Diesen Sommer erwog das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), Werbung für Billigfleisch zu verbieten (wir berichteten). Denn: Rabatte für Fleisch aus dem Ausland entsprechen nicht der Wertigkeit von Fleisch und seien für einem nachhaltigen Konsum nicht förderlich, so das BLW. Schon viele Jahre zuvor versuchten Personen aus dem Parlament an der subventionierten Absatzförderung von Fleisch zu rütteln – vergebens (Auflistung nicht abschliessend).
Interpellation Beat Jans, März 2015: Nationalrat Beat Jans (SP/BS) reicht die Interpellation «Staatliche Fleischwerbung im Widerspruch zum Ressourcenschutz» ein, worin er die Herkunft der Werbegelder für die Kampagne «Schweizer Fleisch. Alles andere ist Beilage» in Frage stellte. Der umweltschädliche Fleischkonsum solle generell nicht unterstützt werden. Er bemängelte, dass das Jahreseinkommen von Proviande von 20 Millionen Franken zu fast zwei Dritteln aus der Bundeskasse alimentiert werde.
Antwort des Bundesrates, Mai 2015: Der Bundesrat antwortet auf alle Fragen der Interpellation, relativierte die Kritik von Nationalrat Jans jedoch.
Fünf Jahre vergehen ...
Motion Munz, 24. September 2020: Ende September 2020 reicht Nationalrätin Martina Munz (SP/SH) die Motion «Fleischwerbung nur für Produkte der Tierwohlprogramme» ein. Im November 2020 beantragt der Bundesrat die Ablehnung der Motion. In den Räten wurde das Anliegen bisher noch nicht behandelt.
Postulat Meret Schneider, 17. Juni 2021: Die Grüne-Nationalrätin (ZH) ersucht den Bundesrat im Form eines Postulates zu prüfen, «wie im Dialog mit dem Detailhandel und anderen Akteuren im Ernährungssektor Werbung und Aktionen auf Produkte, welche den Ziele der Ernährungsstrategie des Bundes zuwider laufen, vermieden werden könnten».
Stellungnahme des Bundesrates, 18. August 2021: «Die Schweizer Ernährungsstrategie soll die Ernährungskompetenzen der Bevölkerung so stärken, dass die Konsumentinnen und Konsumenten eine bewusste Kaufentscheidung treffen können. Nicht vorgesehen ist hingegen eine allgemeine Einschränkung oder gar ein Verbot von Werbung an Erwachsene für ‹ungesunde› Produkte».
Fragestunde, 14. September 2021: Martina Munz (SP/SH) stellt die Frage, ob der Bundesrat bereit ist, mit der Europäischen Union gleichzuziehen und Dumping-Fleischwerbung zu verbieten oder mindestens einzuschränken.
Die starken Preisabschläge bei Aktionen seien oft reine «Frequenzbringer», wie dies auch vom Bundesamt für Landwirtschaft beanstandet wird. Dies sei eine Entwicklung, die den Bemühungen des Bundes um eine nachhaltigere Ernährungspolitik nicht Rechnung trage, so Nationalrätin und Agronomin Martina Munz.
Daraufhin antwortet der Bundesrat am 20. September 2021: Gestützt auf Art. 12 des Landwirtschaftsgesetzes unterstützt der Bund die Absatzförderung von Fleisch nur, wenn es sich um Schweizer Produkte handelt. Die geförderten Kommunikationsmassnahmen sollen die Vorteile von in der Schweiz produziertem Fleisch bekannt machen.
Zudem ist es ein Ziel, die Präferenz der Konsumenten für Schweizer Produkte zu erhöhen und damit den Anteil der billigeren Importprodukte zu reduzieren. Für Werbemassnahmen des Detailhandels gibt es keine Rechtsgrundlage, um allfällige Einschränkungen einzuführen.
Debatte entfacht
Die Stimmen gegen die Absatzförderung von Fleisch werden lauter, was diesen Sommer eine generelle Debatte auslöste. Sollte der Absatz von Fleisch überhaupt durch den Staat unterstützt werden? Das BLW prüft das Anliegen im September 2021. Die Fleischbranche und der Schweizer Bauernverband seien zwar auch gegen die Werbung von Billigfleisch aus dem Ausland, stellen sich jedoch offensichtlich gegen ein generelles Werbeverbot von Fleisch.
Der Nationalrat lehnt die Petition ab, 1. Oktober 2021: Mit 108 zu 83 Stimmen lehnt der Nationalrat eine Petition ab, die die Bundesgelder für die Absatzförderung von Fleisch abschaffen wollte. Damit verfolge man nicht das Ziel, den Fleischkonsum anzukurbeln. Vielmehr gehe es darum, dass wenn, dann Schweizer Fleisch gekauft wird.
Aus Sicht der Minderheit ist es ein Widerspruch, einerseits Steuergelder in tierische Produkte zu investieren und andererseits nationale Ziele im Bereich des Klimaschutzes, einer nachhaltigen Umweltpolitik und einer gesundheitsbewussten Ernährung zu verfolgen. Mit dem Entscheid des Nationalrats ist der Vorschlag vom Tisch.