Am 13. November wurde in der Finalsendung der «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche» die Siegerin der diesjährigen Staffel gekürt. Und ich sass vor dem Fernseher. Ich gebe es zu, meine Familie und ich sind Fans der Landfrauenküche. Und das von der ersten Staffel im Jahr 2007 an. Unser Fernsehritual hat sich mit den Jahren zwar verändert. Die Zeit, als die Kinder die Sendung gemeinsam mit uns im grossen Bett, zusammengekuschelt unter der Bettdecke schauen wollten, sind vorbei. Aber heute noch sitzen die Teenagerkids freitags mit uns gebannt vor dem Bildschirm. Ja gut, mittlerweile schweift der Blick schon ab und zu mal aufs Smartphone ab.

Neugierde auf den Alltag anderer

Die Landfrauenküche hingegen ist über all die Jahre dieselbe geblieben. Sieben Landfrauen aus sieben verschiedenen Regionen gewähren Einblicke in ihren Betrieb, Alltag, ihre Familie und Küche. Als Jury amten nicht in erster Linie die Fernsehzuschauer, sondern die Landfrauen selbst. Ich und meine Familie gehören also zur über einer halben Million Menschen, die jeden Freitag den Bäuerinnen und Landfrauen in die Stube und die Töpfe schaut. Laut «SRF» waren es im vergangenen Jahr durchschnittlich 651 000 Zuschauerinnen, was einen Marktanteil von 39,8 Prozent ausmache. Doch was macht das Phänomen Landfrauenküche aus? In erster Linie ist es wohl die Neugierde der Menschen, die auch bei der Kuppelsendung «Bauer, ledig, sucht …» des Schweizer Privatsenders 3+ zu hohen Einschaltquoten führt. Wie sieht es auf den Höfen aus, wie leben die Menschen dort, wie arbeiten sie? Denn, wer glüüslet nicht gerne anderen hinter die Fassade? Meist ist das ja nur abends nach dem Eindunkeln möglich, wenn offene Vorhänge und Licht im Haus einen kurzen Blick ins Innere erlauben. Die Landfrauenküche und auch die Kuppelshow hingegen erlauben den Einblick bei Tageslicht.

Weniger gestellt, dafür sehr vielfältig

Während ich aber bei «Bauer, ledig, sucht …» nach wenigen Staffeln komplett abgehängt habe, bin ich der Landfrauenküche treu geblieben. Doch was macht den Unterschied? Zu gestellt, einstudiert und unnatürlich empfinde ich persönlich die Dialoge und Szenen der Bauern mit ihren Hofdamen. Zudem werden einige Bauern regelrecht vorgeführt. Ganz anders empfinde ich die Landfrauenküche. Die Frauen kommen authentisch rüber, die Dialoge nicht einstudiert, wie in einem schlechten Laientheater. Zudem gefällt die Mischung aus Leben und Kochen, gepaart mit tollen Landschaftsbildern. Die Zuschauer erhalten einen Einblick in die Vielseitigkeit der Landwirtschaft und die zahlreichen und, je nach Betriebsführung, unterschiedlichen Aufgabengebiete einer Landfrau. Sie sind mal Bäuerin oder Landwirtin, oft Mutter oder Grossmutter, Organisatorin, Hausfrau, zuständig für Kälber, Kleintiere oder auch Pferde, führen ihren eigenen Betriebszweig und und und. Bei einigen Landfrauen frage ich mich aber schon manchmal, ob deren Tag mehr als 24 Stunden hat.

Etwas verklärt vielleicht, aber gute Werbung

Die Landwirtschaft geniesst nicht immer und überall einen guten Ruf. Man denke da nur an die ganzen Pflanzenschutzdiskussionen. Bäuerinnen aber werden von der Bevölkerung geschätzt. Die Sendung zeichnet zwar ein von viel Arbeit geprägtes, aber dennoch harmonisches Bild. Der Alltag wird so dargestellt, dass er wenig bis keine Angriffspunkte bietet. Ebenso sind wenig bis keine Alltagsprobleme erkennbar. Kritiker könnten nun behaupten, es werde ein verklärtes Bild dargestellt. Das mag teilweise zutreffen. Dennoch denke ich, dass die Sendung gute Werbung für die Landwirtschaft ist, eben weil die Familien so ungekünstelt und natürlich rüberkommen. Das Zuschauen lässt alle Alltagssorgen für einen Moment vergessen. Nicht nur Corona ist während einer knappen Stunde ganz weit weg.

Auch die Regionalität reizt

A propos Corona. Einige Menschen haben nicht erst seit Beginn der Pandemie die Regionalität von Produkten wieder vermehrt schätzen gelernt. Die Landfrauenküche zeigt Gerichte und Spezialitäten aus den verschiedenen Regionen, die einfach nachzukochen sind. Die Zutaten sind weder exotisch noch müssen sie über tausende von Kilometern hergekarrt werden. Dies alles macht wohl den Reiz für die Zuschauer aus.

Hut ab vor dem Mut der Teilnehmerinnen

Was aber bewegt alle Jahre wieder die Landfrauen, bei der Sendung mitzumachen? Denn über Langweile und zu wenig Arbeit kann sich wohl keine beklagen. Ehemalige Teilnehmerinnen berichten von Erfahrungen, die sie über die eigene Hof- und Kantonsgrenze hinaus gemacht haben. Oder vom Knüpfen neuer Freundschaften und gewonnenem Selbstvertrauen.

Was immer auch den Reiz ausmacht, sich von der Nation in die Stube und die Töpfe blicken zu lassen, ist mir egal. Hauptsache, es bringen noch viele Staffeln lang Bäuerinnen und Landfrauen den Mut auf, mitzumachen. Denn davor ziehe ich meinen Hut.