Es war vor 30 Jahren. Meine Eltern oder besser gesagt ich, hatten zum ersten Mal eine Kuh für die BEA angemeldet. Endlich passte alles zusammen: Das Kalbedatum und das gewünschte Exterieur. Cindarella hiess die Schönheit, eine Coeur-Tochter, in der ersten Laktation. Sage und schreibe 27 Kühe wurden damals aus dem gesamten Seeland gemeldet. Laut dem Verteilerschlüssel durften nur drei an der Ausstellung teilnehmen. «Wird es unsere Cindarella schaffen?», fragte ich mich. Das Euter fand ich eigentlich ganz toll, milchmässig gab es sicher bessere Kühe, aber auch hier erfüllte sie die Anforderungen.

Enttäuschende Punktierung

Punktiert musste sie noch werden. 33 33 88 war das Minimum. Keine Sache, dachte ich mir. Die Frühlingsschau Ende März würde es zeigen. Nur 43 33 88 gaben ihr die Experten. Auch ein Rekurs nützte dabei nichts, die Experten blieben stur. Cindarella wurde nicht Erste, sondern nur Zweite in ihrer Klasse. Hinter einer «hundsgewöhnlichen» Tochter von Heli. Wenigstens kam auch sie aus unserem Stall. «Habe ich vielleicht doch die falsche Kuh gemeldet, hat mein Züchterauge wirklich versagt?», fragte ich mich. Mit dieser Punktierung gehörte unsere Cindarella nur dem gewöhnlichen Fussvolk an, keine Spur von einer Rakete im Stall.

Der Tag der Vorschau rückte näher, eines Morgens läutete das Telefon. Die Mutter sagte, die Vorschaukommission für die BEA käme am Nachmittag vorbei. Jetzt hiess es noch einmal Waschen, Striegeln und Bürsten. Nein, die zwei Experten sollten sehen, dass meine Cindarella zu wenig hoch punktiert war. Essen konnte ich an diesem Mittag nicht viel, zu nervös war ich. Endlich fuhr das Auto vor. Zwei ältere Männer mit Hut stiegen aus. Bei einem Bundesratsbesuch hätte ich sicher ein weniger grosses «Gschiis» gemacht.

Experten sagten wenig

Schnell nahm ich unsere Cindarella aus dem Stall, führte sie den Experten vor, genug geübt hatte ich mit ihr davor. Einer rümpfte schon die Nase: «Was, nur mit 88 punktiert?» Arschloch, dachte ich mir. Der andere meinte: «Also eine Vier im Euter hätte sie verdient». Schnell huschte mir ein Lächeln übers Gesicht. «Wir melden uns», das war das einzige, was den zwei Experten zu entlocken war und schon brausten sie wieder weg. Brieflich werde dann bekannt gegeben, wer mit seiner Kuh nach Bern reisen dürfe.

Geschlottert wie bei einem Liebesbrief

Jetzt hiess es jeden Tag auf den Briefträger warten. Mit dem Töffli war unserer damals noch unterwegs. Wir bekamen unsere Post erst gegen 16 Uhr und wenn er dann noch überall am «Schnuren» war, wurde es auch reichlich später. Vor 30 Jahren gab es halt noch keinen Zeitdruck bei der PTT. Endlich, es war Mitte April, war der Brief da. Beim Öffnen habe ich mehr geschlottert als beim ersten Liebesbrief. Was, nein, doch! Hier steht es deutlich da, unsere Cindarella darf gehen, sie ist selektioniert. Sie wird es schön haben an der BEA, dachte mich mir. Jeden Tag, zehn Tag lang, habe ich dann unsere Kuh besucht. Stolz stand ich jeweils hinter ihr. Jeder, der schon einmal ein Tier an der BEA ausstellen durfte, weiss, wie man sich dabei fühlt. Schade, dass es dieses Jahr wieder keine BEA gibt, denn ich hätte es wirklich jeder Züchterin und jedem Züchter gegönnt. Denn das Gefühl, dabei zu sein, kann man nicht beschreiben, man muss es einfach erlebt haben.