Aufgewachsen ist Brigitte Favre im bernischen Aarberg und in Biel absolvierte sie das bilingue Gymnasium. «Erst dann durfte ich meinen Traumberuf Bereiterin in Angriff nehmen, und zwar im Schweizer Nationalgestüt in Avenches», schmunzelt Favre, deren Eltern beide einem Lehrerberuf nachgingen. Geritten ist die 40-Jährige schon als Schulmädchen und Gefallen an der Landwirtschaft fand sie in den Ferien auf einem Bergbetrieb. Immer schon verspürte sie den Drang zu den Tieren, etwas anderes kam für sie gar nicht infrage.

Getrennt und doch gemeinsam

Nach der Lehre zog es Brigitte Favre für ein Landwirtschaftspraktikum auf einen Bauernbetrieb im Jura, bevor sie den Bachelor Agronomie mit der Vertiefung Pferdewissenschaften an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelsicherheit (HAFL) in Zollikofen BE abschloss. Bereits während des Studiums war die junge Pferdenärrin Teilzeit beim Schweizerischen Freibergerverband als Verantwortliche Herdebuchstelle angestellt und bekam viel Einblick in die Freibergerzucht.

Gemeinsam mit Thierry Froidevaux pachtete sie im Jahr 2012 den Betrieb Sous-la-Neuvevie in Saignelégier – einen Hof im Besitz der Pferdezuchtgenossenschaft Burgdorf. Rund zwei Jahre später ging die Beziehung auseinander. «Aber wir beschlossen, Geschäftspartner zu bleiben, denn alles hier gehört uns gemeinsam. So leben wir nun beide mit unseren jeweiligen Familien in zwei Wohnungen auf dem Betrieb. Wir haben unsere Bereiche definiert, das Ding von Thierry sind die Kühe und Feldarbeit, während ich für die Pferde und das Administrative zuständig bin. Der Kauf und Verkauf von Tieren oder Maschinen, welche Kulturen wo angebaut werden und weitere wichtige Entscheidungen werden immer gemeinsam besprochen, das ist uns wichtig», so die Agronomin.

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Freiberger sind Familiensache

Es versteht sich von selbst, dass die zwei Kinder von Brigitte Favre, die fünfjährige Nolwenn und der achtjährige Maël, das Pferde-Gen übernommen haben und nach Schulschluss zuerst über die Weide streifen und ihren Tieren Hallo sagen. «Maël durfte eines der diesjährigen Fohlen benennen und so tummelt sich nun in der grossen Herde ein Fohlen namens Batman», lacht die Züchterin und erinnert sich gerne an ihr erstes eigenes Pferd, ein 2007 gekauftes Warmblutfohlen: «Die Mutter des Fohlens kam zum Decken ins Gestüt und ich habe mich sogleich in das Stütchen verguckt. Ich konnte ihren Besitzer überzeugen und das Fohlen erstehen, bildete es selbst aus und absolvierte mit ihm den Feldtest.» Freiberger-Zuchtstuten und -Fohlen wurden gekauft, der Pferdebestand wuchs stetig und es entstand ein Zucht- und Fohlenaufzuchtstall mit heute 15 Einstellern.

Strahlemann Hayden PBM

Der «Meilenstein» in der Zuchtgeschichte Froidevaux/Favre ist der 2012 gekörte Freibergerhengst Hayden PBM (Houston/Eiger), welcher heute 16 Jahre alt ist und als Fohlen von Thierry und seinen Eltern gekauft wurde. «Er hat uns so viel gegeben, uns mit vielen Leuten verbunden und zusammengebracht. Wir haben die Zucht auf und um ihn herum aufgebaut. Er ist ein Familienmitglied mit einem unbeschreiblich tollen Charakter», betont Brigitte Favre, die mit dem Hengst an Dressurprüfungen gestartet ist und von Patrouillenritten bis Freizeit-Fahrprüfungen vielseitig mit ihm unterwegs war.

