Viehmärkten und Viehausstellungen nur Rinder aufgeführt werden dürfen, die aus einem anerkannt BVD-freien Betrieb stammen. Nach einem BVD-Fall haben Betriebe in der Regel den Status «nicht BDV-frei» und die trächtigen Tiere sind verbringungsgesperrt, nicht aber die unträchtigen Tiere. In diesem Fall ist es illegal, aus diesem Betrieb mit einem nicht gesperrten Tier an eine Ausstellung oder einen Markt zu gehen. Hingegen ist es nicht verboten, ein solches Tier auf einen anderen, BVD-freien Betrieb zu verstellen und von da an eine Ausstellung oder an einen Markt zu gehen. Eine Regelung, die also ohne Weiteres zu umgehen ist, dafür braucht es keine Spezialisten.

Nicht zufriedenstellend

Matthias Schelling, Direktor Swissherdbook, scheint nicht restlos überzeugt von der geltenden Regelung: «Es ist sicher nicht im Sinne der Verordnung, wenn Art. 174f so ohne Weiteres umgangen werden kann. Einige Ausstellungen behelfen sich damit, dass sie verlangen, dass die Tiere in den letzten, beispielsweise 30 Tagen auf einem anerkannt BVD-freien Betrieb stehen müssen», erklärt er.

Unterschiedliche Regelungen

Für Züchter sei es im Moment schwierig, den Überblick zu bewahren, da es je nach Kanton und zum Teil sogar innerhalb von Kantonen unterschiedliche Regelungen gäbe. «Einheitliche, überall gleich angewendete Regeln würden helfen, die gegenwärtigen Unsicherheiten zu klären. Damit müsste nicht mehr jede Ausstellung eigene Regeln schaffen, um Lücken zu schliessen», sagt Swissherdbook-Direktor Matthias Schelling.

Ball bei Kantonen

Warum wird aber auf Bundesebene auf eine einheitliche Lösung verzichtet? Die Regelung gemäss Art. 174f gilt für alle Viehausstellungen und –märkte (Ausnahme Schlachtviehmärkte). Für Ausstellungen mit internationaler Beteiligung gelten zusätzliche Vorschriften. «Die Kantone oder die Ausstellungsveranstalter können Bestimmungen, die über diese national geltenden Vorgaben hinausgehen, anordnen. Dies kann je nach kantonaler Seuchenlage sinnvoll sein. Gesamtschweizerisch verbessert sich die BVD-Situation seit Anfang 2018 kontinuierlich, weshalb aktuell kein Grund für eine Überarbeitung der seuchenpolizeilichen Anordnungen für BVD auf nationaler Ebene besteht», erklärt das BLV. So obliegt die Verantwortung also den Organisatoren von Ausstellungen und Märkten. «Für regionale Viehausstellungen und -märkte sind heute die Regelungen gemäss Art. 174f grundsätzlich ausreichend. Zusätzlich können die Organisatoren die regionale Situation mit dem Kanton besprechen und Massnahmen treffen», so das BLV.

Schummeln ist verantwortungslos

Spitzenreiter in Sachen BVD-Fälle bleibt der Kanton Waadt, gefolgt vom Kanton Freiburg. Hier sieht aber der Bund keinen Zusammenhang mit den Ausstellungen oder Märkten. Auf die Frage, ob das geltende System nicht geradezu einlädt, zu «schummeln» und Tiere eben doch zu verstellen, antwortet das BLV: «Wenn Tierhalter Regelungen mutwillig umgehen und damit andere Tierhaltungen gefährden, ist dies verantwortungslos. Es ist bedauerlich, wenn solches Verhalten dazu führen sollte, dass Verbote und Einschränkungen auf ein Maximum ­gesetzt werden müssen.» Im Übrigen sei der Tierverkehr rückverfolgbar. Wenn die Umgehung der Vorschriften von den Kantonen beobachtet werde, würden diese bereits heute situationsbedingt zusätzliche Massnahmen treffen, sagt das BLV. An eine Vereinfachung ist für die Organisatoren solcher Rindviehveranstaltungen also derzeit nicht zu denken.

 

Schweizweit 46 Betriebe gesperrt

2019 wurden in der Schweiz laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) 139 BVD-Fälle gemeldet. Die meisten gesperrten trächtigen Tiere ab es im Kanton Waadt, die meisten gesperrten Betriebe in Freiburg.

In den letzten Jahren trat BVD immer seltener in der Schweiz auf.