Das Fachmagazin «Die Grüne» widmete während den vergangenen Monaten die Titelgeschichte jeweils den Landwirtinnen. Junge Frauen, die erfolgreich die Ausbildung zur Landwirtin EFZ abgeschlossen haben und nun ihre Ideen auf einem Hof verwirklichen. Auch bei den Schlussfeiern im Sommer sind die Frauen jeweils prominent vertreten. Gefühlsmässig gehören sie oft zu den Ausgezeichneten für die besten Abschlüsse. Sie seien reifer und fokussierter als ihre männlichen Kollegen, freuen sich die Lehrpersonen an den landwirtschaftlichen Bildungszentren.
Landwirtinnen bleiben im Hintergrund
Doch irgendwie wird es nach oft fulminanten Start ruhig um die Frauen, so der Eindruck. In den vergangenen knapp 20 Jahren war ich beruflich auf rund 500 Schweizer Bauernhöfen. Irrtum vorbehalten, wurde ich dabei nie von einer Frau durch den Betrieb begleitet. Ähnlich ist eine Reaktion eines pensionierten Lesers zu deuten, der sinngemäss meinte, es sei ja schön und gut, dass wir so häufig von den jungen Landwirtinnen berichteten. Er aber machte als ehemaliger Milchwäger andere Erfahrungen. Junglandwirtinnen liessen nach Betriebsübernahme gerne weiterhin ihre Väter gewähren auf dem Hof. Was, nebenbei bemerkt, ja nicht verboten ist.
Die Zahlen helfen wenig
Das Zahlenmaterial lässt noch keine allzu grossen Schlüsse über die Berufslaufbahn der Landwirtinnen zu. Man weiss, dass der Frauenanteil bei den Lehrabschlüssen EFZ Landwirt, bzw. eben EFZ Landwirtin in den vergangenen zwei Jahrzehnten markant gestiegen ist. In Zahlen waren es 1999 schweizweit 41 Frauen, Frauenanteil 4,7 Prozent, 2018 bereits 166 Frauen oder 15,7 Prozent. 2018 wurden gemäss Agrarbericht 3157 der noch 50 852 Schweizer Bauernhöfe von einer Frau geleitet. Das sind 6,2 Prozent. Geht man davon aus, dass ein Betrieb nach rund 30 Jahren in andere Hände übergeben wird und noch wenige von den frauenstarken Jahrgängen am Ruder sein können, so führt doch eine stattliche Anzahl einen Betrieb. Wobei wohl viele Betriebsleiterinnen keinen Abschluss als Landwirtin EFZ haben.
Absolventinnen haben seltener einen Betrieb im Rücken
Die Gründe für das stärkere Interesse der Frauen an der Landwirtschaft sind vielfältig und reichen von einer Imageverbesserung innerhalb der Branche über bessere Infrastrukturen bis hin zu kleineren Familien. In vielen Bauernfamilien steht den motivierten jungen Frauen heute kein Bruder mehr im Wege bei der Hofübernahme. Obschon die weiblichen Absolventen tendenziell seltener einen Betrieb im Rücken haben, wie der Leiter Grundbildung eines Bildungszentrums bemerkte.
Frauen machen oft höhere Ausbildungen
Überproportional viele Landwirtinnen besuchen weiterführende Schulen oder studieren an der Hafl. Waren Frauen in Zollikofen im Studiengang Agronomie lange Exotinnen – der Bereich Tierhaltung ausgenommen – sind sie heute in der Mehrheit. 2018 waren 161 Frauen eingeschrieben und 138 Männer. Hier gehen den Höfen wohl einige ambitionierte Frauen verloren. Wobei zu beachten ist, dass um an die Hafl zu gelangen, auch andere Wege als derjenige über EFZ und Berufsmaturität – lange Zeit als «Königsweg» bekannt – möglich sind. Demgegenüber stehen Zahlen des LBBZ Schluechthof in Zug, wo aktuell der Frauenanteil bei der Ausbildung EFZ identisch ist mit demjenigen der Weiterbildung zum Agrotechniker HF, nämlich je rund 15 Prozent. Bei der HF-Ausbildung am Berner Inforama beträgt der Frauenanteil 17 Prozent. Für die neue Klasse ab August dann aber über 50 Prozent.
Offener für neue Zukunftspläne
Bei den Junglandwirten scheinen die Pläne meist in Stein gemeisselt. «Irgendwann den elterlichen Betrieb übernehmen», heisst es meist, wenn an Diplomfeiern nach den Zielen gefragt wird. Die Frauen scheinen hier offener. Auch hat der künftige Partner wohl einen grösseren Einfluss auf die berufliche Laufbahn der Landwirtin EFZ, als es im umgedrehten Fall bei ihren männlichen Kollegen der Fall ist.
Frauen haben ihren eigenen Willen
Zu den Zahlen kommen weiche Faktoren. Klassische Genderfragen: Wer kümmert sich um allfällige Kinder oder wie stark exponieren sich Landwirtinnen? Wollen sie zum Beispiel in einer Zeitung porträtiert werden? Eigentlich müssten in der Zwischenzeit auch mehr Frauen vertreten sein in den Vorständen von landwirtschaftlichen Vereinen und Verbänden. Und zwar nicht als Bäuerin oder Bauers Frau, sondern in ihrer Rolle als Landwirtin. Dieser Prozess wird wohl noch einige Zeit beanspruchen. Landwirtinnen, so wird aus Gesprächen klar, lassen sich nur ungern in Rollen drängen. Landwirtinnen machen was sie wollen – und das ist gut so.