Als Fahnenträger an Umzügen des Marché Concours ist er unvergessen. Und nicht nur einmal ist die Züchterin mit Hayden PBM ohne Sattel von zu Hause durch den ganzen Markt bis zum Stallgebäude geritten. Mit Thierry Froidevaux lief er erfolgreich Promotions- und Lizenz-Fahrprüfungen und auch inmitten von Stuten und Fohlen ist der Hengst stets ganz Gentleman und hochanständig: «Hayden PBM ist nicht so gerne alleine, er wiehert dann seiner Herde. Deshalb sind Quadrillen mit anderen Hengsten ganz sein Ding und da fühlt er sich wohl», berichtet sie.

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Schönes Exterieur und Interieur

Mittlerweile gehen sechs gekörte Nachkommen auf Hayden PBM zurück, nämlich Hydromel, Hastral, Hoby-Wan, Happyboy BW, Harry-Potter de la Grand-Fin sowie der 2024 gekörte Hivar des Rochelles, der ebenfalls im Besitz von Favre/Froidevaux ist und als Fohlen zu ihnen kam. Mit Hannael, einem Sohn von Hydromel, ist die nächste Generation am Start. Und mit Hypérion du Céjour wurde letztes Jahr ein Nachkomme von Hannael gekört, es geht also weiter in der Geschichte.

«Es war ein langer, manchmal auch etwas steiniger Weg, da etliche Menschen Hayden PBM nur auf die schwarze Farbe reduziert haben, Neid vorhanden war und ich lernen musste, mit Emotionen umzugehen. Ich will überzeugt sein von dem, was ich züchte. Es sollen auffällige, typstarke, mit angenehmen Gängen ausgestattete und charakterlich einwandfreie Pferde sein», sinniert Brigitte Favre, die mit dem Hengst viel gelernt hat und gut über ihren eigenen Schatten springen kann.

Die Huskys vor dem Schlitten

Das hilft ihr auch in ihrer weiteren Passion, der Politik. Sie ist im Kantonsrat, beendet bald ihre zweite Legislatur und ist die erste SVP-Frau in den Freibergen: «Ich hatte immer schon ein Flair für die Politik und erinnere mich an viele spannende Diskussionen mit meiner Mutter am Küchentisch oder mit dem Geschichtslehrer in der Schule, der uns dafür begeistern konnte.»

Ein weiteres Flair der innovativen Frau ist die Hundezucht. So wuseln beim Besuch der BauernZeitung zwei ganz junge Appenzeller Hunde umher. Ihr Herz brennt für die Huskys und den Zughundesport, zudem bewegt sie sich gerne draussen. «Meine 15 Huskys sind die grosse Leidenschaft neben den Pferden. Hunde anspannen und auf den Wagen oder Schlitten stehen und schon bin ich in einer anderen Welt, hier kann ich abschalten», erzählt Favre.

Ab in die Mühle Hunziken

In ihrer eher spärlichen Freizeit besucht Brigitte Favre gerne Konzerte von «Troubas Kater», einer Schweizer Mundart-Band aus Bern, in der Mühle Hunziken besucht: «Diese Konzerte sind für mich ein Heimkommen, denn ich besuche sie mit meiner Schwester und dem Kollegenkreis von früher.»

Betriebsspiegel Sous-la-Neuvevie
 
LN: 75 ha
Label: Bio Suisse
Kulturen: Urdinkel, Eiweissesrbsen mit Gerste gemischt, zeitweise Roggen
Viehbestand: 25 Mutterkühe der Rasse Rätisches Grauvieh zur Produktion von Natura-Beef und Natura-Veal
Pferdebestand: 56 Pferde, darunter drei Deckhengste, 12 Zuchtstuten, 35 Jungpferde und Fohlen, drei Ponys und drei Einsiedler-Stuten
Betriebszweige: Fohlenaufzucht, Ausbildung von Jungpferden, Pferdehandel und Betriebsführungen für den Naturpark Doubs, Rindersömmerung, Ackerbau