Koni Lustenberger rauscht auf seinem Bike heran. Er hat nur zehn Minuten Verspätung. «Mein Navi hat mich im Gaggo rumgeführt, die Regentropfen scheinen ihm zuzusetzen», sagt Lustenberger ein wenig ausser Atem. Wir treffen den Agronomen in Burgdorf BE. Hier ging vor neun Jahren das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) über die Bühne. Lustenbergers Blick schweift über das Areal. Hier war er zum letzten Mal vor neun Jahren – hat Matthias Sempach jubilieren sehen. Er, der damals als grosser Favorit galt. «Eigentlich habe ich gehofft, dass mich Mätthu heute von Langenthal BE nach Burgdorf begleitet, aber er fahre nicht gerne Velo, hat er mir gesagt», sagt Lustenberger und schmunzelt.

Selbst Teil der Schwingerszene 

Der Luzerner befindet sich in Burgdorf auf der Durchreise. Sein Projekt lässt sich sehen. Er fährt alle Plätze ab, auf denen – seit seiner Geburt in den Siebzigerjahren – ein ESAF stattfand. Natürlich hat er Bezug zum Nationalsport, stand lange selbst aktiv im Sägemehl und engagiert sich auch heute noch – sei es als Kampfrichter oder für die Jugend im Schwingkeller. Die hätten ohnehin mehr Unterstützung nötig, erklärt Lustenberger. Denn der Sport kämpft trotz seiner deutlich gestiegenen Popularität mit Nachwuchsproblemen. «Wir müssen die Jungen mehr betreuen, sie besser begleiten, einerseits im Training, andererseits auch im Übergang zu den Aktiven. Konditionstraining ist dabei ein Fremdwort. Dieser Sport hat sich verändert, da müssen wir Schritt halten», ist der ehemalige Schwinger sicher.

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Start in Chur, Ende in Sitten

Rund die Hälfte der gesamthaft 17 Plätze hat er bereits abgefahren. Gestartet ist er in Chur GR, wo das ESAF 1995 über die Bühne ging. König wurde Thomas Sutter. 2004 stand der Appenzeller in Luzern dann noch einmal im Schlussgang. Er unterlag allerdings Jörg Abderhalden, der den Königstitel gleich dreimal trug. Lustenbergers letzte Destination auf der Reise durch die schwingende Schweiz ist Sitten VS. Am Samstag will er dort ankommen, da, wo 1986 Harry Knüsel den grossen Favoriten Ernst Schläpfer bezwang durch Abfangen eines Brienzers. Er war der erste Innerschweizer König seit Bestehen des Eidgenössischen Schwingerverbands.


Austragungsorte und Könige

Koni Lustenberger besucht per Fahrrad alle ESAF-Fest-plätze, auf denen seit seiner Geburt um den begehrten Königstitel geschwungen wurde, oder – im Fall von Pratteln BL – heuer geschwungen wird. Seine grosse Velotour führt den Innerschweizer quer durch das ganze Land. An folgenden Orten wurde seit Lustenbergers Geburt ein ESAF ausgetragen:

  • 1974: Ibach SZ Rudolf Hunsperger
  • 1977: Basel Arnold Ehrensberger
  • 1980: St. Gallen Ernst Schläpfer
  • 1983: Langenthal BE Ernst Schläpfer
  • 1986: Sitten VS Harry Knüsel
  • 1989: Stans NW Adrian Käser
  • 1992: Olten SO Silvio Rüfenacht
  • 1995: Chur GR Thomas Sutter
  • 1998: Bern Jörg Abderhalden
  • 2001: Nyon VD Arnold Forrer
  • 2004: Luzern Jörg Abderhalden
  • 2007: Aarau AG Jörg Abderhalden
  • 2010: Frauenfeld TG Kilian Wenger
  • 2013: Burgdorf BE Matthias Sempach
  • 2016: Estavayer-le-Lac FR Matthias Glarner
  • 2019: Zug Christian Stucki
  • 2022: Pratteln BL 

Aus Freude und als Botschafter

Unterwegs hat Koni Lustenberger, der vielen als Kuhfotograf bekannt ist, «herrliche Begegnungen». So zum Beispiel mit dem OK des ESAF in Luzern 2004. Die vier Herren seien alle im «Original-Hemd» angerückt. «Das hat mich enorm gefreut und natürlich motiviert», erzählt Lustenberger. Damals habe man ein Schwingfest noch mit einem Bruchteil des heutigen Budgets organisiert. Der ehemalige Schwinger spricht im Fall von Pratteln BL, wo das ESAF am letzten Augustwochenende über die Bühne geht, von 36 Millionen Franken.

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Trotz seiner Popularität hat der Schwingsport etwas nötig. Lustenberger fährt zur Freude, aber auch für den Nationalsport durch die Schweiz – vielleicht ein wenig als Botschafter, auch wenn er das nicht sagt. Wir haben mit ihm über seine Motivation gesprochen. Ein Film dazu wird kommende Woche auf hier auf der Website der BauernZeitung zu sehen sein. Dann wissen wir auch, ob er seine Reise bis nach Sitten planmässig abschliessen konnte.