Welches Landwirtschaftsbild wird in der Schule vermittelt? Kein verklärtes, romantisierendes, falls die Schülerinnen und Schüler im Lauf ihrer Schulkarriere in den Genuss von «Schule auf dem Bauernhof» oder Agro-Image kommen. Das «falls» hat einen schalen Beigeschmack.

Der Braten war vor Kurzem noch Lotta

Denn ist es tatsächlich die Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer, den Kindern beizubringen, dass die Milch körperwarm aus der Kuh kommt und nicht gut gekühlt aus dem Laden? Und ist es Aufgabe der Bäuerinnen und Landwirte, (wichtige) Aufklärungsarbeit zu verrichten?

Zum einen ja: Den eigenen Berufsstand nach aussen zu vertreten gehört zum Job und lässt sich nicht delegieren. Das braucht in den letzten Jahren deutlich mehr Nerven und ein dickeres Fell als zu Zeiten, als ich Kind war und viel Zeit auf dem Hof meiner Freundin verbrachte.

Ich bin Journalistin, nicht Landwirtin. Vielleicht ist es mir deshalb so wichtig, meinen Kindern klar zu machen, dass der Braten vor nicht allzu langer Zeit ein Rind namens Lotta war und bei unserem Landtechnik-Redaktor Beat Schmid ein tiergerechtes Leben führen durfte.

Ein Teil der Erziehung

Abo Vroni und Marcia Peterhans von der Betriebsgemeinschaft Agrino engagieren sich für ihren Berufsstand: Vroni Peterhans empfängt seit über 20 Jahren Klassen auf dem Hof, Marcia Peterhans ist seit 2019 Referentin bei Agro-Image. Marketing «Schule auf dem Bauernhof» und Agro-Image: Begreifen und verstehen Friday, 8. July 2022 Es gehört zur Erziehung von Kindern, ihnen beizubringen, mit Lebensmitteln sorgfältig umzugehen und Landwirt(innen) mit Respekt zu begegnen. Denn Landwirt(innen) produzieren mit grossem Einsatz und einem enormem Fachwissen, was täglich auf den Tisch kommt. Und auch wenn es in der aktuellen Diskussion um Energie unterzugehen droht: Essen müssen wir alle. Weniger Strom und Gas heisst nicht nur, dass wir im Winter im Pullover statt im T-Shirt in der Stube sitzen. Sondern auch, dass die Energie auf dem Hof knapp wird und die Produktion von Nahrungsmitteln bedroht ist.

Aufklären bedeutet aber auch, im Alltag nicht zu verklären und die kitschigen Werbebilder zu korrigieren: Auf einem Landwirtschaftsbetrieb wuseln nicht irgendwo drei Hennen herum, die nach Würmern scharren. Die Tiere werden professionell gehalten und betreut, haben aber eine klar definierte Aufgabe.

Einander in die Augen schauen

Ehrlichere Kampagnen wie die von «Schweizer Fleisch» unterstützen ein realistisches Bild der Schweizer Landwirtschaft. Davon braucht es deutlich mehr. Und dass Landwirt(innen) ab und zu vor einer Klasse stehen und mit Jugendlichen diskutieren, scheint mir vernünftig: Einander in die Augen zu schauen und Fragen zu stellen braucht vielleicht Mut. Aber es ist wirksamer, als sich in den sozialen Medien anonym anzugiften.