Zum Abschluss des Jahres 2023 gab es in der Schweiz nochmals eine markante Wetterlage mit sehr viel Regen. Als Folge davon stiegen die Pegel vieler Bäche, Flüsse und Seen markant an. Vielerorts gab es Überschwemmungen und es kam zu Erdrutschen. In diesem Artikel wird beschrieben, welche Wetterlage und welche weiteren Faktoren zu diesen grossen Niederschlags- und Abflussmengen geführt haben und wie diese statistisch einzuordnen sind.

Hohe Niederschlagsmengen

Bereits die Vorgeschichte zu diesem Hochwasserereignis ist bemerkenswert. Nachdem sich das warme Sommerwetter bis in den Oktober fortgesetzt hatte, stellte sich die Wetterlage Mitte Oktober um. Die Westwinde brachten immer wieder sehr feuchte Luftmassen zum Alpenraum. Es folgte meist unbeständiges Wetter und immer wieder fiel Regen.

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So wurde von Mitte Oktober bis Mitte Dezember innerhalb von zwei Monaten an vielen Orten so viel Niederschlag gemessen wie sonst in einem halben Jahr üblich. Somit waren die Böden bereits im Vorfeld der eigentlichen Hochwassersituation Anfang Dezember mit Wasser gesättigt.

Schnee im Mittelland

Pünktlich zum Dezemberstart erreichte feuchtkalte Luft mit einer nordwestlichen Strömung die Schweiz. Der viele Niederschlag fiel in Form von Schnee bis in die tiefen Lagen des Mittellandes. Um den 10. Dezember stellte sich über Mitteleuropa dann eine ausgeprägte Südwestlage ein, die Schweiz lag am Südrand eines Tiefdruckgebietes bei den Britischen Inseln. Mit dem Südwestwind gelangte sehr milde Luft in die Schweiz.

Das Klischee von weissen Weihnachten im Mittelland

«Sind weisse Weihnachten Schnee von gestern?», fragt die Nachrichtenagentur SDA in einer aktuellen Mitteilung. Das Gefühl, dass es an Weihnachten doch eigentlich weiss sein müsste, ist tatsächlich weit verbreitet. Doch im Mittelland habe es tatsächlich schon früher nur selten Weihnachten mit Schneedecke gegeben, klärt nun die SDA. 

In der Messperiode ab 1931 habe im zentralen und östlichen Mittelland in sechs von zehn Jahren an den Weihnachtstagen kein Schnee gelegen, gehe aus den Zahlen des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie (Meteoschweiz) hervor. Noch seltener liess es Frau Holle demnach in der West- und Nordwestschweiz über die Weihnachtstage schneien: In drei von vier Jahren blieb es grün. Erwartungsgemäss ist Lugano in 80 Prozent der Jahre schneefrei geblieben.

Bei den Wetterstationen Zürich-Fluntern, Basel-Binningen und Neuenburg hat es gemäss der SDA-Meldung zuletzt im Jahr 2010 weisse Weihnachten gegeben, bei der Station im bernischen Zollikofen gab es zuletzt 2014 einen weissen Weihnachtstag. 

Anders sieht es natürlich in den Bergen aus: Seit 1931 gab es nur im Jahr 2016 einen Weihnachtstag ohne Schnee.

Sehr eindrücklich war auch der Feuchtetransport vom Atlantik nach Mitteleuropa und im Speziellen in den Alpenraum, der fast einem Förderband gleichkam. Der Ursprung der Luftmassen lag dabei östlich der Karibik. Bei solchen Wetterlagen spricht man von einem «atmosphärischen Fluss». Dabei wird über einen längeren Zeitraum kontinuierlich feuchte und in diesem Falle eben auch sehr milde Luft herbeigeführt.

Viel fliesst ab

Diese Wetterlage führte nun zu einer Kombination aus grossen Niederschlagsmengen und einer hohen Schneefallgrenze. Innerhalb der Zeitspanne vom 10. bis 13. Dezember wurden auf der Alpennordseite verbreitet 100 mm Regen registriert, in den Alpen und Richtung Unterwallis stellenweise sogar bis 180 mm Regen und Schnee. Die Schneefallgrenze lag auf gut 2000 Metern und war somit sehr hoch, sodass ein grosser Teil des Niederschlags in flüssiger Form fiel und zugleich zuvor gefallener Schnee schmolz und zusätzlich in den Abfluss gelangte.

Eindrückliche Mengen

Im Vergleich mit dem klimatologischen Mittel waren die Niederschlagsmengen eindrücklich. So sind beispielsweise die in Adelboden innerhalb von 96 Stunden gefallenen 120,7 mm Niederschlag nur alle 10 bis 25 Jahre zu erwarten und innerhalb von nur vier Tagen fielen 115 % des üblichen Dezemberniederschlags von Adelboden. Durch die grossen Abflussmengen wurde am Bielersee die Hochwasserstufe 4 erreicht und der Bodensee erreichte den höchsten zu dieser Jahreszeit je gemessene Wasserstand – und dies bei einer Messreihe, die immerhin schon 159 Jahre in die Vergangenheit reicht.

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Milde Aussichten

Ein Blick in die Wetterkarten der nächsten Tage zeigt weiterhin wechselhaftes Wetter. Das typische Weihnachtstauwetter (siehe Kasten unten) findet auch dieses Jahr wieder statt. Mit nordwestlichen Winden gelangt weiterhin milde Luft in die Schweiz und es ist zeitweise mit Regen zu rechnen. Allerdings sollte dadurch keine nächste Hochwassersituation ausgelöst werden. Winterliebhaber müssen sich vorerst gedulden – Schnee bis ins Flachland ist vorerst nicht in Sicht.

Warum es an Weihnachten häufig taut

Der Traum von weissen Weihnachten erfüllt sich leider nur allzu selten. Entweder fällt vor Weihnachten gar kein Schnee oder er taut gleich wieder. Dieses sogenannte Weihnachtstauwetter ist eine meteorologische Singularität wie der Altweibersommer oder die Eisheiligen. Klimatologisch gesehen besteht nämlich um die Weihnachtszeit herum eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Warmluftschub, der zu verbreitetem Tauwetter führt.

Klassischerweise wird beim Weihnachtstauwetter auf der Vorderseite eines Tiefs warme Luft aus den Sektoren Süd oder West in die Schweiz geführt. Oft herrscht dabei eine Tendenz zu sinkendem Luftdruck, so durchmischt und erwärmt sich die Atmosphäre. Da diese zuströmende Luftmasse vom Mittelmeer oder vom Atlantik stammt, ist sie oft eher feucht. Milde und feuchte Luft führt in Kombination zu effizientem Schneeschmelz-Wetter.