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Wenn Promi-Moderatorin Patricia Boser für ihre Sendung «Lifestyle» einen Prominenten besucht, bleibt kaum etwas geheim. Sie öffnet den Kühlschrank, schaut ins Schlafzimmer und stellt charmant ziemlich private Fragen. Das kommt an.
Die Sendung läuft schon 25 Jahre, in dieser Zeit hat die Zürcherin laut der «Schweizer Illustrierten» über 1250 Hausbesuche gemacht.
Dass sie bei einem Bauern vorbeischaut, ist eher selten. «Als die Anfrage kam, sagte ich, ich sei doch gar kein Promi», erzählt Roland Schneider aus dem bernischen Hagneck. «Aber ein interessanter Mensch», habe Boser dann gesagt.
Begehrt auf Facebook
Roland Schneider kennt man seit Sommer 2020 aus der Datingshow «Bauer, ledig, sucht» auf dem Sender 3+. 3100 Facebook-Freunde hat der Seeländer mittlerweile (der Grossteil davon sind Frauen).
Dass er auf dem sozialen Netzwerk Nachrichten bekommt oder auch mal in der Öffentlichkeit erkannt wird, daran hat sich der 54-Jährige mittlerweile gewöhnt. «Ich habe mal etwas in eine Fabrik geliefert, da rief jemand, ‹ich kenne dich›», erzählt er amüsiert. Er sei sogar schon trotz Hygienemaske angesprochen worden, «sie haben mich an den Augen erkannt.»
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Ist weiterhin Single
Obwohl es mit der grossen Liebe in der Sendung nicht geklappt hat und der Landwirt weiter solo durchs Leben geht, blickt er mit positiven Gefühlen auf seine Teilnahme zurück: «Das war eine gute Sache.»
Selbst hatte er sich die Sendung schon jahrelang angesehen. «Es gab dann manchmal schon den einen oder anderen Bauern, bei dem ich dachte, der könnte sich ein bisschen besser verkaufen oder es geschickter mit den Frauen machen ...»
Tochter spielte Amor
Dann meldete ihn seine Tochter für das Format an. «Ich habe daraufhin zwei Bauern gefragt, die bereits mitgemacht hatten und beide meinten, es sei eine gute Erfahrung gewesen.»
Danach wollte Roland Schneider die Meinung seiner Freunde wissen und die sagten, «mach es, du bist offen, sympathisch und kannst dich gut verkaufen.» Er habe sein Bestes geben wollen, zeigen, dass es weltoffene, moderne Bauern gibt und «etwas charmant mit den Frauen umgehen», erinnert er sich. «Das ist, wie wenn du Besuch erwartest, dann putzt du auch schnell durch.»
Die Reaktionen seien dann auch grösstenteils positiv ausgefallen, sagt Schneider. «Ein Lohnunternehmer, mit dem ich im Winter Drainagen spüle, sagte: ‹Der Role hat es für uns gemacht›.»
15 Hektaren Ackerbau
Drainagen spülen ist nur eines der Standbeine des umtriebigen Landwirts. Auf seinen 15 Hektaren betreibt er Ackerbau, baut Kartoffeln, Karotten, Zuckerrüben, Weizen und Mais an, wobei seine Lieblingskultur die Rüebli sind. Er hat Platz für sechs Pensionspferde, die von den Halter(innen) versorgt werden, vermietet vier Wohnungen und ein Bed & Breakfast und baut Trockensteinmauern im Auftrag. Ausserdem saniert er Kieswege für die Gemeinde und dann gibt es noch «Rolis Wägelipark».
Die Tretkarts für Kinder vermietet er für Anlässe. «Eigentlich wollte ich damit vor 20 Jahren einen Kinderspielpark aufbauen. Ich habe jahrelang geplant und 130 000 Franken investiert.» Am Ende scheiterte das Projekt unter anderem am Widerstand der Gemeinde und des Kantons.
