«Das Schreiben ist die Konstante in meinem Leben», sagt Daniela Schwegler. Die Schweizer Autorin war lange auf der Suche nach ihrer beruflichen Bestimmung. Sie wuchs in einem Thurgauer Bauerndorf auf, die Eltern hatten ein Elektrofachgeschäft. «Und ich hatte keine akademischen Vorbilder», sagt sie. Schon während der Kanti begann sie als freie Journalistin für die Lokalpresse zu arbeiten, schrieb über «Gemeindeversammlungen, Brunneneinweihungen und Hasenausstellungen».
Auf Umwegen zur Autorin
Sie brach die Kantonsschule ab, besuchte den Vorkurs der Kunstgewerbeschule und wollte bildende Künstlerin werden. Während sie auf den Beginn der Töpferausbildung wartete, verkaufte sie Sandwiches im Zug. Die Lehre brach sie ebenfalls ab, da ihre Jugendliebe aufgrund von Aids verstarb und sie den Boden unter den Füssen verlor.
Sie holte die Zweitwegmatura nach, landete als Redaktorin auf der Thurgauer Zeitung und wollte dann in den nationalen Journalismus. Deshalb studierte sie ein Jahr Volkswirtschaft in Konstanz und dann, inspiriert vom Interview mit einer Anwältin, Jura in Zürich.
Für Fliessbandarbeit ungeeignet
Schliesslich begann Schwegler als Inlandredaktorin bei der Schweizer Depeschenagentur SDA, «aber da war ich am falschen Ort, denn ich bin nicht für Fliessarbeit geschaffen.» Später arbeitete sie als Angestellte für verschiedene Zeitungen und Publikationen, aber glücklich wurde sie nicht dabei. Zweimal musste sie auch zum RAV.
Zusammen mit einer anderen Autorin entstand darauf ihr erstes Buch «Unter der Haube – Diakonissen erzählen aus ihrem Leben». Das war die Initialzündung für ihre Selbstständigkeit. «Ich habe eigentlich schon immer am liebsten Leute porträtiert und hatte einfach immer so wenig Platz in der Zeitung. Und endlich hatte ich mehr Platz und das hat mir mega viel Freude gemacht!», erinnert sich Daniela Schwegler.
Erstes Buch brachte Wende
Sie nahm daraufhin nochmals eine Stelle an als Geschäftsführerin bei einem Heimatschutzverband. Doch wieder war sie am falschen Platz, so dass sie nachts nicht mehr schlafen konnte. Nach ihren Hunderten von Bewerbungen und Arbeitsversuchen kam sie an einen Scheidepunkt: «Ich war so verzweifelt, dass ich dachte, entweder bringe ich mich um oder ich mache mich selbstständig.»
Sie entschied sich für Letzteres und schrieb ihr erstes eigenes Buch «Traum Alp – Älplerinnen im Porträt». Es wurde zum Bestseller – und Daniela Schwegler war angekommen. «Seither bin ich selbstständig und es geht mir bestens.» Das Schicksal habe ihr immer wieder gezeigt, dass sie als Angestellte am falschen Platz gewesen sei.
Nun lebt sie grossmehrheitlich vom Schreiben ihrer Bücher, auf «Traum Alp» folgten Bücher mit Porträts über Hüttenwartinnen, «Bergfieber», Bergbäuerinnen, «Landluft», und Bergführerinnen, «Himmelwärts». In «Uferlos», ihrem neuesten Buch, porträtiert sie Fährleute aus der ganzen Schweiz.
Vertrauen ist das Wichtigste
Das A und O sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Menschen, die sie porträtiert, und ihr, sagt Daniela Schwegler: «Ich nehme mir sehr viel Zeit für die Leute und höre einfach zu. Ich werte nicht, sondern nehme einfach auf, was die Menschen mir erzählen.»
Zwei porträtierte Frauen hätten ihr anvertraut, dass sie ihr mehr erzählt hätten als ihren eigenen Ehemännern. «Da bin ich dann auch etwas Geheimnisträgerin. Es gibt Dinge, da haben die Leute noch so grosse Wunden, das kann man nicht veröffentlichen.» So hört Daniela Schwegler manchmal tragische Geschichten: «Natürlich geht mir das nahe und ich habe grosses Mitleid. Aber ich kann mich gut abgrenzen, so dass mich diese Schicksale nicht persönlich belasten.»
Der Sprache treu bleiben
Der Autorin ist es wichtig, dass sich die Ausdrucksweise und die Sprache der Leute in den Porträts widerspiegelt. Dafür arbeitet sie mit Tonprotokollen der Interviews, die sie möglichst eins zu eins transkribiert. «Wenn ich die Rückmeldung bekomme, dass eine Frau im wahren Leben genauso spricht wie im Buch beschrieben, finde ich das wunderschön.» Vor der Publikation dürfen die Porträtierten die Texte komplett lesen. Auch das gehört zum Vertrauensverhältnis.
Für ihre Bücher stellt sie immer Fotograf(innen) an. «Ich bin aufgrund der Kunstgewerbeschule ein sehr visueller Mensch und habe Freude an schöner Gestaltung.» Wichtig ist ihr eine starke, eigene Bildsprache. Beim Buch über Bergführerinnen mussten die Fotografen ausserdem berggängig sein.
An einem Buch arbeitet die 52-Jährige im Schnitt zwei Jahre. «Das Schreiben macht also nur einen kleinen Teil aus.» Sie recherchiert, stellt über Fundraising die Finanzierung auf die Beine, vermarktet die Bücher und nach der Publikation folgen die Lesungen.
Romane zu schreiben hat sie hingegen nie gereizt: «Ich brauche das Gegenüber, zumal ich wahnsinnig gerne in die Leben der Menschen eintauche, in reale Leben.» Es ist auch eine detektivische Arbeit oder einfach die Neugier, die sie antreibt: «Wie entwickelt sich ein Leben und warum nimmt es wann welche Abzweigung?» Hinter jedem Leben entdeckt sie die Handschrift einer liebevollen höheren Macht, die alles Leben trägt.
Einfaches Leben im Grünen
Obwohl sie in einer einfachen Behausung in Wald ZH wohnt, ist Daniela Schwegler glücklich. Sie lebt mit ihren zwei Katzen abgeschieden im Grünen mit grossem Garten vor dem Haus und Blick auf die Alpen. Kürzlich hat sie die Ausbildung an der Wildkräuterakademie in Sennwald SG abgeschlossen. «Ich bin fast Selbstversorgerin.» Auf Facebook teilt die Autorin Bilder von kunstvollen Menüs und Salattellern, dekoriert mit Kräutern und Wildblumen. Gerne hätte sie Ziegen und Hühner, aber im Moment ist sie dafür zu viel unterwegs und es fehlt die Zeit.
Wie es nach «Uferlos» weitergehen soll, weiss Schwegler bereits, auch wenn sie über das nächste Buchprojekt noch nichts verraten kann. «Aktuell habe ich etwa drei Ideen, die ich gerne umsetzen möchte. Das wären sechs Jahre Arbeit.»
Weitere Informationen: www.danielaschwegler.ch