Wie oft haben Sie in der letzten Woche «Ja» gesagt, statt einem ehrlichen «Nein» den wohlverdienten Platz zu geben? Zum Beispiel bei der typischen Telefon-Frage «Hast du kurz Zeit?» Wenn wir ehrlich sind, sieht es dabei oft so aus: Eigentlich passt der Moment überhaupt nicht. Trotzdem antworten wir oft mit «Ja, kurz – weil du es bist.» Und dann dauert der Anruf doch 30 Minuten. Zeit, die man für etwas ganz anderes einsetzen wollte. Etwa, um das Mittagessen sorgfältig herzurichten, ein Paket rechtzeitig auf die Post zu bringen oder sich gut für eine Sitzung vorzubereiten. Jetzt fehlen uns dabei 30 Minuten und wir fühlen uns gestresst.
Warum wir so ungern Nein sagen
Warum fällt es uns oft so schwer, «Nein» zu sagen? Häufig sind es folgende Gründe:
- die Angst, etwas zu verpassen
- die Befürchtung, jemanden zu enttäuschen
- die Angst vor Kritik und Ablehnung
- die Scheu vor Konflikten
Die Angst, etwas zu verpassen, hängt mit der Angst vor Mangel zusammen. So nehme ich zum Beispiel ein supergünstiges Spezialangebot trotz Zweifeln an, weil ich Angst habe, dass eine solche Chance so schnell nicht wieder kommt. Oder ich gehe trotz Überlastung zu einem Vereinstreffen, weil ich Angst habe, dass mir sonst wichtige Informationen fehlen. Doch ganz ehrlich: Haben wir in unserem Leben wirklich etwas Entscheidendes verpasst, weil wir einmal ein Angebot abgelehnt haben?
Jemanden zu verärgern, zu enttäuschen oder mit einem «Nein!» sogar einen Streit zu riskieren, ist ein weiterer Grund, für ein unehrliches «Ja» anstatt einem aufrichtigen und klaren «Nein!». Was hilft? Anstatt dem Gegenüber ein «Nein, sicher nicht!» an den Kopf zu schmettern, hilft eine dreistufige, achtsame Antwort.
Die Ja-Nein-Ja-Formel
Schritt 1: Ja, ich habe dein Anliegen gehört: «Ja, ich höre, dass du jetzt gerade mit mir telefonieren möchtest. Das verstehe ich.»
Schritt 2: Nein, ich will mich jetzt nicht verpflichten: «Jetzt geht es leider nicht. Ich habe heute zehn Personen am Mittagstisch und habe mir extra vorgenommen, genügend Zeit für die Vorbereitung einzuberechnen.»
Schritt 3: Ja, ich bleibe weiter in Beziehung zu dir: «Können wir heute Abend telefonieren?» oder «Wir sehen uns ja morgen. Dann können wir alles in Ruhe besprechen.»
Wir bleiben also in Kontakt mit diesem Menschen, obwohl wir auf seine Frage ablehnend antworten. Mit diesem dreistufigen Vorgehen fällt es viel leichter, dem Chef, der Schwiegermutter oder der Vereinspräsidentin mit einem netten, aber klaren «Nein» zu antworten.
Wichtig ist dabei, immer ehrlich und authentisch sich selbst gegenüber zu bleiben. Denn ein freundliches «Ja-Nein-Ja», das mit Notlügen oder falschen Ausflüchten gespickt ist, hinterlässt ein ebenso schales Gefühl, wie ein unehrliches «Ja».
Zur Person
Tanja Pfannmüller ist Coach und Mediatorin. Sie lebt und arbeitet in Utzigen, Bern und ist unter anderem im «Netzwerk Mediation im ländlichen Raum» aktiv.
Mehr Infos unter:
www.leenan.net
www.hofkonflikt.ch
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