Er sei jetzt bald 60 Jahre alt, da dürfe er einem Jüngeren Platz machen. Werner Walter aus dem solothurnischen Riedholz war 12 Jahre lang als Viehschauexperte unterwegs. Wegen Amtszeitbeschränkung endet dieses Amt heuer. An der DV von Swissherdbook Solothurn von nächstem Donnerstag wird sein Nachfolger gewählt. Werner Walter tritt mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Es sei eine schöne Zeit gewesen, habe aber auch eine grosse Verantwortung bedeutet, resümiert er. Mit der BauernZeitung blickt der Viehschauexperte, der auch Präsident von Swissherdbook Solothurn ist, auf schöne, lehrreiche aber manchmal auch schwierige Zeiten seiner Amtszeit zurück.

Die Verantwortung ist mit den Jahren stetig angeawchsen

Werner Walter ist seit 1984 auf dem Gutsbetrieb des Wallierhofs, Riedholz, angestellt. Zunächst arbeitete er als Maschinist, später kamen die Verantwortung für die Milchkühe und den Obstbau hinzu. Daneben ist er stellvertretender Betriebsleiter. Werner Walter hatte bei seiner Wahl zum Experten ganz knapp das Rennen gegen einen Mitbewerber gemacht. «Für mich war super, dass der nach einem Jahr dann doch auch noch gewählt wurde, da ein anderer aufgehört hatte», erinnert er sich. Beim Beginn seiner Expertenzeit hatte noch jeder Kanton seine eigenen Schaukommission und damit unterschiedliche Punktierungskriterien. Swissherdbook wollte, dass die Punktierungen professioneller und einheitlicher werden. Werner Walter war in der Kommission, welche die Umstellung plante, als Solothurner Vertreter mit dabei. «Für mich war das ideal, ich konnte mitreden», erinnert er sich. Auch er habe Vorschläge für die Punktierungskriterien gemacht, um dem Zuchtziel gerecht zu werden. Alle hätten dabei Kompromisse eingehen müssen, bis die Kriterien standen.

Die Tierzahl ist massgebend für die Anzahl Experten, die ein Kanton stellen kann

Seit der Umstellung im Jahr 2015 wird die Anzahl Experten, die ein Kanton stellen kann, anhand der Tierzahlen im jeweiligen Kanton bestimmt. Früher hatte der Kanton Solothurn fünf Experten, jetzt sind es noch zwei. Als Werner Walter 2009 in die Viehschaukommission gewählt wurde, war seine Freude gross. «Für mich als Nichtbauernsohn war das grossartig», erzählt er. Zudem hätte er das Amt des Viehschauexperten gerne schon viel früher ausgeübt. Bereits als junger ausgebildeter Landwirt hat er die Prüfung absolviert. Dass es dennoch erst so spät klappte, hat mit den strengen Kriterien zu tun, die ein Nachfolger zu erfüllen hat. Trat beispielsweise ein Experte aus der Partei der CVP ab, musste der Nachfolger ebenfalls CVP-Mitglied sein. Ausserdem musste der Nachrutschende aus demselben Bezirk stammen wie sein Vorgänger. Deshalb hat es eben für den jungen Werner Walter nie gereicht. Und so kam es, dass er die Prüfung dreimal neu absolvieren musste, damit sie immer aktuell war. Das sei zwar mühsam gewesen, habe aber den Vorteil gehabt, dass er immer à jour gewesen sei, was das Wissen in der Viehzucht anbelangt.

Viehzucht, das ist das Stichwort, bei dem Werner Walter ins Schwärmen gerät. «Mein Ding war immer, dass die schönste Kuh zuvorderst steht. Diejenige, die ich persönlich gerne mitgenommen hätte und die am nächsten ans Zuchtziel rankam. Egal, ob deren Besitzer einen bekannten Namen hatte oder nicht.» Mit dieser Strategie sei er all die Jahre gut gefahren. Über seine Expertenzeit weiss Werner Walter so einige Müsterli zu erzählen. So war er etwa an einer Schau im Kemmeriboden-Bad. Ein junges Mädchen, geschätzt etwa 13 Jahre alt, habe eine Kuh in der dritten Klasse vorgeführt, vermochte diese jedoch fast nicht zu halten. Die Kuh war ausserdem die Schönste und machte den ersten Rang. Werner Walter freute sich in seinem Kommentar und meinte: «Super, wie sich das Meitli eingesetzt hat, die Kuh zu halten. Und dann wird sie noch erste. Das ist doch Zukunft für die Viehzucht!»

