Seit April dieses Jahres koordiniert Bäuerin Katrin Odermatt nebst all ihren vielen Tätigkeiten den Gemüsestand des Stanser «WucheMärcht». Der Markt in Nidwalden, wo die Marktfahrer jeden Samstag von Ende April bis Anfang November ihre frischen, regionalen und saisonalen Produkte anbieten, sei für die Bevölkerung zu einem beliebten Treffpunkt geworden. Für den Gemüsestand wurden neue Marktfahrer gesucht, aber nicht gefunden: «Ich habe mich entschieden, den Gemüsestand vorübergehend zu koordinieren, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden wird.» Denn ohne Gemüsestand würde der «WucheMärcht» nicht mehr existieren können.

Zunehmend Nebenerwerb

«Es ist sehr schwierig, Gemüse-, Obst- und Früchteproduzenten zu finden, die regelmässig liefern können», das sei eine grosse Herausforderung für sie. Die 38-jährige Älplerin bedauert, dass viele Landwirte und Bäuerinnen ihre Tätigkeiten auf den landwirtschaftlichen Betrieben reduzieren, um vermehrt auswärts zu arbeiten: «Das kann und darf nicht sein. Auch wir haben viel Arbeit mit unseren Tal- und Alp-Betrieben inkl. Käserei. Aber für uns ist es eine unglaubliche Bereicherung, mit der Familie zu produzieren und unseren Kindern früh Verantwortung zu übergeben». Die Wertschätzung der glücklichen Kundschaft mitzuerleben, sei die schönste Form der Anerkennung, berichtet die Bäuerin.

«Wertschätzung von Kunden ist die schönste Form der Anerkennung.»

Direktvermarktung sei eine Bereicherung für die ganze Familie, findet Katrin Odermatt.

Der Traum wurde wahr

Aufgewachsen ist Katrin Odermatt in Grenchen, Solothurn. Weit weg von den Bergen und doch: «Für mich war immer klar, dass ich mal in den Bergen wohnen und arbeiten möchte», blickt sie zurück. Sie wusste auch, dass sie mal einen Bauern heiraten möchte. Nach der Floristin-Ausbildung war sie in den Bergen tätig und verweilte dann ein halbes Jahr in Irland, um die Sprache zu lernen. «Ich nahm bewusst kein Handy mit», sagt sie. Odermatt nutzte die Zeit zum Nachdenken. Zurück kam sie mit einem Ziel: «Ich möchte auf einer Alp in den Bergen wohnen.» An der Hochzeit ihrer Arbeitskollegin lernte sie ihren späteren Mann Dölf kennen. «Er war, wie ich, Trauzeuge und gefiel mir auf den ersten Blick». Und – er habe sich immer eine Frau gewünscht, die anpacken könne.

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Alp- und Talbetrieb gefunden

Doch fehlte dem jungen Paar noch ein Betrieb, beziehungsweise eine Alp. Dölfs Elternbetrieb führte sein älterer Bruder. «Es war nicht einfach, einen Hof zu finden». Zuerst waren sie mit den Kindern Sven und Laura auf dem Betrieb Stanglisbühl auf Wirzweli NW tätig. «Hier gefiel es uns sehr gut und wir waren als Familie gut aufgehoben». Annelies Niederberger, die Bäuerin, verkaufte dazumal ihren Alpkäse am Markt in Stans. «Ich durfte sie begleiten und wurde zugleich vom Märcht-Virus gepackt», so die Käserin.

Im Jahr 2012 konnten Katrin und Dölf Odermatt die benachbarte Alp Lochhütte pachten. Am Alpsennenkurs lernten sie, wie man fachmännisch Alpkäse herstellt und erhielten viele praktische Inputs von Bekannten. Zwei Jahre später konnten sie zusätzlich Dölfs Elternbetrieb pachten, weil sein Bruder nach Zürich zog, wo seine Frau einen Betrieb übernehmen konnte. 2014 kam ihr drittes und jüngstes Kind, Mona, zur Welt.

EdelWeyss und L’AMOre

Seit 12 Jahren sömmern Katrin und ihre Familie auf der Alp Lochhütte ihr Vieh und die Alpschweine. Jährlich produzieren sie bis zu 7 Tonnen Alpkäse von cremig mild bis würzig, Mutschli/Bratkäse, Weichkäse und den «EdelWeyss». «Dieser wird nicht aus Edelweiss hergestellt, sondern ist ein edler Weisser», erklärt die Käserin und fügt an: «Ich bin so dankbar, dass wir selbst das Futter für die Kühe produzieren, den Käse gemeinsam mit der Familie herstellen und das Produkt am Markt, mit direktem Kundenkontakt, verkaufen können».

Damit Odermatts Kinder nach den Sommerferien auch etwas Besonderes erzählen konnten, hatte Odermatt eine besondere Idee: «Unsere Kinder sollen einen eigenen Käse herstellen». Entstanden ist ein Weichkäse L’AMOre (von den Vornamen ihrer Mädchen Laura und Mona). Alle Mitschüler(innen) bekamen ein persönliches Stück Käse. «Das kam bei allen sehr gut an», geredet werde heute noch davon, freut es die dreifache Mutter.

Melken und Käsen

Im Sommer ist Dölf Odermatt des Öfteren im Tal am Heuen. Dann melkt Katrin die Kühe. Man schätze es sehr, dass jeder die Arbeit des andern erledigen kann. «Zudem sind wir in der glücklichen Lage, dass uns die ganze Familie unterstützt, wenn wir es brauchen». Und Dölfs Schwester sei das ganze Jahr bei ihnen angestellt.

Die Leidenschaft, Käse am «WucheMärcht» in Stans zu verkaufen, ist bis heute geblieben: «Wir pflegen auf der Alp eine wunderbare Nachbarschaft mit anderen ÄlplerInnen». Sie seien füreinander da, wenn Hilfe gebraucht werde. Auch am Markt werden Synergien genutzt: «Andreas Gut von der Alp Chieneren und wir von der Alp Lochhütte stehen abwechslungsweise am Stand und verkaufen auch den Käse des anderen».

Gerne draussen in der Natur

Was würde Katrin Odermatt gerne tun, wenn sie mehr Zeit für sich hätte? Sie denkt nach, zupft an den Blumen in der Vase und meint: «Dann würde ich mehr «obsi gah». Durch das Käsen sei sie viel in Innenräumen, wäre aber halt «usinnig gäre» draussen. Und letzten Winter habe sie das erste Mal Skischule gegeben: «Es macht mir grossen Spass, den Kindern die Freude am Skifahren weitergeben zu können und draussen zu sein».

Katrin Odermatt ist nicht nur eine fürsorgliche Mutter, gschaffige Älplerin und hilfsbereite Ehefrau, sondern sie denkt auch bei Zukunftswünschen nicht nur an sich: «Mein grösster Wunsch im Moment ist, dass wir jemanden für den Gemüsestand finden und der «WucheMärcht» bestehen bleibt», damit die Marktfahrerfamilien weiterhin ihre eigenen Produkte an die Kunden weitergeben und sie mehr Freizeit in ihren geliebten Bergen verbringen könne.

Betriebsspiegel Lochhütte

Betriebsleiter: Katrin und Dölf Odermatt
Ort: Talbetrieb in Büren NW, Alpbetrieb Lochhütte, Wiesenberg NW
Nutzfläche: Tal- und Alpbetrieb je 15 ha, in Pacht
Viehbestand: 28 Braunviehkühe, 10 Rinder, 58 Alpschweine
Betriebszweige: Milchwirtschaft und Alpkäserei