Barbara Schwab Züger von der Beerenland AG in Walperswil BE braucht bis zum Erntestart in vier Wochen noch 80 Erntehelfer. Viele langjährige Mitarbeiter(innen) aus Polen hätten signalisiert, dass sie trotz der Corona-Krise gerne kommen möchten. Nun gebe es noch einige Unsicherheiten, wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickle, sagt sie auf Anfrage. «Wenn die Einreise bis Erntebeginn technisch noch möglich ist, nehmen wir natürlich gerne diese Leute. Das ist ein eingespieltes Team.»
Viele Anfragen um Arbeit
Gleichzeitig hat Barbara Schwab Züger viele Anfragen von Freiwilligen über Vermittlungsplattformen. Dass so viele helfen möchten, freut sie. «Die grosse Solidarität mit der Landwirtschaft schätze ich sehr.» Sie aktiviere zurzeit Freiwillige, «damit wir einen Plan B haben.»
Doch das Rekrutieren von Freiwilligen hat einige Knackpunkte. «Es ist organisatorisch eine Riesenherausforderung. Viele dieser Leute können nur Teilzeit arbeiten.» Die Beerenernte sei «eine Knochenbüez». Man ist den ganzen Tag auf den Knien, auch bei 30 Grad. Gleichzeitig dürfen die Erdbeeren keine Druckstellen haben, die Ernte muss sorgfältig ablau-fen.
Aussenkontakte als Risiko
Auch die vielen Aussenkontakte allfälliger Freiwilliger machen ihr im Bezug auf das Coronavirus gewisse Sorgen. «Bei den Leuten, die sechs Wochen auf dem Betrieb leben, kann ich es so organisieren, dass Leute, die in der gleichen Küche kochen, auch draussen im gleichen Team arbeiten.»
Trotzdem werde es bestimmt Möglichkeiten für Freiwillige auf dem Betrieb geben. «Wir brauchen auch noch Leute im Verkauf für unsere Erdbeerhüsli.» Auch da gibt es allerdings noch offene Fragen. «Wir wissen jetzt noch nicht, wie viele Leute dann wirklich draussen unterwegs sind und Beeren kaufen.»
«Nur für einfache Arbeiten»
Bei Gemüseproduzent Beat Bösiger aus Niederbipp BE ist am Dienstag eine Gruppe Rumänen auf dem Luftweg eingetroffen. «Einreisen via Flugzeug sind problemlos möglich», sagt Bösiger, der zu den grössten Produzenten im Land gehört. Die Erntehelfer müssen ihren Arbeitsvertrag vorweisen können und vom Arbeitgeber angemeldet worden sein.
Lohn und Arbeitszeiten schrecken ab
Auch er hat nach Medienberichten viele Bewerbungen erhalten. «Wenn man sie dann über die Arbeiten, die Arbeitszeiten und den Lohn informiert hat, haben sich die meisten zurückgezogen.» Trotzdem habe er sechs Leute mit ganz unterschiedlichem beruflichem Hintergrund einstellen können. Diese müsse er von Grund auf anlernen. «Wir können sie zu Beginn nur für einfache Arbeiten einsetzen. So testen wir jetzt, ob sie sich für meinen Betrieb eignen.» Bösiger macht sich keine grossen Sorgen, genügend Personal zu finden. Ein Kränzchen windet er dem Schweizer Bauernverband, dem Berner Bauernverband und dem Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP). Diese hätten sich der Problematik sofort angenommen und kümmerten sich im Kontakt mit den Behörden um einfache Lösungen für die Einreise von Erntehelfern.
Cars fahren nicht mehr
«Vor allem Beeren- und Spargelproduzenten werden Mühe haben, genug Personal zu rekrutieren», sagt Thomas Wyssa. Der Gemüseproduzent aus Galmiz FR ist Präsident der Kommission Anbautechnik und Labels des VSGP. Bei den Betrieben, die Saisonniers für neun bis elf Monate beschäftigen, sei das Personal zum Teil schon vor der Corona-Krise ins Land gekommen.
Obwohl die Einreise möglich ist, sei sie trotzdem vielfach ein Problem, so Wyssa. «Sie können etwa Deutschland nicht passieren, es fahren keine Cars mehr und es ist schwierig, Flüge zu finden.», schildert er. Dass ausländisches Personal aus der Angst vor dem Coronavirus nicht in die Schweiz kommen wolle, sei wahrscheinlich nur in Einzel-fällen der Fall.
Tiefer Lohn als Hindernis
Bei den vielen Freiwilligen komme es darauf an, «ob sie bereit sind, durchzubeissen», hält Thomas Wyssa fest. Die Arbeitstage im Gemüsebau sind lang, die Arbeit körperlich anstrengend, man ist bei jedem Wetter draussen.
Ein weiteres Hindernis ist der Lohn. Der Richtwert des SBV liegt bei monatlich 3300 Franken. Den ungelernten Freiwilligen mehr zu zahlen als den Erntehelfern aus dem Ausland, die in vielen Fällen schon einige Jahre Erfahrung haben, sei nicht möglich, sagt Wyssa. «Ich habe von zwei, drei Kollegen gehört, dass Freiwillige sagten, zu diesen Bedingungen kommen wir nicht.» Trotzdem glaubt er, dass ein Grossteil des Personalengpasses durch Freiwillige gedeckt werden kann. Dass diesen in vielen Fällen das landwirtschaftliche Know-how fehlt, findet er nicht unbedingt ein Problem. «Wir müssen auch sonst immer wieder Leute anlernen.»