Das Herbeisehnen und Hinfiebern auf meinen bevorstehenden Alpsommer hat nun endlich ein Ende. Am Montag vor einer Woche verlud ich meine sieben Sachen in mein Auto und fuhr in Richtung Berner Oberland. Auf der Site Alp, die oberhalb von Zweisimmen im Simmental liegt, bin ich für diesen Alpsommer angestellt.

Nach der ersten Nacht auf der Alp und einem gemütlichen, gemeinsamen Zmorgen mussten wir nicht mehr lange auf die ersten Kühe warten. Diese reisten in einem Lastwagen an, da die Herkunftsbetriebe der Kühe auf der anderen Seite des Thunersees liegen. «Ah, das ist doch Garonne, die hier kommt! Und diese hier ist doch die Tochter von Macchiato, oder nicht?», hörte ich die Älpler sagen, die bereits vergangenen Sommer hier gesennt hatten. Nach der zweiten Fuhr am Nachmittag hatten wir alle «unsere» 49 Kühe, um im Zimmerboden zu melken. Dazu kam Jungstier Florian.

Auch im Winter geöffnet

Der Stall im Zimmerboden gehört zur Site Alp, wo ebenfalls ein Rindviehstall steht. Dieser wird aber erst rund zehn Tage später mit 40 weiteren Kühen bestossen. Für mich relevant sind die 50 Tiere im Zimmerboden, denn hier habe ich Stalldienst.

Die Site Alp ist ein Alpbetrieb auf 1560 Höhenmetern, der im Sommer wie im Winter als Beizli geöffnet ist und von Nadja und Simon Santschi geführt wird. Während der Alpsaison werden auf der Site und im dazugehörigen Zimmerboden (auf 1350 Metern über Meer) auf 90 ha Weidefläche rund 90 Kühe und einige Rinder gesömmert. Täglich verarbeitet Simon Santschi diese Milch sowie die Milch von 40 weiteren Kühen auf den Nachbaralpen zu Alpprodukten. Jeden Sommer werden hier rund 16 Tonnen Käse produziert. Neben Berner Alpkäse AOP und Mutschli stellt Santschi auch Butter, Ziger, diverse Joghurtsorten und Glacé her. Um den Kreislauf auf der Alp zu schliessen, wird die Schotte den knapp 150 Alpschweinen verfüttert, die auch eine eigene «Weide» haben. Ausserdem sind zwei Zwergziegen und ein Kater mit auf der Alp.

Karte mit eigenen Produkten

Im Alpbeizli können sich Wanderer und Einheimische tagsüber verpflegen und das schöne Bergpanorama geniessen. Da die hofeigene Produkte im Beizli zentral sind, finden sich auf der Speisekarte mehrheitlich Milch- und Fleischerzeugnisse wie kalte Plättli, «Chääsbrätel» (Käseschnitte), eine Schale Joghurt oder Meringues mit viel Schlagrahm.

Hier oben geht es einfach zu und her. Tagsüber bin ich im Service oder in der Küche angestellt, auch ohne Vorwissen. Das scheint die wenigsten unserer Gäste zu stören – im Gegenteil: Viele schätzen es sogar, wie genügsam das Leben hier oben zu sein scheint und dass man mit den meisten Gästen per du ist.

Bedarf an Personal

Eine solche Alp mit Schaukäserei und Beizli braucht entsprechend Personal. Neben Nadja und Simon Santschi mit ihren Kindern Lionel, Mauro und Colin sind vier Angestellte auf der Alp – eine davon bin ich. Zusätzlich werden Aushilfen für anstrengende Tagen im Beizli angefragt. Und auch die Eltern von Simon und Nadja unterstützen uns fleissig mit Kinderhüten, beim Käseverkauf und überall, wo sie uns sonst noch unter die Arme greifen können.

Obschon jede und jeder bestimmte Aufgaben und Verantwortungen hat, ist es von Vorteil, wenn möglichst alle auch alle anderen Arbeiten verrichten können, denn bei Engpässen im Beizli muss dort angepackt werden, wo es am nötigsten ist.

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An die langen Arbeitstage muss ich mich wieder gewöhnen. Mein Tag startet um 5:30 Uhr mit den Stallarbeiten im Zimmerboden. Dabei helfe ich Dänu, der bereits den achten Sommer hier z’Alp ist. Nach dem Zmorgen zurück auf der Site Alp wird der Tagesbetrieb im Beizli vorbereitet. Im Gegensatz zu den Stallarbeiten erwarten mich im und um das Beizli täglich neue Herausforderungen.

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Die bis dato kühlen, mehrheitlich verregneten Tage haben erst wenige Tagesgäste auf unserer Terrasse gelockt. Dies kommt mir gelegen, denn ich muss mich im Service und in der Küche eingewöhnen.

Um 16:30 Uhr stehe ich wieder mit Dänu im Stall, melke und miste. Das Ziel ist, um 19 Uhr für ein gemeinsames Znacht zurück an der Site Alp zu sein, denn dies ist meist die einzige Malzeit pro Tag, bei der wir als ganzes Team gleichzeitig am Esstisch sitzen können. Ein gemütliches Beisammensein mit Gleichgesinnten, lustigen Geschichten von früher und dazu einem Simmentaler Bier oder einem Glas Weisswein aus der Verwandtschaft der Älpler rundet den Tag ab.

Weitere Informationen

Neue Serie
Mit diesem Artikel startet die neue Serie «Alptagebuch», die alle zwei Wochen in der BauernZeitung erscheinen wird. Autorin ist Irina Peter.

Die Aargauerin hat ihre Lehrjahre als Landwirtin im Berner Oberland absolviert. Anschliessend arbeitete sie mehrere Monate als Praktikantin auf der Redaktion der BauernZeitung.

Erste Erfahrungen auf der Alp machte sie bereits während ihrer Lehre. «Nun wollte ich aber einmal einen ganzen Sommer z’Alp», so Irina Peter. Auf der Site Alp arbeitet sie morgens und abends im Stall und ist tagsüber im Alpeizli im Einsatz. Ab Herbst wird Irina Peter in Zollikofen das Agronomie-Studium beginnen.