In der Nacht auf den 11. Oktober 2019 brannte der Stall des Frauenfelder Bachhof zum zweiten Mal ab. Bereits ein Jahr später konnte der 34-jährige Meisterlandwirt Andreas Elliker einen neu erstellten Milchviehstall in Betrieb nehmen. Am Montag wurde der neue Stall des Biolandwirts von Lignum Ost, dem Dachverband der Thurgauer Holzwirtschaft, mit dem Label «Schweizer Holz» ausgezeichnet. Die Auszeichnung wird vergeben, wenn bei einem Bauobjekt über 80 Prozent Schweizer Holz verbaut wird.
Betriebsspiegel Bachhof
Name: Andreas Elliker
Ort: Erzenholzer Thurebene, Frauenfeld
Nutzfläche: 56 Hektaren. Dauergrünland: Mehr als 30 Hektaren; Kunstwiesen: 6 Hektaren; Ökowiesen; 4,5 Hektaren;Getreide 9,5 Hektaren; Mais 4,5 Hektaren.
Viehbestand: 53 Milchkühe produzieren im Moment jährlich etwa 360 000 Kilogramm Milch.
Die Region profitiert
Paul Koch, Präsident von Lignum Ost, dankte dem Bauherrn dafür, dass er den regionalen Baustoff Holz verwendete und so die Wertschöpfung in der Region bleiben konnte. «Hinter der Region stehen Lehrlinge, Planer, Handwerker und Fachleute, die Arbeit bekommen haben, hier Steuern zahlen und hier auch ihr Geld ausgeben», sagte Koch. Er bezeichnete den Neubau als Vorzeigeobjekt für die Wertschöpfung. Der Lignum-Ost-Präsident kritisierte, dass bestellfertige Hallen gebaut werden, bei denen das Holz und teilweise auch die Monteure aus dem Ausland kommen. «Wo ist da die Wertschöpfung? Sicher nicht bei uns in der Schweiz», sagte Koch. Einen kleinen «Gingg» ans Bein bezüglich der Bautätigkeiten in der Landwirtschaft bekam Maja Grunder, Co-Präsidentin des Verbands Thurgauer Landwirtschaft, die an der Feier anwesend war. Die Landwirtschaft sei angewiesen auf Leute in der Schweiz, die hier ihre Produkte kaufen, sagte Koch. Dann erwarte er auch, dass die Landwirtschaft Objekte wie etwa einen Stall mit Schweizer Holz baue.
Nur geringfügig teurer
Beim Neubau wurden über 400 Kubikmeter geschnittenes Holz verarbeitet, was etwa der doppelten Menge an Rundholz entspricht. Etwa die Hälfte davon waren Bretter und Schnittwaren. Dazu kamen 170 Kubikmeter Massivholz sowie 45 Kubikmeter Schalungen und Verkleidungen. Der Anteil an Holzkosten am rund 2,7 Millionen Franken teuren Projekt beläuft sich auf rund 200 000 Franken. Reto Gentsch, Geschäftsinhaber der Schwendimann Holzbau AG im zürcherischen Stammheim, bemerkte, dass das Einsparpotenzial beim Verzicht auf Schweizer Holz und bei einer totalen Optimierung der Kosten allenfalls bei 15 000 Franken gelegen hätte. Die Fassadenschalung wäre aus dem Ausland nicht billiger gewesen und beim Massivholz wäre der Unterschied durch die kurzen Wege zu den beiden Sägereien Keller AG in Stammheim und der Brühwiler AG in Balterswil verschwindend gering gewesen. «Beim Brettschichtholz wäre die Ersparnisse unter zehn Prozent ausgefallen», sagte Gentsch. Er war auch beeindruckt über die Solidarität in der Nachbarschaft und wie sehr die nächste Umgebung nach dem Brand geholfen hatte.
Starke Familienbande
Der Stall wurde von den Holzbaubetrieben Schwendimann Holzbau AG aus Stammheim und der Krähenbühl Holzbau AG aus Thundorf ausgeführt. Reto Gentsch, Inhaber der Schwendimann Holzbau, ist Andreas Ellikers Cousin. Roland Krähenbühl sein Schwager. Aus dem käfergeschädigten Wald von Andreas Ellikers Nachbarn Michael Büchi kam ein Grossteil des Bauholzes. Bauherr Andreas Elliker zeigte sich erfreut, dass Familie und Nachbarschaft bei der Ausschreibung berücksichtigt werden konnte – «obwohl auch sie dem knallharten Preiskampf ausgesetzt waren», wie er betonte. Und das hob er ebenfalls hervor: «Ich bin froh, wenn ich nach 14 Monaten wieder in einen Normalbetrieb komme.»
Vorteil im Bewilligungsverfahren
Planer war der Appenzeller Sepp Broger vom Landwirtschaftlichen Bau- und Architekturbüro (LBA) in Weinfelden, das dem Schweizer Bauernverband angehört. Broger bemerkte, dass das LBA grossen Wert auf eine starke Wertschöpfung durch die einheimische Holzindustrie legt. Holz habe wegen seiner Landschaftsverträglichkeit bei Bewilligungsverfahren einen Vorteil.
Der neue Milchviehstall ist 40 Meter breit und 70 Meter lang. Eine geschlitzte Bretterschalung sorgt auf der Westseite mit einer lichtdurchlässigen, winddichten und wetterbeständigen PET-Recyclingfolie für eine leicht durchlässige Fassade. Der niedrigere Gebäudeteil ist im Moment für 54 Milchkühe ausgelegt, kann aber für 62 Kühe eingerichtet werden. Zum Melken wird ein Fischgrätenmelkstand für zwei Mal sechs Kühe verwendet. Weil Kälber noch keine so grossen Abwehrkräfte gegen Keime haben, wurde ein spezieller Kälberstall gebaut.
Nutzung des Regenwassers
Im höheren Gebäudeteil ist das Heu untergebracht, das von der Dachabwärme getrocknet wird. Das anthrazitfarbene Dach mit dem darunterliegenden Sonnendach erwärmt die Luft um acht Grad. Durch eine Bodenisolierung unter dem Heustock wird der Wärmeverlust um ein Drittel reduziert. Zudem wird Regenwasser gesammelt und der Melkstand damit gereinigt. «Es wird kein Leitungswasser benötigt. Das Regenwasser ist wärmer als das Grundwasser und setzt zudem keinen Kalk im Melkstand an», sagte Andreas Elliker. Mit dem Regenwasser wird auch die Gülle verdünnt, was sie bodenverträglicher macht. Sie wird ausserdem von den Pflanzen besser aufgenommen und die Nitratauswaschungen reduzieren sich.