Schon von Weitem sind sie als weisse und braune Punkte, die sich gemächlich durcheinander bewegen, auf der Wiese sichtbar: Die Legehennen spielen auf dem Weidhof im zürcherischen Schöfflisdorf, einer kleinen Gemeinde am Fusse der Lägern, eine wichtige Rolle. «Bereits meine Grossmutter hat hier Hühner gehalten», erzählt Mischa Müller. Und schon Jahre bevor er 2021 den Biobetrieb übernahm, hatten seine Eltern einen Eier-Aboservice aufgebaut.
Interessante Tiere
Heute halten Mischa und Mirjam Müller rund 400 Legehennen in zwei Gruppen, die beide über grosszügige Ausläufe und Weiden verfügen. Jeder Henne stünden im Freien mehr als die fünf Quadratmeter, die von Bio Suisse verlangt werden, zur Verfügung, so der Landwirt. Die Hühner liegen ihm am Herzen: «Es sind interessante Tiere, ich könnte sie stundenlang beobachten», sagt Müller. Manche könne er mit der Zeit von den anderen unterscheiden.
Um die Hennen vor Fressfeinden zu schützen, sind nicht nur die Ausläufe, sondern auch die Weiden von hohen Zäunen eingefasst. «Doch es braucht einen Flexizaun im oberen Bereich, um den Fuchs fernzuhalten», so Müller. Schwieriger sei es, Angriffe durch den Habicht abzuwehren. Obwohl die Hühner in verschiedenste Unterschlüpfe flüchten können, schaffe es der Hühnervogel ganz selten, eines zu erbeuten.
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Morgens um halb sechs
Die Eier vermarktet die Familie Müller grösstenteils direkt via Lieferservice. Derzeit zählt sie rund 110 Abokunden. Für das Sortieren und Verpacken der Eier ist Mutter Silvia zuständig. Die Auslieferung erfolgt dreimal pro Woche frühmorgens ab halb sechs mit dem Renault Kangoo. Das eigene Dorf wird wöchentlich frequentiert, vier weitere Dörfer in der Umgebung vierzehntäglich. Die Abos sind flexibel, das heisst: «Die Kunden können von Mal zu Mal entscheiden, ob sie Eier beziehen wollen», erklärt Mischa Müller. Weitere regelmässige Kunden sind eine Bäckerei, eine Kochschule sowie ein Alterswohnheim in der Gegend. Auch gelangen die Eier via Hofladen eines befreundeten Betriebs an die Konsument(innen).
Eine weitere Spezialität sind die Suppenhühner: Vor rund zehn Jahren, als sich Mischa Müller am Strickhof zum Agrotechniker ausbilden liess, suchte er einen Weg, um Legehennen nach der Ausstallung sinnvoll zu nutzen. «Anfänglich war ich unsicher, ob genug Nachfrage dafür besteht.» Doch die ersten Suppenhühner seien im Nu verkauft worden. Seither bringen Müllers ihre Hennen nach der Legezeit in einen Schlachtbetrieb im Kanton Bern. «Es gibt hierzulande nur noch wenige Metzgereien, welche Geflügel verarbeiten», sagt der Biolandwirt. «In unserer Gegend hat es keinen einzigen mehr.» Müllers verkaufen das Fleisch als ganze Poulets oder in Form von Geschnetzeltem oder Gehacktem. Der Schlachtzeitpunkt fällt jeweils vor den Sommerferien an. Da ein Teil der Charge tiefgekühlt wird, sind die Poulets während des ganzen Jahres erhältlich.
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Keine spezielle Werbung
Zum Hofangebot gehört auch Biobeef. Zehn bis zwölf Kälber kommen jährlich in der eigenen Mutterkuhherde zur Welt. Bevor ein Tier geschlachtet wird, erhalten die Kunden eine Benachrichtigung. «Speziell Werbung machen wir nicht», sagt Mischa Müller. «Eine Ankündigung auf der Website sowie eine Statusmeldung auf Whatsapp reichen normalerweise.» Dennoch, räumt der Zürcher Unterländer ein, es brauche Zeit, bis ein Kontaktnetz aufgebaut sei. Die Vermarktung sei ein nicht zu unterschätzender Prozess.
Zum Betrieb in leichter Hanglage gehören gesamthaft 32 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche. In den flacheren Lagen betreiben Müllers Ackerbau. Dazu kommen rund 150 Hochstämmer, mehrheitlich Birnbäume. Die Ernte liefern sie der Mosterei E. Brunner AG in Steinmaur zur Birnelproduktion. Bei den verschiedenen landwirtschaftlichen Tätigkeiten wird die jüngere Generation auch von Vater Kurt Müller unterstützt.
Kinder bemalen Eier
Der Weidhof ist vielseitig aufgestellt; in letzter Zeit sind weitere Betriebszweige dazu gekommen: An einem Vormittag pro Woche leiten Mischa und Mirjam Müller eine Bauernhofspielgruppe. «Dabei beziehen wir die Vorschulkinder bewusst in den landwirtschaftlichen Jahreskreislauf mit ein», sagt der zweifache Vater. Zum Beispiel, indem sie im Frühling gemeinsam Ostereier bemalen oder Kartoffeln pflanzen und diese Ende Sommer ernten. Auch die drei Alpakas, die ursprünglich für die Hennen zum Schutz vor Greifvögel auf den Hof kamen, sollen künftig vermehrt für die Kinder zum Einsatz kommen, etwa auf Spaziergängen. Es sei spannend, wie die verschiedenen Bereiche des Betriebs miteinander vernetzt werden können, so Müller. Seit letztem Jahr ist der Weidhof zudem bei «Schule auf dem Bauernhof» angeschlossen. Auch dieses Jahr haben schon einige Klassen den Hof besucht.
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Begegnungsort schaffen
Zwar liegt der Betrieb etwas abgelegen vom Dorf. Doch Mischa Müller kann sich gut vorstellen, dass aus dem Weidhof mehr und mehr ein Begegnungsort wird. Mit ihren Angeboten sprechen Müllers vermehrt eine jüngere Kundschaft an, insbesondere Familien. «Das hat auch damit zu tun, dass unsere eigenen Kinder im Vorschul- und Schulalter sind», so Müller. Auch für den Hofladen, der bisher nur eine kleine Rolle gespielt hat, gibt es Pläne: «Am neuen Ort kommt er besser zur Geltung», sagt Müller. Der dafür vorgesehene Container steht schon parat.
Betriebsspiegel Weidhof
Mischa und Mirjam Müller mit Jael und Jonas
Ort: Schöfflisdorf
Produktionsweise: Bio
LN: 32 ha
Tiere: Rund 400 Legehennen, 12 Mutterkühe mit Kälbern, 3 Alpakas
Ackerbau: Gerste, Körnermais, Weizen, Dinkel, Gerste/Erbsen, Kunstwiese
Weitere Betriebszweige: 150 Hochstammbäume, Bauernhofspielgruppe, Schule auf dem Bauernhof
Vermarktung: Eier und Fleisch (Beef und Suppenhühner) direkt via Website und Hofladen. Eier zudem via Abo sowie über regionale Läden und Institutionen
Familiäre Unterstützung: Eltern Kurt und Silvia Müller, Grossmutter Lina Müller