«Mein Berufsleben hat sich einfach so ergeben», antwortet Barbara Wieland, Leiterin Institut für Virologie und Immunologie (IVI), auf die Frage, welches ihre Lebenspläne als junger Mensch waren. Sie hatte keine fixen Vorstellungen, keine schwärmerischen Träume und liess die Zeit und die sie umgebenden Situationen arbeiten. «Seit ich denken kann, war ich bereit, mich unbefangen allen Möglichkeiten zu stellen.» Sie blickt in die Ferne und meint, wahrscheinlich habe diese Einstellung zu ihrem beruflichen und persönlichen Erfolg beigetragen.

Barbara Wieland absolvierte die Handelsschule auf Französisch, weil sie dachte, mit dieser Ausbildung stehe ihr der Beruf als Reiseleiterin offen. Nach der Lehre arbeitete sie als Buchhalterin. Sie erzählt schmunzelnd: «Nicht lange, denn ich sah ein, dass ich etwas mit Tieren machen wollte. Das Fach Medizin interessierte mich auch, also schrieb ich mich an der Uni Bern ein fürs Studium der Tiermedizin.» Gleichzeitig arbeitete sie weiterhin als Buchhalterin und sagt, die kaufmännische Ausbildung sei ihr später oft zugutegekommen.

Von London bis nach Addis Abeba

Nach der Promotion in Veterinärmedizin bekleidete sie eine wissenschaftliche Stelle mitten in London beim Royal Veterinary College, in einem Team, das sich der Übertragung und Verbreitung der afrikanischen Schweinepest widmet. Nach sieben Jahren zog sie in die Mongolei im Auftrag der Deza-Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.

Die nomadische Viehwirtschaft hat für das Land grosse kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung. Die Schweiz fördert dort die nachhaltige Tierhaltung und damit die Ernährungssicherheit. Nach drei Jahren wechselte Barbara Wieland von Ostasien nach Ostafrika, nach Äthiopien, ein Land mit rund 124 Millionen Einwohnern. Dort bekleidete sie sieben Jahre die Stelle der leitendenden Wissenschaftlerin am International Livestock Research Institute in Addis Abeba.

Die weit gereiste Frau gerät nicht schnell ins Schwärmen. Doch als sie von ihrer Zeit in der Mongolei und in Äthiopien spricht, blitzt es in ihren Augen oft auf. Sie erzählt unterhaltsam vom Leben der gut unterrichteten Frauen in der Mongolei. «Von der Tradition her sind Frauen in jenem Land hoch angesehen und oft besser ausgebildet als die Männer. Sie bekleiden einflussreiche Stellen in Forschung und Kleinindustrie, wobei sich die Männer weiterhin um die Politik kümmern.» Besonders fasziniert war sie von der Vielfalt an Landschaften, Kulturen und Tierproduktionssystemen.

Forschen, um zu schützen

Seit zwei Jahren leitet Barbara Wieland das IVI. Dort wird vorausschauend und bereichsübergreifend zum Schutz von Tier und Mensch geforscht. Zu den Aufgaben des Instituts gehört es, Referenzlaboratorien zu betreiben zur Diagnostik von viralen Tierkrankheiten und die Bereitschaft für Krisensituationen sicherstellen, also für Seuchenausausbrüche und das Auftreten von neuen viralen Krankheitserregern. Dazu kommt interdisziplinäre Forschung zur Erarbeitung von Lösungen, ein Netzwerk mit Partnerorganisationen im In- und Ausland zu unterhalten, Ausbildung und Lehre sowie das Betreiben einer Hochsicherheitsanlage für den sicheren Umgang mit hochansteckenden Erregern. [IMG 2]

Die Forschungsschwerpunkte würden sich immer den aktuellen Gefahren anpassen, erklärt Barbara Wieland. Momentan liegen sie bei der Afrikanischen Schweinepest, der japanischen Enzephalitis, der Influenza-A-Viren inklusive Vogelgrippe, beim Bovine Virus Diarrhoe (BVD) und den Corona-Viren inklusive SARS-CoV-2.

Zusammenarbeit mit Bauern

Immer wieder erwähnt Barbara Wieland, wie wichtig für ein gut funktionierendes Tiergesundheitssystem die Zusammenarbeit mit den Bauernfamilien ist: «Landwirte und Bäuerinnen sind hierzulande gut ausgebildet», hält sie fest, «und sie sind täglich nahe bei den Tieren.»

Sie sähen als Erste, wenn es ihnen nicht gut gehe, und «können Aussergewöhnliches rasch an die richtigen Stellen weiterleiten». Die Schweiz sei ein «Hochgesundheitsland», und dank der guten Zusammenarbeit von Human- und Tiermedizin könnten Gefahren früh erkannt und reduziert werden.

Tiere dürfen besucht werden

[IMG 3]Barbara Wieland und ihr Team möchten nicht nur erklären, was im Hochsicherheitslabor passiert, das übrigens von aussen angeschaut werden kann. Auch können Blutspendetiere, die artgerecht auf dem Areal leben, im Stall oder auf der Weide besucht werden. Das sind zwei Braunviehkühe, vier Saanen-Geissen und 15 Skudden-Schafe mit ihren Lämmern. «Wir sorgen dafür, dass es auch den Tieren gut geht, die in Infektionsversuchen im Hochsicherheitslabor gebraucht werden», sagt die IVI-Leiterin zum Schluss. «Wenn es den Tieren gut geht, geht es auch uns Menschen gut – und umgekehrt.»

Das IVI kann nach Anmeldung über die Website besucht werden: www.ivi.admin.ch