Bereits im dritten Durchgang betreiben Timo und ich unser Hühnermobil mit 300 bzw. 330 Hennen. Wir vermarkten die Freilandeier als Ruhwarder Weide-Eier direkt in unserer kleinen Eierbude im Dorf Ruhwarden. Seit zirka einem Jahr beliefern wir ausserdem den Markant-Supermarkt im Nachbardorf Tossens mit – je nach Nachfrage – zwischen 400 und 600 Eiern pro Woche.
Verstärkte Nachfrage spürbar
Insbesondere in den Schulferien und in der Urlaubszeit, wenn viele Gäste in Butjadingen Urlaub an der Nordsee machen, merken wir eine verstärkte Nachfrage. Das wöchentliche Umstellen und neu Einzäunen der frischen Hühnerweide bedeutet zwar einen zusätzlichen Aufwand im Vergleich zur Freilandhaltung in einem Feststall, doch der Aufwand ist es uns für das Tierwohl (Beschäftigung durch das frische Gras) und die Umwelt (Verteilung der Nährstoffe) allemal wert.
Keine Grossschlachterei
Einmal im Jahr, meistens im Januar, tauschen wir unsere Herde komplett aus. Die Hennen könnten zwar gut noch zwei oder drei Monate länger legen, doch passt es für uns arbeitstechnisch so am besten: Die Feldarbeit liegt «brach» und so haben wir ausreichend Zeit für das Waschen des Hühnermobils und um die Wartung und allfällige kleinere Reparaturen durchzuführen. Zudem lässt es uns später die notwendige Zeit für die «Erziehung» der neuen Junghennen.
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Butjadingen liegt relativ abgelegen. Da wir mit 300 Hennen eine Kleinstmenge an Althennen ausstallen und wir daher sogar noch Geld draufzahlen müssten, haben wir uns gegen die Abholung durch eine grosse Geflügelschlachterei entschieden. Bereits zum zweiten Mal haben wir stattdessen den Service eines professionellen Schlachtmobils direkt bei uns auf dem Hof in Anspruch genommen. Bis zum letzten Tag laufen die Hennen draussen herum.
Es ist so weit, es wird geschlachtet
Nach dem Lichterlöschen am Vorabend fahren wir das Hühnermobil auf den Hofplatz. Frühmorgens trifft dann das Schlachtmobil mit drei bis vier professionellen Schlachtern ein. Unsere Aufgabe ist es, die Hennen zu greifen, in Transportkisten zu packen und die Kisten die kurze Strecke über den Hof zum Schlachtmobil zu bringen.
An der Hintertür des Schlachtmobils können wir die fertig gerupften und ausgenommenen Suppenhühner in Kisten entgegennehmen. Nach zirka zweieinhalb Stunden sind alle Hennen geschlachtet und die Arbeit des Dienstleisters getan. Für die Suppenhühner wird im gemieteten Kühlwagen auf 4 °C abgekühlt, bevor sie dann zur Mittagszeit einzeln in Plastiktüten gepackt und mit Etiketten beschriftet werden.
Frische und Qualität werden geschätzt
Unsere Kundschaft konnte sich bereits vorweg per Bestellschein die gewünschte Anzahl an Suppenhühnern reservieren. Die frischen Suppenhühner verkaufen wir am Tag der Schlachtung nachmittags und am Folgetag morgens direkt an unsere Kundschaft für umgerechnet rund 8 Franken das Stück. Da wir unsere Hennen ja verhältnismässig jung tauschen, sind die Schlachtkörper ausgesprochen fleischig.
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Die gute Qualität hat sich herumgesprochen. Wir erhalten immer wieder Anfragen nach Suppenhühnern, obwohl der Preis mehr als das Doppelte eines anonymen Suppenhuhnes aus der Supermarktgefriertheke beträgt (die gibt es ab 2.50 Fr.) und – wie ich immer wieder feststelle – die deutsche Kundschaft doch preissensibler ist als die schweizerische.
Lohnt es sich?
Sind die Hühner verkauft, geht es ans Waschen und Vorbereiten für den neuen Durchgang, der meistens bereits für die Woche darauf bestellt ist. Es ist eine arbeitsreiche Zeit für uns und wir fragen uns: Lohnt sich der Aufwand?
Um das Einfangen der Hennen und um das Waschen kämen wir beim Herdenwechsel sowieso nicht herum. Jedoch ist die Vermarktung mit viel Handarbeit verbunden. Von den 8 Franken pro Suppenhuhn bleibt nach Abzug der Schlachtung (knapp 6 Franken pro Tier inkl. Anfahrt und Steuer), Entsorgung der Schlachtabfälle, Kühlwagenmiete sowie Verpackung und Etikette nicht viel übrig.
Das Schlachtmobil wird beibehalten
Von Stundenlohn kann kaum die Rede sein. Trotzdem werden wir auch im nächsten Jahr wieder das Schlachtmobil engagieren. Den Tieren bleibt so der lange Transportweg zum Schlachthaus erspart, die Althennen werden sinnvoll verwertet und wir müssen keine «Strafgebühr» für die Abholung bezahlen. Solange die Nachfrage da ist und wir keine roten Zahlen damit schreiben, wird es auch in Zukunft einmal im Jahr frische Suppenhühner in Ruhwarden zu kaufen geben.
[IMG 4]Zur Person: Sandra Hussmann hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agro-nomie studiert und ist andie deutsche Nordsee-küste ausgewandert. Dort wohnt und arbeitetsie mit ihrem Mann auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland. Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahlreiche weibliche Nachzucht.