Der Name des Besitzers spielt keine Rolle

Ein anderes Mal war er bei jemandem, zur Hofpunktierung eingeteilt, der einen etwas bekannteren Namen hatte. Viele Menschen, darunter weitere bekannte Namen, fanden sich ebenfalls auf dem Hof ein. Eine teure Kuh, die der Landwirt im Oberland gekauft hatte, stand zur Punktion. Er erhoffte sich die Maximalpunktzahl von 4444. Wegen eines leichten Stellungsfehlers und der etwas fehlenden Feinheit reichte es jedoch nur zu einem sehr guten und nicht zu einem vorzüglichen Bein, was sich in der Note 4344 niederschlug. Der Viehzüchter ging in den Rekurs, akzeptierte dann aber die Begründung von Werner Walter. «Es bringt der Zucht nichts, wenn Punkte verteilt werden, nur weil der Besitzer einen bekannten Namen hat», meint der Experte bestimmt. Dass die Viehzucht mit vielen Emotionen beladen ist, hat Werner Walter oft erfahren. Er blieb jedoch immer ruhig und sachlich, auch wenn ihm starke Emotionen und Kritik von unzufriedenen Züchtern entgegen schwappten. Ein Polteri könne aber ganz sicher nicht Viehschauexperte werden, macht er deutlich. Sein Ziel war es, sich stets zu verbessern was das Kommentieren anbelangte.

Die Expertenzeit ist eine gute Lebensschule

Und noch eines macht er deutlich: «Mir lag es sehr am Herzen, dass wenn einer emotional wurde, ich im nächsten Jahr alles Erlebte auf null zurückstellte und dessen Tiere ohne jeglichen Groll oder Vorurteile beurteilte.» Die Expertenjahre sieht Werner Walter auch als gute Lebensschule. Sein Zuchtwissen sei immer auf dem neusten Stand gewesen, was auch seiner Arbeit am Wallierhof zu Gute kam. Zudem habe er an persönlicher Stärke zugelegt. Dass während der ganzen Zeit seine Frau Antonia und die mittlerweile erwachsenen beiden Kinder ihm den Rücken stärkten und hinter ihm standen, schätzt er sehr. Nun naht das Pensionsalter langsam, aber Walter bereitet das keine Sorgen. Er habe genügend Hobbys. Da wären etwa die Grosskinder, die Imkerei oder das Schneiden von Bäumen in Privatgärten. Er ist ausgebildeter Baumwärter. Ausserdem gibt er gerne sein Wissen in Baumschnittkursen weiter. Auch das ist eine grosse Leidenschaft. Werner Walter steckt viel Herzblut rein und schneidet auf Produktion und nicht nur auf die Schönheit. Das ist ihm sehr wichtig. Und da wären da auch noch seine heilenden Hände, wie er zum Schluss gesteht. Nebst der Homöopathie, die er bei den Tieren einsetzt, arbeitet er gelegentlich auch noch als Handaufleger. Bereits als junger Mann habe ihm eine Frau gesagt, er habe heilende Hände. So konnte er einmal an einer Viehschau eine Kuh beruhigen, die durchbrennen wollte, indem er nur vor sie hin stand. Er habe sie nicht berührt, das Tier jedoch mit seiner Energie, die er ausstrahlte, beruhigen können. Die Ruhe selbst bei Mensch und Tier, also.

Zur Person Werner Walter

Werner Walter ist stellvertretender Betriebsleiter auf dem Gutsbetrieb des Bildungszentrums Wallierhof, Riedholz. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau Antonia im Dorf Riedholz. Er ist verantwortlich für das Milchvieh sowie den Obstbau. Während 12 Jahren war er als Viehschauexperte unterwegs. Seine Hobbys sind die Imkerei sowie Bäume schneiden und Baumschnittkurse geben.