Betriebsspiegel Rolis Farm
Name: Roland Schneider
Ort: Hagneck BE
Ackerfläche: 15 ha
Produktionsform: ÖLN
Kulturen: Kartoffeln, Karotten, Zuckerrüben, Weizen, Mais
Tierbestand: vier Pensionspferde, Platz für sechs
Standbeine: Ackerbau, Wohnungen vermieten, Bed &Breakfast, Vermietung von Tretkarts fürKinder («Wägelipark»), Drainagen spülen, Kieswege sanieren für die Gemeinde, Bau von Trockensteinmauern.
Frau mit Geld heiraten
Doch von solchen Niederlagen lässt sich Roland Schneider nicht unterkriegen: «Ich bin der kleinste Bauer im Dorf, ich muss nebenbei noch andere Dinge machen.» Der 300-jährige Hof ist seit Anbeginn im Besitz der Familie. Zur Jahrhundertwende gehörte er zwei Familien, dann wanderte eine davon nach Amerika aus. «Mein Grossvater musste dann eine Frau mit Geld heiraten», erzählt Schneider.
Gewisser Druck zum Übernehmen
Selbst wuchs er mit zwei Schwestern auf. Es sei immer klar gewesen, dass er den Hof übernehmen solle, da sei auch ein gewisser Druck vonseiten der Eltern da gewesen. Nach der Lehre als Landwirt ging er mit 18 Jahren sechs Monate nach Norwegen und mit 20 neun Monate nach Kanada. «Die Auslandaufenthalte haben mir eine gewisse Weltoffenheit gegeben, ich habe gelernt, im Leben zu stehen und bin selbstständig geworden.» Mit 25 Jahren übernahm er dann den elterlichen Hof.
Auch mal spontan weg
Daneben arbeitete er jahrelang auswärts, davon zehn Jahre als Schlosser, war als Chauffeur unterwegs und gärtnerte. «Aber da ist dann immer dieser Druck, du musst auswärts gehen, daheim bleibt die Arbeit liegen … ich glaube, das kennen alle Bauern mit einem Nebenjob.»
Er habe immer versucht, es allen recht zu machen, aber das habe nicht immer funktioniert. «Dann war meine Ex-Frau verärgert, mein Chef unzufrieden und auf dem Hof hätte ich immer zu tun gehabt.» Seit vier Jahren ist der Vater von zwei Töchtern (22, 18) und einem 15-jährigen Sohn geschieden.
Sein eigener Chef
Heute ist er sein eigener Chef, das gefällt Roland Schneider. «Ich habe gelernt, das Leben zu geniessen. Ich nehme mir auch mal die Zeit, Töff fahren zu gehen oder ein paar Tage ins Tessin zu reisen.» Das wünscht er sich auch für die Frau an seiner Seite: «Ich will eine Frau, mit der ich das Leben geniessen kann, keine Bäuerin, die hier mitarbeiten muss. Ich bin schon ein Beziehungsmensch.»
Roland Düsentrieb
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Was man in «Bauer, ledig, sucht» auch gesehen hat: Der Ackerbauer ist ein Tüftler und hat schon mehrere Maschinen umgebaut. Vor die Sämaschine baute er eine Rolle, damit sie schön über die Rüeblidämme fährt. Auch die Erntemaschine baute er selbst, eine gezogene, mit einer gelenkten Achse hinten, dass er volle Paloxen auf der Maschine haben kann.
Heuer hat Roland Schneider vorne eine nivellierende Aufnahme angebaut, mit einem Fahrradrad und Sensoren, die die Höhe messen. «Manchmal habe ich so Ideen und bin dann selbst überrascht, dass es funktioniert. Die anderen Bauern kommen dann schauen, was der Rölu wieder für eine Spinnerei in der Garage hat», sagt er mit einem Lachen.
Lieber einen besseren Preis
Für die Zukunft hat Roland Schneider keine besonderen Pläne. «Ideen habe ich immer viele, aber ich muss jetzt mal das weitermachen, was ich schon habe.» Ausserdem würde er sich besseres Wetter wünschen als 2021, «ein Ackerbaujahr zum Vergessen.» Ganz generell sagt er: «Ich hätte lieber keine Direktzahlungen, dafür einen etwas besseren Preis für meine Produkte.»