«Herausforderungen wecken meinen Kampfgeist», sagt Carmen Schwarb. Dabei wirkt sie vor allem friedlich und entspannt, wie sie an diesem Sommermorgen auf dem Landwirtschaftsbetrieb ihrer Eltern in Münchwilen AG Hündin Koja und deren Welpen knuddelt. Aber die junge Frau ist auch gerne in einem höheren Tempo unterwegs.
Junge Co-Direktorin
Mit 29 Jahren ist Carmen Schwarb bereits Co-Direktorin des renommierten Hotel- und Restaurantbetriebs «Der Teufelhof» in Basel. Im Juli feierte sie den Abschluss des Fachkurses Bäuerin am LZ Liebegg mit ihrem siebenmonatigen Sohn Levi auf den Knien. Bis zwei Tage vor seiner Geburt hatte sie neben der Bäuerinnenschule Vollzeit in ihrem Erstberuf gearbeitet. «Ja, es war zeitweise sehr anstrengend, nicht jeden Moment wünsche ich mir zurück», erzählt sie. «Aber grundsätzlich mag ich Abwechslung und Diversität, das eine gibt mir Energie für das andere. Ich hänge eher dann ab, wenn es eintönig wird.»
Mit 16 Jahren hatte es Carmen Schwarb vom Land in die Stadt gezogen. In Basel machte sie eine kaufmännische Lehre. Das geschäftige Leben und die internationalen Kontakte gefielen ihr, gleichzeitig spürte sie, wie ihr die freien Tage zu Hause auf dem Bauernhof gut taten. Sie schloss die Lehre ab, arbeitete auf ihrem Beruf und hängte eine Fachhochschulausbildung im Bereich Marketing und Kommunikation an.
Betriebsspiegel
Betriebsleitung: Heiner und Rita Schwarb
Ort: Münchwilen AG
LN: rund 60 ha im Aargau, Alp im Waadtland. ÖLN-Gemeinschaft.
Viehbestand: Rund 40 Galloway-Mutterkühe, rund 30 Damhirsche, rund 30 Schafe, Forellenzucht
Weiteres: Direktvermarktung des Fleisches, Verkaufs- und Degustationsraum
Rinder, Damhirsche, Schafe
Zu Hause führen ihre Eltern Heiner und Rita Schwarb den Betrieb mit Gallowayrindern, Damhirschen und Schafen; das Fleisch der Tiere vermarkten sie mehrheitlich direkt. Die 40 Mutterkühe mit ihren Jungtieren verbringen den Sommer auf der betriebseigenen Alp im Waadtland. Auf dem Feld produziert Familie Schwarb Getreide, Raps, Futtersoja, Zuckerrüben und Mais.
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Während Tochter Carmen beruflich zügig vorwärtskam, tauchte allmählich die Frage nach der Zukunft des elterlichen Betriebs auf. Die Familie liess sich beraten und der Tochter wurde klar: «Ich möchte, dass der Betrieb in der Familie bleibt.» Das sieht ihre vier Jahre jüngere Schwester Lena genauso. Sie arbeitet seit zwei Jahren einen Tag pro Woche auf dem Betrieb, während Carmen die Buchhaltung führt und bei Arbeitsspitzen hilft. Die Bäuerinnenausbildung legte ihr der Berater ans Herz und Carmen meldete sich kurzentschlossen am LZ Liebegg an.
«Buchhaltung liegt mir mehr als Kochen»
Gelernt hat Carmen Schwarb beides
«Soll durchlässiger werden»
Die Schule an der Liebegg empfand sie als Auszeit, als Zeit für sich selbst. «Buchhaltung liegt mir definitiv mehr als Kochen, aber alle Fächer haben Spass gemacht.» Mit der gewohnten Energie kniete sie sich in den Stoff, trainierte an ihrem Arbeitsplatz unter Aufsicht der Hotel-Gouvernante das Hemdenbügeln und die Zimmerreinigung. «Es war ein Spass für alle, dass sich die Chefin das WC-Putzen erklären liess.»
Einen einzigen Optimierungsvorschlag hat Carmen Schwarb in Bezug auf den Fachkurs: «Bäuerinnen- und Landwirtschaftsschule sollten durchlässiger werden.» Dass nur die einen Kochen und Putzen lernen und nur für die anderen Feld- und Stallarbeit obligatorischer Unterrichtsstoff ist, findet sie nicht zeitgemäss.
Der Fachausweis Bäuerin ist Carmen Schwarbs nächster Schritt unterwegs zur Führung des elterlichen Betriebs gemeinsam mit ihrer Schwester. Vater Heiner wird in zwei Jahren pensioniert, Mutter Rita ist einige Jahre jünger und bei der Arbeit auf dem Hof noch voll in ihrem Element. Jeden Freitag kocht sie für Gäste im Hübel-Stübli, das ein wichtiger Treffpunkt für die Fleischvermarktung ist.
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Familie und Bauernhof
Stadt oder Land, Hotel oder Bauernhof? Carmen Schwarb fühlt sich an beiden Orten wohl, aber müsste sie sich entscheiden, würde der Bauernhof gewinnen. Auch ihr Lebenspartner Luca Jegge hat Freude an der Landwirtschaft und an der Zukunft des Betriebs, er ist Forstwart und Jäger wie ihr Vater Heiner. Auf den Kontakt zu Gästen müsste die junge Frau auf dem Hof nicht verzichten: «Meine Schwester wird den Betrieb erstmal in den gewohnten Bahnen weiterführen. Wir unterstützen sie dabei und wollen das Betreuungsangebot später einmal ausbauen», schaut sie in die Zukunft.