Das Einzige, was hier glüht, ist die Kasse – und auch ein wenig die Gesichter des nicht zu beneidenden Verkaufspersonals. Es wimmelt von kaufwütiger Kundschaft und ich, das Landei, bin mittendrin in diesem riesigen Einkaufsgeschäft, zwischen Bergen von aufgetischter Ware und aufdringlicher Jingle-Bells-Hintergrundmusik.
(K)eine Adventsstimmung
Advent, Advent, die Stimmung brennt, geht es mir durch den Kopf, als sich eine andere Kundin lautstark beschwert. Sie muss ihrer Ansicht nach unanständig lange warten, bis sie bedient wird.
Ich habe meine Siebensachen glücklicherweise zusammen und erwidere dankbar das freundliche Lächeln der Kassiererin, die unerschütterlich Waren einscannt und deren Kassenschlange wohl bis zum Feierabend nie mehr kleiner wird. Im nächsten Laden bietet sich ein ähnliches Bild, das Landei scheint definitiv nicht die einzige Weihnachtsshopperin zu sein.
Keine Zeit zum Essen
Auf der Jagd nach einer Handcreme bin ich in der Drogerieabteilung angekommen, als ich ein merkwürdiges Verkaufsgespräch mitbekomme. Eine Kundin erklärt ihr Anliegen folgendermassen: «Ich habe regelmässig zu wenig Zeit, um etwas zu essen. Was können Sie mir empfehlen?» Hä!? Ich weiss nicht, ob ich mich verhört habe, und schaue mich gleichzeitig nach allenfalls versteckten Kameras um. Vielleicht meinte sie ja «keine Zeit zum Kochen»!? Aber nein, die erbarmenswerte Frau mittleren Alters hat keine Zeit zum Essen. Ich bin neugierig, aber mein Gewissen meldet sich und so gehe ich halt weiter zur nächsten Abteilung.
Aber in der Gedankenwelt rattert es und eine grosse Dankbarkeit kommt auf, dass ich nach meinen Einkäufen nach Hause gehen und für meine Familie ein Mittagessen kochen darf. Dabei sogar noch hofeigene Produkte einsetzen zu können, ist ein riesiges Privileg. Kommt dazu, dass Essen eine äusserst soziale Angelegenheit ist. Alle kommen am Küchentisch zusammen, um gemeinsam zu essen und sich auszutauschen. Schon in der Kindheit durfte ich Glückspilz diese Momente des Beisammenseins geniessen.
Prioritäten setzen
Zufälligerweise ist die «Keine-Zeit-zum Essen-Frau» beim Bezahlen gleich vor mir an der Reihe. Sie gibt eine horrende Summe für diverses Pülverlizüg und zwei Schüttelbecher aus. Ob das quasi ein Weihnachtsgeschenk an sich selber sei, Zeitersparnis durch überflüssiges Kochen, Essen- und Lebensmittel-Besorgen, möchte ich sie gerne noch fragen!? Aber dafür bleibt keine Gelegenheit, sie verrät der Dame an der Kasse, dass sie arg im Schuss sei, weil sie gleich noch einen Termin im Nagelstudio habe, und hastet davon.
Voilà, einmal mehr zeigt sich deutlich: Es ist keine Frage der Zeit, es ist eine Frage der Priorität. Auf dem Nachhauseweg sinniere ich meinen Prioritäten nach, das tut gut. Vorrang und die grösste Bedeutung hat für mich immer die Familie. Ich freue mich, die Advents- und Weihnachtszeit in diesem Umfeld in vollen Zügen zu geniessen. Dieses grösste aller Geschenke ist alles andere als selbstverständlich. Darauf sage ich: Advent, Advent, unser Lichtlein brennt ganz bestimmt.