Hier am Dorfrand von La Sagne (Ste-Croix) im Waadtländer Jura ist alles taufrisch. Auf der Hoftafel sind noch die Vorgänger angeschrieben und am Briefkasten findet man die Namen von Thomas Glauser (34) und Marie Payré (29) auf einem Klebeband. Das junge Paar ist erst Mitte Oktober hier eingezogen. Es konnte den Betrieb ausserfamiliär übernehmen, wie man bei einem Glas Cidre in der warmen Stube erfährt.

Weltreise mit Ziel Jura

Der leicht fermentierte und prickelnde Most ist eines der ersten Produkte aus dem Hause der neuen Bewirtschafter. Sie wollen den Betrieb nicht vollständig umkrempeln, aber weiterentwickeln. Thomas, der ältere Sohn von SBV-Vizepräsident Fritz Glauser aus Châtonnaye FR, hat den Betrieb von Maurus Gerber und seiner Gattin Denise erworben. Marie ist finanziell nicht beteiligt. «Das war Absicht», sagt sie, «wir sind erst seit Kurzem zusammen».

Tatsächlich ging im Leben der Jungbauern zuletzt alles sehr schnell. Hier eine kurze Zusammenfassung: Thomas Glauser, gelernter Landwirt und HAFL-Absolvent, war zunächst zuhause in einer Generationengemeinschaft mit seinen Eltern und seinem Bruder tätig. Es folgten Lehr- und Wanderjahre auf einem Demeterbetrieb im Schaffhausischen und der Entscheid, einen eigenen Betrieb zu suchen «weil ich meine eigenen Ideen einbringen will». Um diese Ideen noch etwas zu ent-wickeln, machte er sich im März 2019 zu einer halbjährigen Reise rund um den Globus auf.

Praktisch am Tag der Abreise erhielt er eine E-Mail vom bisherigen Eigentümer Maurus Gerber, der durch die Vermittlung der Kleinbauern-Vereinigung auf ihn aufmerksam geworden war. Glauser zeigte sich sofort interessiert und unterstrich sein Interesse später mit einer Postkarte aus der Mongolei, wo er einen Studienkollegen besuchte.

Beim Gemüeseler getroffen

Diese Karte bewirkte einiges. «Sie gab meiner Frau die noch nötige Überzeugung, dass der junge Mann wirklich will», sagt Maurus Gerber am Telefon. Er selber habe schon vorher ein gutes Gefühl gehabt mit Glauser.

Dieser kam heim, liess sich finanziell beraten und heuerte beim Gemüseproduzenten Gfeller unweit der alten Heimat an. Hier traf er auf Marie Payré, Tochter aus französisch-schweizerischem Haus mit vielen Verbindungen zur Landwirtschaft. Schnell fanden die beiden zueinander: «Am Abend, bevor wir uns erstmals umarmten, erzählte mir Thomas von seinem Projekt», erinnert sich die gelernte Krankenschwester. Klick machte es dann, als Thomas Glauser sie wie selbstverständlich in seine Pläne einbezog.

Hofverarbeitung lanciert

Nach einem finanziellen Hosenlupf konnte Thomas Glauser die Übernahme im Oktober besiegeln und die beiden zogen in La Sagne VD ein. Den Viehbestand von Gerbers haben sie übernommen und wollen mit den Simmentalern weiterproduzieren. Allerdings nicht wie bisher für Elsa. Die landwirtschaftliche Kreditkasse gewährte ihr Darlehen nur unter der Voraussetzung, dass die Milch mit höherer Wertschöpfung vermarktet wird.

Geplant ist die vollumfängliche Verwertung der Milch auf dem Hof. Erste vielversprechende Schritte hat das Paar bereits unternommen, wie eine spontane Degustation von zwei unterschiedlich gereiften Frischkäsen zeigt. Diese lagern nebenan in der ehemaligen Grossküche einer sozialen Institution, die kürzlich ihren Betrieb aufgegeben hat. Dort finden sich ideale Voraussetzungen für die Herstellung weiterer Produkte wie Mutschli und Halbhartkäse.

Während die beiden voller Tatendrang über ihre Pläne sprechen, knabbert Tiba an den Schuhbändeln des Berichterstatters. Die zweimonatige französischen Hirtenhündin soll dereinst mitarbeiten, unter anderem auf den unweit gelegenen Alpweiden.

«Die Milchprodukte wollen wir auf dem Markt in Yverdon VD und eventuell Neuchâtel verkaufen», so Glauser. Die gemeinsam erworbenen Kenntnisse im Gemüsebau wollen die beiden ebenfalls anwenden, allerdings eher in ihrem Hofladen. Der entsprechende Raum steht samt Kühlschrank schon bereit.

Gut empfangen im Dorf

«Genial!», antwortet Marie Payré auf die Frage, ob sie im Dorf gut empfangen worden seien. Erste Kontakte haben sich schnell ergeben, auch dank der Vorarbeit der früheren Betriebsinhaber, unter anderem mit einem Abschiedsfest. Diese haben sich nach 31 Jahren in La Sagne zurückgezogen. Maurus und Denise Gerber haben schon 2016 ein Haus in Scuol GR erwerben können, um sich nicht im letzten Moment vor der Übergabe auch noch um die Wohnfrage kümmern zu müssen. «Wir wollten richtig weg», sagt Gerber, «die Neuen brauchen Freiheit». Er habe in der Umgebung schlimme Beispiele gesehen, wo die Übernehmer die Hölle erlebten.

 

Betriebsspiegel

Name: Thomas Glauser und Marie Payré

Ort: La Sagne/Sainte-Croix VD, Bergzone II

Produktionstyp: Biodynamisch (Vorgänger biologisch-organisch)

LN: 22,5 ha (8 ha Pacht), Dauergrünland und etwas Getreidebau, Alp (zwölf Normalstösse), 1 ha Wald

Viehbestand: Zwölf Simmentalerkühe mit Nachzucht, Hühner, geplant: Drei Pferde, Schweine für Schotteverwertung