Eine Attraktion braucht jeder Adventsmarkt. Dieser Meinung sind Karin und Philipp Hengartner. Und sie müssen es wissen, denn auf ihrem Hof oberhalb von Olten bieten sie morgen und übermorgen (30. November und 1. Dezember) zum 21. Mal den Adventsmarkt Ruttigerhof an. Ihre Attraktion wird am Samstagabend das beleuchtete Feuerwehrfahrzeug sein. Die Kinder können Probe sitzen und es wird auch möglich sein, Fotos zu machen. Daneben ist seit vielen Jahren das Lagerfeuer, auf dem selbst Würste gebraten werden können, ein Anziehungspunkt für die Besucherinnen und besonders für die männlichen Besucher. So erklärt Karin Hengartner: «Es gibt einige Männer, die sagen, dass unser Adventsmarkt wegen des Lagerfeuers der einzige sei, den sie besuchen würden.»
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So begann alles
Auf die Idee, einen Adventsmarkt auf dem Hof anzubieten, kamen Hengartners im Jahr 2005. Damals haben Karin Hengartner und ihre Schwägerin noch getöpfert und wollten die Produkte verkaufen. «In der Umgebung gab es damals keine kleinen, herzigen Märkte.» Und so reifte bald die Idee, einen eigenen Markt auf die Beine zu stellen, erinnert sich die Bäuerin. «Wir haben Marktfahrer gesucht, die Eigenes herstellen, und die Nachfrage war da», erklärt der Betriebsleiter. Seine Frau ergänzt: «Unser Merkmal sind natürliche, selbst gemachte Produkte.»
Tipps für einen eigenen Markt
Familie Hengartner verrät ein paar Dinge, worauf zu achten ist, und was es zu bedenken gilt, wenn man einen eigenen Hof-Märit aufbauen will:
- Nicht zu viele ähnliche Angebote ringsum.
- Ansonsten Alternativen prüfen, wie Oster- statt Weihnachtsmarkt.
- Attraktionen und Essensangebote ziehen die Leute an.
- Viel Freude nötig, so etwas zu organisieren.
- Viele helfende Hände sind unabdingbar.
- Kostendeckend arbeiten geht nur mit entsprechend hoher Standgebühr oder Sponsoren.
- Vereine wie Frauenverein anfragen, Angebote wie Kaffeestube/Raclettestube auf eigene Rechnung zu führen.
- Vielseitige Auswahl betreffend Standbetreibern treffen (z. B. nicht drei Anbieter von Honig zulassen).
- Mögliche Standbetreiber auf anderen Märkten suchen und fürs nächste Jahr anfragen.
- Organisation mit Anfrage und Planung der Standbetreiber ist eine ganzjährige Aufgabe, die durchs Jahr hindurch immer wieder Arbeit gibt.
- Bei eintägigen Angeboten reichen Marktstände. Bei mehrtägigen Märkten müssen die Waren stehengelassen werden können, etwa in abschliessbaren Märithäuschen.
Der Wechsel von einem auf zwei Markttage
Über zehn Jahre lang fand der Markt an einem Tag statt. Die meist um die 30 Standbetreiber boten ihre Waren an offenen Marktständen an. 2017 erfolgte der Wechsel auf zwei Markttage. Da die Standbetreiberinnen über Nacht die Waren vor Ort stehenlassen, erfolgte der Wechsel weg von den Ständen hin zu abschliessbaren Verkaufshäuschen. Wurden diese zunächst gemietet, hat Familie Hengartner die Häuschen bald einmal gekauft. [IMG 3]
Die Organisation ist aufwendig
Wenn Karin und Philipp Hengartner von ihrem Adventsmarkt berichten, sind zwiespältige Gefühle spürbar. Einerseits ist es eine grosse Freude, andererseits aber auch eine gewisse Müdigkeit. Philipp Hengartner beschreibt es so: «Wir machen das aus Freude, nicht um Geld zu verdienen!» Dies bestätigt Karin Hengartner, sie sagt aber auch: «Das Organisieren wird immer aufwendiger.» Dies würde mehr Aufwand bedeuten als das jährliche Leerräumen und Putzen der Gebäude, Zusammenbauen der Häuschen, Einrichten von Strom und Licht und wieder Rückbauen. «Kurz vor dem Anlass verleidet es uns mit der Mehrarbeit schon», gesteht der Landwirt. Sobald der Märit aber losgehe, seien diese Gefühle weggeblasen und die Freude überwiege. Zu den Spitzenzeiten vor Corona zählte der Adventsmarkt des Ruttigerhofs gegen 50 Stände. Das habe sich nach der Pandemie geändert.
«Wir müssen viel Zeit investieren, damit wir 25 bis 30 Standbetreiber zusammenbekommen»
Karin Hengartner zum Aufwand, ein attraktives Marktangebot anzubieten.
Die Gründe dafür kann das Paar nur erahnen. Es vermutet, dass während der Pandemie viele einen Onlineshop eingerichtet hätten und nun dessen Vorzüge schätzen gelernt haben.
So viel kostet die Standgebühr auf dem Ruttigerhof
Ein Stand kostet bei Familie Hengartner für die beiden Tage zusammen Fr. 200.– inklusive Strom, Licht und Aussendeko. Die Führung der Kaffee- und der Raclettestube wird an Vereine ausgelagert. Viele Jahre lang führte der örtliche Frauenverein die Kaffeestube, später der Turnverein. Heuer sind die erwachsenen Kinder des Ehepaares für die Kaffeestube verantwortlich, die Raclettestube führt der Jodlerklub Gäu-Untergäu. Die Führung geschieht durch die Vereine auf eigene Rechnung. Hengartners stellen die gesamte Infrastruktur gegen eine Mietgebühr zur Verfügung. Für den Rest zeichnen die Vereine selbst verantwortlich. Auch die Hengartner-Jungmannschaft zahlt Miete und geschäftet dafür auf eigene Kosten.
Sponsoren sind nötig
Wichtig sei, dass sich bei solch einem kleinen Markt die Angebote untereinander nicht konkurrenzieren. So darf als Beispiel in der Raclettestube kein Kaffee verkauft werden. Pro Jahr haben Philipp und Karin Hengartner ein Adventsmarkt-Budget von Fr. 10 000.– zur Verfügung. Durch Sponsorengelder können die Kosten für Bewilligungen, Helferessen und Helfersackgeld gedeckt werden. Im nächsten Jahr wollen Philipp und Karin Hengartner sicher noch eine 22. Ausgabe organisieren. Ob und wie es danach mit dem Adventsmarkt Ruttigerhof weitergeht, steht nicht in den Sternen, aber vielleicht in der Glut des Lagerfeuers, das morgen lodern wird.
Betriebsspiegel Ruttigerhof
Betriebsleiter: Philipp und Karin Hengartner
Familie: 6 erwachsene Kinder, Mutter Ottilie Hengartner
Fläche: 49 ha Grünland
Zone: Voralpine Hügelzone
Tiere: 25 Milchkühe, 20 Jungvieh, 160 Mastsauen, 160 Legehennen, 2 Esel, 4 Grosse Schweizer Sennenhunde, 6 Chihuahuas, 1 Australian Kelpie
Betriebszweige: Hundeschule, Barf-Hundefutterproduktion, 2 betreute Arbeitsplätze