Zum Nationalfeiertag zünde ich eine Geburtstagskerze an für unsere schöne Schweiz. Wir dürfen stolz sein auf unser Land. Uns geht es gut, wir leben im Überfluss. Unser Wohlstand ist so gross, dass unsere Kinder kaum mehr lernen, auch einmal auf etwas zu verzichten. Dafür vermisse ich manchmal in unserem Land Menschen mit Zivilcourage.
Die Meinung kundtun, ohne sich auf die Strasse zu kleben
Menschen, die mit Überzeugung eine Sache vertreten, die ihnen wichtig ist. Die mit Stolz zu unseren Traditionen und Werten stehen, sich aber auch dafür wehren, wenn sie sehen, dass etwas nicht gut läuft – und mit wehren meine ich nicht, sich auf dem Asphalt festzukleben.[IMG 2]
Wir haben immer mehr die Tendenz, dass wir so tolerant und neutral sein wollen, dass nur die wenigsten ihre Meinung noch öffentlich kundtun, weil sie Angst haben, die Lebensweise von irgendjemandem zu verletzen und dafür verurteilt zu werden. Tolerant sein ist schon okay – aber nicht bis zur Selbstverleugnung. Dass wir eine Vorzeigedemokratie haben, ist für uns normal geworden, und nur die wenigsten interessieren sich noch für Politik – «äbe, es geitis ja guet».
Herzblut haben für eine Sache und sich nicht zu wichtig nehmen
Ich weiss, wir Schweizer sind eher von der zurückhaltenden Art. Dabei würde etwas mehr Temperament unseren Diskussionen oft guttun. Das ist wie bei den Fussballspielen. Da geht es bei uns auch ruhiger zu und her als in den südlicheren Ländern. Bei uns tönt es etwa so: Wir sind an einem Fussballländerspiel in Bern. Die Schweizer Nationalmannschaft spielt super und führt bereits mit zwei Toren Vorsprung.
Ein Berner Zuschauer meint: «Potz, nid schlächt.» Da entgegnet sein Kollege: «Stimmt, aber wäge däm muesch ja nid grad düredräje.» Herzblut haben für eine Sache, Emotionen zeigen, ab und zu auch einmal «e chli düredräje» – dies im positiven Sinn –, aber vor allem sich selbst nicht allzu wichtig nehmen. Dies alles wünsche ich jedem Einzelnen und vor allem unserer Gesellschaft von Herzen. I
Der Anspruch an die Qualität der Lebensmittel darf bescheidener werden
Ich denke, irgendwann müssen auch wir in unserer reichen, verwöhnten Schweiz wieder zurückbuchstabieren. Ich wünschte mir manchmal, dass die Regale im Grossverteiler nicht zu jedem Zeitpunkt bis zuoberst aufgefüllt sind, man nicht zu jeder Jahreszeit alles kaufen kann und dass der Anspruch der Kunden an die Qualität der Lebensmittel wieder etwas bescheidener wird – Hauptsache, es gibt etwas zu essen. Wenn nicht immer alles verfügbar wäre, dann hätte die Landwirtschaft vielleicht auch wieder einen etwas höheren Stellenwert in der Bevölkerung – es wäre höchste Zeit.
Zufriedenheit ist das höchste Gut
Wir müssen Sorge tragen zu unserem Land und uns wieder einmal bewusster werden, dass es ein Privileg ist, sagen zu dürfen: «Hie sy mir daheime». Manchmal etwas mehr Ehrfurcht und Bescheidenheit wäre wünschenswert. Ein Leben im Luxus wird nicht immer möglich sein, und es ist vor allem weder das Rezept noch die Garantie, um sein Glück zu finden. Oder mit den Worten von Jakob Ummel: «Bisch zfride, hesch ds Schönschte wod’chaisch übercho, drum tue di dry schicke, ob so oder so.»