«Wenn du glaubst, die Wirtschaft sei wichtiger als die Umwelt, dann versuche doch den Atem anzuhalten, während du dein Geld zählst.» Diese Aussage (auf Englisch) von Professor Guy McPherson von der Universität Arizona begrüsst die Besucher auf der Website der Familie Weber vom Neuhof.

«Mein Vater Werner hat das Zitat irgendwann irgendwo gelesen», sagt Chantal Weber. «Es gefiel uns allen gut, so dass es zu einem unserer Leitsprüche geworden ist.» Die 26-Jährige arbeitet als landwirtschaftliche Angestellte auf dem Hof ihres Vaters in Liestal BL, der ihn in vierter Generation führt. Sie wird ihn eines Tages übernehmen; ab nächstem Jahr bilden sie und ihr Vater eine Generationengemeinschaft.

Unsicher bei der Berufswahl

«Als Teenager wusste ich nicht, welchen Beruf ich ergreifen sollte», erzählt Chantal Weber weiter. «Mein Vater empfahl mir eine Lehre als Landwirtin. Er ist Meisterlandwirt und meinte, ich könnte das erste Lehrjahr bei ihm absolvieren.»

Der jungen Frau gefiel die Idee. Es würde ihr ein weiteres Jahr Gelegenheit geben, über ihren Beruf nachzudenken. Das Jahr war um, und sie wollte nichts anderes mehr machen. Ihr Vater habe ihr offen die Freuden und Leiden eines Betriebsleiters aufgezeigt.

Ihr jüngerer Bruder Jan machte bei der Gemeinde Langenbruck BL die Ausbildung als Fachmann Betriebsunterhalt und hilft gerne mit auf dem Hof. Aber in dieses Geschäft einsteigen möchte er nicht. Er wohnt daheim und absolviert eine Zweitausbildung als Strassenbauer. Chantal Weber zog für die beiden anderen Lehrjahre ins Welschland und ins Berner Mittelland und studierte anschliessend Agronomie an der Berner Fachhochschule.

Beim Hofrundgang sowie bei Begegnungen mit Familienmitgliedern und Angestellten ist spürbar, dass auf dem Neuhof eine angenehme Atmosphäre herrscht. Die junge Landwirtin erklärt: «Ich habe momentan viel zu tun und zu überlegen, aber ich profitiere von der Unterstützung von allen Seiten.» Sie bewundert ihren Vater Werner Weber, wie er seine Aufgaben in der Administration und draussen unter einen Hut bringt.

Vielseitige Zusammenarbeit

Zur Familie gehört Werner Webers Partnerin Wioletta Roman, die sich um die 600 Legehennen und den Hofladen kümmert, wo Kartoffeln, Zwiebeln, Eier, Fleisch und Kürbisse aus eigener Produktion angeboten werden. Chantal schwärmt: «Sie ist in der Umgebung bekannt für die herrlichsten Zöpfe.» Chantals Mutter Ursula Strübin zog vor ein paar Jahren einige Häuser weiter. Sie engagiert sich weiterhin auf dem Hof und betreut die beeindruckende Website. «Es ist grossartig, wie meine Eltern die Trennung lösten.»

Seit zwei Jahren arbeitet Mirek Niemczyk bei Familie Weber. Er betreut die 20 Vollpensionspferde und springt dort ein, wo es ihn braucht, etwa bei den 21 Mutterkühen oder auf den Feldern. In Spitzenzeiten lebt und arbeitet zudem ein polnisches Paar bei der Familie.

Sie hätten Glück mit ihren Arbeitskräften, lobt Chantal. Ihr Partner Stefan Wiesler ist Polymechaniker und lebt mit ihr im grossen Bauernhaus. Sie verrät, er sei nicht abgeneigt, sie eines Tages zu unterstützen. Schliesslich sei er auf einem Bauernhof aufgewachsen.

Zum Znüni treffen sich alle im Raum neben dem Hofladen. Der Tagesablauf wird besprochen, Chantal Weber und Wioletta Roman vereinbaren, wer das Mittagessen zubereitet. Auf einem Betrieb wie dem ihren sei eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten enorm wichtig, hält sie fest. Das sei manchmal eine Herausforderung, schliesslich hätten sie alle ihre Ansichten und Empfindungen. Zwischen den Generationen könne es Reibungspunkte geben. «Zum Glück ist mein Vater da, der gute Ratschläge erteilen kann, bevor ich das Ruder übernehme.»

Erwartungen an Frauen

Beim Gespräch mit der jungen Frau blitzt immer wieder der Gedanke an die Hofübernahme auf. Sie ist sich bewusst, dass sie grosses Glück hat, einen gut aufgestellten Betrieb zu übernehmen. Sie hat aber auch grossen Respekt vor dieser Aufgabe. Sie ist ihrem Vater und den Vorfahren dankbar für das Werk. «Hin und wieder habe ich allerdings Mühe, dass von Frauen, egal ob Bäuerin oder Landwirtin, mehr erwartet wird in Bezug auf die Hausarbeit als von männlichen Familienmitgliedern», meint Chantal Weber.

Das soll keine Anschuldigung sein gegen jemanden. Sie möchte lediglich festhalten, sie persönlich habe das Gefühl, dass sie sich mehr beweisen müsse, als wenn sie als Bub auf die Welt gekommen wäre. Einerseits seien da die vielseitigen Aufgaben der Betriebsleiterin; andererseits koche und backe und putze sie. «Dem wäre wohl nicht so, wenn ich ein Mann wäre», sinniert sie und fügt hinzu, dass sie gerne wissen würde, wie andere Frauen in der gleichen Situation ihre Lage sehen.

Weitere Informationen: www.weber-neuhof.ch