Während zu Beginn des Lockdowns enorm viele Eier verkauft wurden, zeigt die Corona-Krise ihre Auswirkungen nun auch auf dem Markt für Junghennen: Wer aktuell Geflügel beziehen will, muss lange suchen.

Mit Wartezeiten rechnen

So kann etwa die Firma Wüthrich Geflügel AG aus Belp bei Bern bis im Juli keine neuen Tiere liefern. «Wir sind komplett ausverkauft, was Junghennen angeht», lässt das Unternehmen verlauten. Aufgrund der Corona-Krise ist die Nachfrage in den letzten Wochen förmlich explodiert. Wegen der vielen Vorbestellungen müssten Kunden aktuell ein bis zwei Monate auf ihre Bestellungen warten, äussert sich Wüthrich auf Anfrage. Während man bei Wüthrich im Normalfall das ganze Jahr über an jeweils zwei Terminen im Monat Tiere von Zulieferern beziehen könne, müsse man die Bestellungen aktuell auf eine Warteliste setzen, die man dann zu gegebener Zeit Stück für Stück abarbeiten werde. Andere Produkte, wie etwa Eier-verpackungen, seien aber weiterhin jederzeit problemlos lieferbar, heisst es vonseiten des Unternehmens.

Vorerst keine Entspannung

Ähnlich wie aus dem Bernbiet tönt es auch aus dem Luzernischen. Kunden von Fischer Junghennen aus Malters müssen sich laut der Website des Unternehmens im besten Fall noch bis Ende Juni gedulden, wenn sie aktuell Junghennen bestellen wollen. Bis sich die Lage aber ein Stück weit entspanne, dauere es voraussichtlich noch bis in den Herbst, äussert sich Mitinhaber Raphael Fischer auf Nachfrage der BauernZeitung. «Den Normalzustand erreichen wir aber wohl erst gegen Ende des Jahres.» Fischer berichtet, wie zu Beginn der Corona-Krise die Nachfrage nach Eiern innert kurzer Zeit in die Höhe geschnellt sei. «Etwa zwei Wochen später ist das Gleiche mit der Nachfrage nach Junghennen passiert», sagt der Unternehmer.

«Viele haben als Reaktion auf die gestiegene Nachfrage ihre Bestände kurzfristig erhöht. Teilweise haben Landwirte sogar eigens mobile Hühnerställe dazugekauft, um mehr Tiere halten zu können. So sind wir nun – bis auf einige Kleinposten – ebenfalls ausverkauft, was Junghennen betrifft», sagt Fischer zur aktuellen Lage.

Auch bei den Grossen knapp

Nicht anders präsentiert sich die Situation bei den ganz grossen Geflügelzüchtern: Auch bei der Burgmer Geflügelzucht AG in Weinfelden TG sind Junghennen zumindest für kurzzeitige Bestellungen Mangelware, wie Tury Wagner, Mitglied der Geschäftsleitung, bestätigt. «In den letzten Wochen hat der landesweite Konsum von Schaleneiern um 15 bis 20 Prozent zugenommen. Sowohl im Detailhandel als auch im Direktverkauf ist der Absatz enorm gestiegen, es sind aussergewöhnlich viele Eier verkauft worden. Folglich ist auch die Nachfrage nach Junghennen gestiegen. Alle wollen noch mehr Hühner einstallen, dazu erweitern viele ihre Ställe oder bauen sogar neue.» Um die noch immer hohe Nachfrage nach Eiern zu decken, setzen die grossen Eierproduzenten laut Wagner aktuell alles daran, die Produktionszyklen zu optimieren. So würde etwa Tag und Nacht gearbeitet, um die Ställe nach einem Zyklus gründlich zu reinigen und möglichst rasch wieder zu bestücken. Der Corona-bedingte Mehrabsatz an Eiern und die weiteren Entwicklungen im gesamten Sektor hätten einen entsprechenden Einfluss auf den Junghennenmarkt, sagt Wagner: «Teilweise wirkt sich das sicher auch mit der entsprechenden Nachhaltigkeit aus. Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass sich der Zustand kurzfristig ändern wird.»

Viele Kleinabnehmer

Wie die angefragten Unternehmen bestätigen, wird die Marktsituation zusätzlich dadurch verschärft, dass in diesem Frühling neben Kunden aus der Landwirtschaft auch zahlreiche private Kleinabnehmer spontan Junghennen erworben haben. Durch diese zusätzlichen Bestellungen vergrössern sich die Engpässe entsprechend. Diesen Eindruck hat auch Ruedi Zweifel vom Aviforum, dem Kompetenzzentrum der schweizerischen Geflügelwirtschaft, in den letzten Wochen gewonnen. «Viele private Geflügelhalter haben nach der Vogelgrippezeit aufgehört und keine Vögel mehr gehalten. Nun, wo die Nachfrage nach Eiern angezogen hat, haben sich wohl viele besonnen und wieder Tiere angeschafft.»