Kein «Worscht-Chäs-Fescht» in der Markthalle Toggenburg in Wattwil, kein GP von Sargans in der Markthalle Sargans-Werdenberg in Sargans, keine Viehauktionen in der Bündner Arena in Cazis. Dass dieses Jahr so viele Anlässe nicht stattfinden können, stellt die Betreiber dieser Lokalitäten vor grosse Herausforderungen. Die BauernZeitung hat bei den Markthallen Toggenburg und Sargans (beides Genossenschaften) und bei der Graubünden Vieh AG, zu der die Bündner Arena gehört, nachgefragt.
Nur ein Bruchteil der Veranstaltungen
In einem «normalen» Jahr gehen die Betreiber von 80 bis 130 Veranstaltungen (landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche) in den drei Hallen aus.
- Bündner Arena: 80 bis 85 Veranstaltungen pro Jahr, davon 70 Prozent landwirtschaftliche. 2020 werden es höchstens 55 Anlässe sein, davon 30 Schlachtviehmärkte.
- Markthalle Sargans: 120 bis 130 Veranstaltungen pro Jahr, davon 25 Prozent landwirtschaftliche. 2020 werden es 50 Anlässe sein (inklusive Schlachtviehmärkte).
- Markthalle Toggenburg: 100 bis 110 Veranstaltungen pro Jahr, davon 90 Prozent landwirtschaftliche. 2020 werden es rund 75 Anlässe sein (inklusive Schlachtviehmärkte).
Die öffentlichen Schlachtviehmärkte fanden mit einem Unterbruch von Mitte März bis Mitte Mai statt. Dazu sagt Christoph Good, Präsident der Genossenschaft Markthalle Sargans: «Wir mussten enorm flexibel sein. Jeder Schlachtviehmarkt muss individuell beurteilt und organisiert werden. Dennoch sind diese als Chance einzuordnen.» Auch von Seiten der Graubünden Vieh AG heisst es, man versuche die öffentlichen Märkte um jeden Preis aufrechtzuerhalten. «Wir sind dazu auch mit einem Leistungsauftrag verpflichtet», hält Christian Parli, Geschäftsführer der Graubünden Vieh AG, fest.
Auktionen hingegen konnten nur zum Teil oder gar nicht durchgeführt werden. Schauen fanden, wenn überhaupt, nur im September statt. Die Stierenschau in Wattwil war eine von wenigen.
Bis zu 80 Prozent Verlust
Dass die Veranstaltungen derart eingebrochen sind, stellt die Genossenschaften respektive die Graubünden Vieh AG vor grosse Herausforderungen. «Die finanziellen Einbussen sind enorm», nimmt es Christoph Good vorne weg. Er schätzt die Verluste für die Genossenschaft Markthalle Sargans auf 80 Prozent, «wenn die Situation nicht besser wird». Diese Krise, so Good, werde längere Auswirkungen auf die Geschäfte haben.
Christian Parli rechnet mit 75 Prozent weniger Einnahmen für die Bündner Arena. Dank Reserven werde man die schlechten Ergebnisse überstehen, auch wenn es schwierig werde. Er gibt aber zu verstehen: «Sollte sich die Corona-Situation nicht grundlegend ändern, werden wir wahrscheinlich nicht um personelle Konsequenzen herumkommen.»
«Dunkelblaues Auge» für die Markthalle Toggenburg
Mit einem «dunkelblauen Auge» kommt man voraussichtlich bei der Markthalle Toggenburg davon, «sofern sich die Situation für 2021 wieder einigermassen normalisiert». So formuliert es Genossenschaftspräsident Reto Meile. Die Markthalle Toggenburg stehe auf einem soliden Fundament. Natürlich würden die Grossveranstaltungen fehlen, die einen bedeutenden Teil des Umsatzes ausmachen. «Wir werden diese und auch kommende Herausforderungen meistern», zeigt er sich vorsichtig optimistisch.
Vorfreude auf eine Zeit nach Corona
Fehlen tut aber nicht nur das Geld. Es fehlt auch das Soziale, die Kontaktpflege und der Austausch mit Berufskollegen. Reto Meile sagt: «Mir fehlten natürlich alle Anlässe. Dass praktisch keine Viehausstellungen stattgefunden haben, ist für den Treffpunkt und die Geselligkeit sicher ein grosser Verlust.» Auch Christian Parli meint: «Mir fehlen insbesondere die gesellschaftlichen Anlässe, bei welchen die Anwesenden sich austauschen und frei bewegen konnten.» Stets musste mit der Gemeinde und dem Kanton abgeklärt werden, ob ein Anlass den ständig wechselnden Vorgaben entspricht.
Pragmatisch optimistisch äussert sich Christoph Good: «Nach vielen Umstrukturierungen bei der Markthalle Sargans wollten wir möglichst viele neue Kunden gewinnen. Neu gewonnene Kontakte liegen nun brach und vor allem die Grossveranstaltungen fanden nicht statt.» Nun gelte es für die Markthalle, zu überleben. «Dennoch freue ich mich auf eine Zukunft nach Corona. Mit einem motivierten Team und hoffentlich vielen spannenden Veranstaltungen werden wir die Markthalle Sargans wieder beleben.» Wie ihm dürfte es wohl manch einem gehen.