«In meinem Kursraum riecht es dieser Tage wie in einem Lebkuchenhaus», sagt Daniela Steinmann mit einem Lächeln. «Nach Sternanis, Zimt und Nelken.» Denn vor wenigen Tagen führte sie hier einen Kurs rund ums Räuchern in der Weihnachtszeit und in den Raunächten durch.
Daniela Steinmann ist Bäuerin, Lehrerin, Fachfrau fürs Räuchern und Ritualbegleiterin. Zusammen mit ihrem Ehemann Josef lebt und arbeitet die 57-Jährige auf dem Demeter-Hof Netzelen im luzernischen Roggliswil. Die Räucherkurse sind neben einem 30-Prozent-Job als Lehrerin auf der Basisstufe Daniela Steinmanns zweites Standbein. «Das macht mir viel Freude. Von den Teilnehmenden erhalte ich immer wieder Inspirationen für neue Kursangebote.»
Eine dieser Anregungen waren die «Räucher-Lernkarten», die Daniela Steinmann schliesslich realisierte. «Die Kursteilnehmerinnen hatten das Bedürfnis, auch zu Hause vermehrt mit den Kräutern zu arbeiten.» Die Räucher-Lernkarten können als Nachschlagewerk genutzt werden – oder man zieht jeden Tag als Impuls eine.
Räuchern als Werkzeug
Das Räuchern kennt Daniela Steinmann seit Kindertagen, aus der Kirche. Als Erwachsene begann sie selbst zu pröbeln und absolvierte eine Fachausbildung in Räucher-Kunde. Einige Jahre später kam eine Ausbildung als Ritualbegleiterin dazu, um Menschen bei Übergängen beizustehen. «Das Räuchern ist dabei mein Werkzeug, beides passt wunderbar zusammen.»
Viele der rund 50 Räucherkräuter, die Daniela Steinmann einsetzt, wachsen in ihrem Bauerngarten. Andere, wie Thuja, Eibe oder Flechten, sucht sie im Wald. «Jede Pflanze hat eine Kraft in sich und gibt diese frei. Etwa als Tee, als Salbe oder eben beim Räuchern.»
Schneller als der Verstand
Was ist die Faszination des Räucherns? «Duftstoffe wirken nicht nur auf den Körper, sie sprechen auch unsere Gefühlswelt an», vermutet Daniela Steinmann. Das limbische System im Gehirn reagiert blitzschnell darauf, schneller als unser Verstand. Daher ziehen uns bestimmte Gerüche auch spontan an – oder stossen uns ab.
Räuchern kann aber auch einen praktischen Zweck haben. So hilft es der Bäuerin, kräftig mit Thymian zu räuchern, wenn sie eine verstopfte Nase hat. «Anschliessend bin ich natürlich immer noch erkältet, aber immerhin ist meine Nase frei.»
Kräuterrauch für hustende Kälber
Husten die Kälber, füllen Josef und Daniela Steinmann auch mal einen Blechkessel mit Glut, geben Thymian, Wacholder und Tannennadeln dazu und räuchern damit den Stall. «Dann ist der Husten nicht über Nacht verschwunden. Aber immerhin können wir die Tiere damit unterstützen.»
In der Weihnachts- und Neujahrszeit räuchert das Paar den Stall, um den Tieren Danke zu sagen. «Die meisten Kühe mögen Fichtenharz. Sie kommen dann näher und holen sich mit der Zunge eine Prise Duft.» Auch bei einer stockenden Geburt hat sie es schon erlebt, dass eine Kuh durch den duftenden Rauch ruhiger wurde und das Kalb plötzlich rasch gebären konnte.
Gut geerdet dank der Landwirtschaft
Bei Menschen kann der Räucherduft von Kräutern aber auch helfen, etwas zu klären, Verdrängtes wieder auftauchen zu lassen, sich zu verabschieden oder den Mut für einen neuen Weg zu finden. Daniela Steinmann wird daher immer wieder auch für Haus- oder Personenräucherungen gebucht. Etwa nach einer Trennung, bei einem Generationenwechsel oder einem geplanten Verkauf, der nicht so recht anlaufen will. Ihr ist es aber wichtig, dass sie bei ihren Einsätzen «gut gebödelet» bleibt. «Dabei hilft mir die Arbeit auf dem Hof sehr.»
Kann man beim Räuchern auch Fehler machen? «Man sollte schon wissen, wie die Pflanzen wirken und welche giftig sind», gibt die Fachfrau zu bedenken. «Viele Rauchkräuter sind zudem für Schwangere ungeeignet.» Für die Feiertage am Ende des Jahres schlägt sie eine wärmende Räuchermischung mit Tannennadeln, Zimt, Sternanis und Alant vor. «Mit Räucherdüften können wichtige Ereignisse im Jahr verankert werden.»
Räuchern am Jahresende
An Silvester kann mit Rosmarin und Beifuss geräuchert werden. Sei es, um das alte Jahr abzuschliessen oder etwas loszulassen. Als kleines Ritual für den Neuanfang schlägt Daniela Steinmann vor, dass alle Anwesenden selbst ein paar Kräuter zerbröseln und auf dem Kohle-Tab verglühen lassen und sich dabei etwas wünschen. Dazu eignen sich unter anderem Lavendel, Rose, Lorbeer, Holunder oder Mädesüss, Weihrauch und Myrrhe.
Weitere Informationen: www.rituale-raeuchern.ch
Räuchern in Räumen
Für Innenräume eignet sich das Räuchern mit Kohle am besten. Dazu braucht es eine feuerfeste kleine Schale, etwas Sand, Streichhölzer, ein Holzkohle-Tab (gibts in Drogerien oder online) sowie eine Metallzange.
Als Räuchermaterial bietet sich getrocknetes Harz aus dem Wald an, und/oder getrocknete Gartenpflanzen wie Thymian, Lavendel, Rosen, Salbei, Rosmarin oder Beifuss. Vorsicht: Viele Kräuter sind für Schwangere ungeeignet, im Zweifelsfall verzichten.
So geht es:
Anzünden: Der Tab wird mit der Zange über das brennende Streichholz gehalten, bis Fünkchen sprühen. Im Sand einige Minuten weiterglühen lassen.
Luft zuführen: Bei Bedarf mit einem Karton, einem Fächer oder einer Feder Luft zufächeln, um das Durchglimmen zu beschleunigen. Sanftes Pusten geht auch.
Platzieren: Das Räucherwerk nun auf die Kohle legen und etwas Sand auf die Kohle streuen, damit sich nicht zu viel Hitze entwickelt. Zarte Pflanzenteile neben der Kohle platzieren, damit sie nicht zu schnell verglimmen.
Beobachten: Das verglimmende Räucherwerk gut im Auge behalten und gleich entfernen, wenn es beginnt, schwarz zu werden. Das dauert je nach Pflanze nur ein paar Sekunden oder etwas länger. Wird ein Pflanzenteil dennoch schwarz und riecht verbrannt, nimmt man es sofort weg.
Spezielle Räucher-Stövchen eignen sich weniger zum Räuchern, sondern eher, um einen Raum zu beduften. Das Räucherwerk kommt dabei auf das Sieb oberhalb des Teelichts. Da tropfende Harze das Gitter verkleben, legt man sie auf ein spezielles Metall-Räucherplättchen. Sobald sich Rauch entwickelt, schiebt man das Räucherwerk mit einer Zange an den Rand, damit es nicht zu schnell verbrennt.