«Es soll ein schönes Fest werden», sagt Meisterlandwirt Walter Bachmann sichtlich stolz. Schon seit 100 Jahren werden in seiner Werkstatt auf dem Knubel im bernischen Eggiwil Alphörner produziert. Es sind Alphörner, die noch mit Handarbeit und mit viel Fingerspitzengefühl gebaut werden.

«Dieses Jubiläum wollen wir natürlich feiern, es bedeutet uns sehr viel», freut er sich. Das zweitägige Fest soll mit einem Alphorntreffen, einer Alpabfahrt, einer Jubiläumsfeier und einem Alphornwettblasen über die Bühne gehen.

Rund 100 Arbeitsstunden

Auch an diesem Freitagnachmittag wird in der Werkstatt gehobelt, geschliffen und gedrechselt. An der Werkbank stehen neben Walter auch sein Vater Hansruedi Bachmann und Roland Schenk, ein Nachbar, der in einem 60%-Pensum angestellt ist.

Jedes Jahr verlassen rund 25 Alphörner die Werkstatt, daneben werden alte Alphörner repariert und zu neuem Glanz erweckt. Jedes der neuen Alphörner ist ein Unikat, rund 100 Arbeitsstunden liegen hinter einem Exemplar. Es ist keine Massenware, vielmehr sticht jedes Alphorn nicht nur äusserlich, sondern auch mit seiner Tonqualität hervor.

«Wir konnten schon bis nach Amerika liefern», erzählt der Betriebsleiter. So ist es nicht verwunderlich, dass man bei einer Alphorn-Bestellung eine Wartefrist von mindestens acht Monaten in Kauf nehmen muss. Die Preise bewegen sich dabei von 2500 Franken aufwärts.

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Eine Maschine aus Holz

«Ein Alphorn besteht nicht mehr wie früher aus einem einzigen Baum», sagt Walter Bachmann. Heute würden sie aus drei oder fünf Stücken bestehen. Die Alphörner werden aus einzigartigem Klangholz aus der Region angefertigt. Holz, das man selbst sucht oder das einem angeboten wird. Ein Bachmann-Alphorn besteht zu 98 % aus Handarbeit.

«Diesen Hobel hier und diese Maschine aus Holz dort, die hat mein Grossvater erfunden, und wir arbeiten noch immer ausschliesslich damit», erzählt der Meisterlandwirt und setzt gekonnt den runden Hobel an, um an einem Alphornrohling ein paar Späne wegzuschneiden. Bachmann, der nebenbei noch einen Landwirtschaftsbetrieb mit 13 Milchkühen führt, ist zwischen den Stallarbeiten meistens in der Werkstatt anzutreffen. «Wenn wir viele Aufträge haben, die termingebunden sind, bin ich auch abends mit dem Alphornbau beschäftigt», hält er fest.

Für zwei Franken verkauft

Walters Bachmanns Grossvater Ernst Schüpbach hat mit der Alphornmacherei auf dem Knubel angefangen. «1925, an der ersten Chapfchilbi, hat er als 13-jähriger Bub zum ersten Mal ein Alphorn gehört», weiss Walter Bachmann von Grossvaters Erzählungen. Völlig fasziniert habe der 13-Jährige damals dann zu Hause aus einem krummen Baum sein erstes Alphorn gebaut und es dann später für zwei Franken weiterverkauft. «Seine Eltern hatten kein Geld, um ihm damals selbst ein schönes Alphorn zu kaufen. Denn auf dem vier Hektaren grossen Heimetli vermochte man nicht mal ein Pferd, sondern man fuhrwerkte noch mit den eigenen Kühen», so Walter Bachmann.

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Doch die Begeisterung für das Alphorn liess Ernst Schüpbach nicht mehr los: Aus seiner Begabung wurde Leidenschaft, und Schüpbach wurde mit der Zeit einer der gefragtesten Alphornbauer im Land. «Sein zweites Alphorn konnte er immerhin schon für 50 Franken verkaufen», sagt Walter Bachmann und lacht beim Erzählen der Geschichte. Über seinen Vater Hansruedi Bachmann, der durch Einheirat auf den Knubel kam, landen wir bei der zweiten Generation.

«Den Alphornbau habe ich damals bei meinem Schwiegervater Ernst gelernt», so der 82-jährige, rüstige Rentner. Hansruedi Bachmann weitete nicht nur das Geschäft aus, sondern konnte seinem Sohn Walter, der jetzt die dritte Generation bildet, die Leidenschaft des Alphornbaus übergeben. Obwohl er auch fort gewesen sei, im Ausland, und viel anderes gesehen habe, habe ihm sein Vater die Wahl gelassen, ob er den Alphornbau weiterführen wolle. «Die Entscheidung war damals goldrichtig», sagt Walter Bachmann heute. Denn neben der Landwirtschaft habe er die Berufung zum Alphornbau gefunden.

Ein schönes Fest

Nun nimmt Walter Bachmann ein neues Alphorn in die Finger und trägt es ins Freie hinaus. Mit sanften Tönen lässt er das Echo über den Knubel gleiten. «Das Spielen habe ich mir als Jugendlicher selbst beigebracht, oder besser gesagt, ich habe mir das Grundgerüst in der Musikschule in Eggiwil geholt», meint er bescheiden. Obwohl ein Alphorn bis zu 70 Jahre alt werden kann, gehen ihm die Aufträge nicht aus, denn Alphornspielen sei bei Jung und Alt populär geworden. «Das bekomme ich immer wieder zu hören. Mit unserem Fest, das wir am letzten September-Wochenende durchführen, erfüllen wir uns einen grossen Traum, einen, der schon 100 Jahre alt sein darf.»