Das Mostobst, das auf dem Hofplatz der Mosterei Hürlimann im zürcherischen Freudwil auf seine Verarbeitung wartet, ist bunt, verschieden gross und im Geschmack sehr unterschiedlich. Doch nicht nur das Rohprodukt für den Süssmost fällt durch seine Verschiedenartigkeit auf, auch die Etiketten auf den Halbliter-Pet-Flaschen sind farbenfroh. Wie die Flaschen so nebeneinander stehen, erinnern sie an einen Regenbogen. 

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Das richtige Misch-Verhältnis finden

«Der erste unserer Spezialsäfte war einer mit Ingwer», erzählt Katrin Hürlimann. «Beat kreierte ihn vor acht Jahren für das 30-Jahre-Jubiläum des Bioladens Öpfelbaum in Uster.» Damals war der Ingwer noch ausländisch, seit vier Jahren beziehen ihn Hürlimanns in Bioqualität aus Steinmaur im Zürcher Unterland. «Für uns kommt die Regionalität an erster Stelle, als zweites achten wir auf Bioqualität», ergänzt sie. 

Die Palette der Mischgetränke hat sich mit der Zeit vergrössert. Es gibt Most mit Aronia, Pfefferminze, Zitronenverveine, Hanf, Trauben, Quitten und sogar Erdbeeren. «Der Erdbeermost ist eine Sommer-Spezialedition. Sie ist mit viel Handarbeit verbunden, da die Erdbeeren zu weich für die Mostpresse sind», verrät Katrin Hürlimann. Momentan pröbelt sie an einer Kombination mit Hagebutten herum. 

Die Rohstoffe für die Zusätze pflanzen die innovativen Saftproduzenten im eigenen, grossen Garten an, kaufen sie von Leuten im Dorf oder von anderen Betrieben in der Nähe. «Die Herausforderung ist für Beat jeweils, das richtige Verhältnis zu finden», erklärt Katrin Hürlimann. Ein fixfertiges Rezept gibt es nicht, denn je nach Saison sei der Most durch die Zusammensetzung der Äpfel unterschiedlich und die anderen Produkte variieren ebenfalls in Geschmack und Reife.

Abo Bei Hans Oppikofer lief die Mostpresse bereits anfangs Juli. Er presste grüne Äpfel zu Verjus aus. (Bild und Video et) Obst Obstverarbeitung: «Verjus ist wie Zitronensaftersatz» Friday, 14. August 2020

25 bis 30 Tonnen Äpfel werden vermostet

Beat Hürlimann ist gelernter Meisterlandwirt und arbeitet auch als Pferdetrainer. Er führt die Mosterei in zweiter Generation. «Mein Vater begann 1967 mit dem Mosten, damals noch mit einer Packpresse.» Heute fliesst der Saft ab einer Siebbandpresse. «Die ist aber auch schon 30 Jahre alt.» Der Vorteil dieses Systems sei, dass man kontinuierlicher arbeiten könne. Vieles hat Hürlimann von seinem Vater gelernt, den Rest hat er sich in einem Mostereikurs angeeignet.

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25 bis 30 Tonnen Äpfel werden von Mitte August bis Mitte November zu Süssmost und Mischgetränken verarbeitet. «Das Obst stammt von den eigenen Hochstammbäumen, das meiste kaufen wir jedoch zu», erklärt Beat Hürlimann. Je nach Ausgangsmaterial hat er eine Ausbeute von 50 bis 75 Prozent. «Wenn die Äpfel im August einen Tag an der prallen Sonne herumstanden, geben sie nicht mehr so viel Saft.» Mit dem Lohnmosten hat der Landwirt fast ganz aufgehört: «Ich moste nur noch Äpfel von Leuten, die mir Mostobst verkaufen.» Jeden Donnerstag ist Mosttag, am Freitag wird pasteurisiert. 

Grosse Vorfreude auf den neuen Most

Die Regionalität spielt auch beim Verkauf des Mosts eine wichtige Rolle. Hürlimanns haben einen Hofladen, gehen an Märkte, beliefern die Landi Zola und Lebensmittelgeschäfte in der Region. «Wir wollen gar nicht die ganze Schweiz beliefern», meint Beat Hürlimann. «Das geht schon wegen unserer Lagerkapazität nicht. Wir verkaufen nämlich nur Direktsaft und das benötigt Platz», ergänzt seine Frau. 

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«Zwischen März und Juni sind wir meist ausverkauft und freuen uns auf den neuen Most», fährt der Landwirt fort. Von Ausverkauf kann jetzt gerade nicht die Rede sein. Auf dem Platz vor der Mosterei warten noch weitere Kisten mit buntgemischten Äpfeln, die ebenfalls zu Freudwiler Süssmost gepresst werden möchten.

Betriebsspiegel Hürlimann

Name: Gebrüdergemeinschaft Beat und Roland Hürlimann
Ort: Freudwil ZH
LN: 28 ha
Kulturen: Futter- und Brotgetreide, Futtermais, Kunst- und Naturwiesen, 130 Hochstammobstbäume
Tiere: 30 Milchkühe, 7 Pensionspferde
Besonderes: Direktvermarktung vom Süssmost und Most-Mischgetränken, Pensionspferdehaltung und Tätigkeit als Reitlehrer und Pferdetrainer