In den Bildungsverordnungen ist vorgeschrieben, dass die berufliche Grundbildung alle fünf Jahre überprüft werden muss. Die nächste Revision steht 2022 bis 2023 an. Im Berufsfeld Landwirtschaft läuft bereits jetzt eine interne Umfrage, wie Petra Sieghart, Leiterin des Geschäftsbereichs Bildung des Schweizer Bauernverbands (SBV), erklärt. Sie führt auch das Sekretariat der Organisation der Arbeitswelt (OdA) AgriAliForm, die zehn Mitgliedorganisationen aus dem Berufsfeld Land- und Pferdewirtschaft vereint.

BauZ: Warum braucht es jetzt schon eine interne Umfrage?

Petra Sieghart: Dieser Prozess dauert, vor allem, wenn man ihn breit abstützen will. Deshalb wollten wir rechtzeitig anfangen. Es geht um die Frage der Kompetenzen, also darum, was Landwirte EFZ und auch die Absolventen in den anderen land-wirtschaftlichen Berufen im Jahr 2030 können müssen. Sie sollten am besten Eier legende Wollmilchsäue sein, was natürlich nicht geht. Da ist zu klären, was wirklich in die Grundbildung gehört und was in der höheren Berufsbildung untergebracht werden kann.

In diesem Zusammenhang wird ja immer mal wieder die Forderung laut, die Dauer der Lehre(n) in der Landwirtschaft von drei auf vier Jahre zu erhöhen.

Genau, das ist eine der fundamentalen Fragen. Es gibt Argumente dafür und dagegen. Ich tendiere persönlich eher zu drei Jahren. Ich bin der Meinung, dass man die Grundbildung nicht gnadenlos überladen sollte und stattdessen eher zu Weiterbildung ermutigen sollte. Es kann aber durchaus sein, dass mich im Zuge der internen Konsultation auch eine Lehrdauer von vier Jahren überzeugen könnte.

Gewisse Lehrmeister sind der Meinung, dass die Lernenden im dritten Lehrjahr zu viel in der Schule sind.

Die Verteilung der Lektionen über die Lehrdauer ist eine weitere offene Frage. Also, verteilt man die Lektionen linear, sprich gleichmässig über die Lehrjahre? Oder macht es mehr Sinn, wenn besonders viele Lektionen zu Beginn bzw. zum Ende hin stattfinden?

Was sind weitere offene Fragen?

Etwa, wie viele landwirtschaftliche Berufe es geben soll. Aktuell ist Geflügelfachmann(frau) EFZ ein eigener Beruf. Da kann man sich zum Beispiel fragen, ob es nicht auch noch das Berufsbild Schweinezüchter(in) EFZ brauchen würde. Oder ob man nicht besser eine gemeinsame Grundbildung von zwei Jahren und eine anschliessende Spezialisierung einführen könnte.

Im Rahmen der Agrarpolitik 2022+ soll die Ausbildungsanforderung verschärft werden. Um Direktzahlungen zu erhalten, soll offenbar neben dem Lehrabschluss EFZ auch der Besuch dreier betriebswirtschaftlicher Module nötig werden.

Die AP 2022+ wird die Berufsbildung ebenfalls beeinflussen. Für uns ist es aktuell schwierig, etwas dazu zu sagen, weil wir noch keine genauen Informationen haben, was der Bund im Detail will. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass ein EFZ-Abschluss zur Direktzahlungsberechtigung genügen sollte. Gleichzeitig stimmt es, dass das Thema Betriebswirtschaft in der Lehre zu kurz kommt. Das ist ein Widerspruch, das ist mir bewusst. Grundsätzlich gilt sicher, dass man – wenn man einen eigenen Betrieb führen will – aus eigenem Antrieb nach dem EFZ-Abschluss noch Weiterbildungen besuchen sollte, im Minimum die Berufsprüfung, wenn möglich auch die Meisterprüfung.

Wer darf bzw. soll in der internen Konsultation alles Stellung nehmen? Und wann sind erste Resultate zu erwarten?

Wir haben den detaillierten Fragebogen vor etwa vier Wochen an alle Mitgliedorganisationen der OdA AgriAliForm verschickt, mit der Bitte, ihn möglichst breit zu streuen. Uns ist wichtig, dass wir auch Rückmeldungen von Lehrmeistern oder ehemaligen Absolventen erhalten. Alle können bis am 31. Januar 2020 Stellung nehmen, vorzugsweise über ihre jeweilige Berufsorganisation. Das Auswerten wird seine Zeit dauern. Wir gehen davon aus, bis zu den Sommerferien ein erstes internes Dokument zu haben. Im Herbst 2020 können wir dann voraussichtlich erste Resultate öffentlich machen.

Interview Jeanne Woodtli